Zu viele Kandidaten lehnen die Wahl ab - Was jetzt?

Wenn zu viele Kandidaten die Wahl ablehnen und damit also beispielsweise bei einem Betriebsrat mit neun Sitzen nicht mehr alle neun Sitze besetzt werden können, dann fragt man sich doch:

„Was sagt denn das Gesetz dazu?“

Und was sagt das Gesetz dazu?

Nichts.

Dieser Fall ist vom Betriebsverfassungsgesetz nämlich nicht geregelt. Es besteht eine gesetzliche Lücke. Wo aber eine Regelung fehlt, die eigentlich erforderlich wäre, da sucht die Rechtspraxis dann eine Norm, die möglichst eine Antwort auf eine vergleichbare Situation gibt. Juristen sprechen von der analogen Anwendung einer Norm.

Und eine solche analoge Anwendung, zu der kommt es in unserem Fall. § 11 BetrVG sieht eigentlich vor, dass dann, wenn ein Betrieb nicht die ausreichende Zahl von wählbaren Arbeitnehmern hat, die Zahl der Betriebsratsmitglieder der nächstniedrigeren Betriebsgröße zu Grunde zu legen ist. § 11 passt von seinem Wortlaut her aber nicht direkt. Denn in unserer Eingangsfrage ging es nicht darum, ob der Betrieb zu wenig wählbare Arbeitnehmer hat, der Betrieb hat genügend wählbare Arbeitnehmer.

Aber woran es in unserem Betrieb krankt:

Zu wenige der Kandidaten, als der wählbaren Arbeitnehmer sind bereit, das Betriebsratsamt zu übernehmen. Unsere Situation ist also nicht dieselbe, die § 11 BetrVG regelt. Aber § 11 BetrVG regelt eine vergleichbare Situation. § 11 BetrVG wird daher auf unseren Fall analog angewendet, wie wir Juristen sagen.

Also, wenn zu viele Kandidaten für einen Betriebsrat mit neun Sitzen die Wahl ablehnen, dann gilt § 11 BetrVG analog. Es ist auf die Zahl der Betriebsratsmitglieder der nächstniedrigeren Betriebsgröße abzustellen. Und das sind laut § 9 BetrVG sieben Sitze im Betrieb.