Betriebsratswahl – Wahlanfechtung – Wahlzeit

LAG Schleswig-Holstein 2 TaBV 41/10 vom 21. Juni 2011

Leitsatz

Angabe der Wahlzeit stellt eine wesentliche Vorschrift für die Betriebsratswahl dar. Wird diese Wahlzeit nicht eingehalten, wird die Durchführung der Betriebsratswahl unzulässig beeinträchtigt und führt zur Anfechtbarkeit der Wahl.

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats – Bet. zu 23. – gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 27.10.2010 – 1 BV 15 b/10 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Bei den Beteiligten zu 1. bis 22. handelt es sich um Wahlberechtigte des Betriebes. Der Betrieb, für den in der Zeit zwischen dem 08. und 25.03.2010 der Betriebsrat gewählt wurde, besteht aus einer unternehmensübergreifenden Ansammlung von Betrieben, Betriebsteilen und Nebenbetrieben der Beteiligten zu 24. bis 29., die nach § 3 BetrVG zusammengefasst worden sind.

Der Wahlvorstand erließ am 22.12.2009 ein Wahlausschreiben (Blatt 24 f. d. A.), in dem zur Abgabe von Wahlvorschlägen bis zum 05.01.2010, 22:00 Uhr aufgefordert wurde. Die Beteiligte zu 20. war Wahlbewerberin und Listenvertreterin der am 05.01.2010 um 13.45 Uhr beim Wahlvorstand mit dem Kennwort „Jetzt EXTRA! Einmal W..., immer W...!“ eingereichten Vorschlagsliste. Der Wahlvorstand unterrichtete die Beteiligte zu 20. noch am Abend des 05.01.2010 telefonisch und mit Schreiben vom 05.01.2010 (Bl. 29 d. A.), der Beteiligten zu 20. zugegangen am 07.01.2010, schriftlich über festgestellte Mängel der Liste. Eine Kopie der Liste wurde nicht beigefügt. Mit Schreiben vom 07.01.2010 (Bl. 30 ff d. A.) nahm die Beteiligte zu 20. Stellung und teilte mit, die Bewerber, bei denen eine Doppelkandidatur beanstandet worden war, zögen ihre Kandidatur auf der Liste der Gewerkschaft ver.di zurück. Die entsprechenden Erklärungen seien bereits eingereicht. Zu den weiteren Beanstandungen erklärte sie unter Bezugnahme auf die vorliegenden Zustimmungserklärungen, Frau I... heiße K..., die Bewerberin „R... K...“ schreibe sich „R... C...“, die Bewerberin Nr. 29 heiße A... A...-N... und der Bewerber Nr. 41 heiße H... M.... Der Vorname M... sei sein Spitzname. Mit Schreiben vom 12.01.2010 (Bl. 32.) teilte der Wahlvorstand der Beteiligten zu 20. mit, er habe am 12.01.2010 entschieden, die Wahlvorschlagsliste für ungültig zu erklären und nicht zur Wahl zuzulassen, da sich auf der eingereichten Liste mehrere Bewerber befänden, die nicht in der Wählerliste eingetragen seien. Wegen der Zulassung der Liste führten die Beteiligte zu 20. und der Wahlvorstand ein Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Neumünster zu dem Aktenzeichen 2 BVGa 2 a/10 und dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zu dem Aktenzeichen 1 TaBVGa 2/10, das mit Zurückweisung des Antrags endete.

Die Betriebsratswahl fand im Zeitraum vom 08.03. bis 25.03.2010 statt. Die Wahl wurde durch mobile Wahlteams organisiert. Die Anwesenheit der Wahlteams in den einzelnen Filialen wurde für mehrere Filialen gleichzeitig mit einer Bandbreite von 8:30 Uhr bis 13:30 Uhr bzw. 13:30 Uhr bis 19:00 Uhr festgelegt (Ablichtung Bl. 38 ff. der Akte). Tatsächlich waren die mobilen Wahlteams am Wahltag in den einzelnen Filialen jeweils zweimal für höchstens 30 Minuten vor Ort. Von den 16.500 Wahlberechtigten wählten 5.700 Mitarbeiter. Nach der Stimmauszählung am 26.03.2010 fand gleich im Anschluss die konstituierende Sitzung des Betriebsrats statt. Das Ergebnis wurde am 06.04.2010 durch Aushang der Wahlergebnisse der einzelnen Filialen bekanntgegeben. Am 20.04.2010 haben die Antragsteller das Wahlanfechtungsverfahren eingeleitet.

Die Antragsteller haben vorgetragen, die Nichtzulassung der Liste „Jetzt EXTRA! Einmal W..., immer W...!“ stelle einen wesentlichen Verstoß gegen das passive Wahlrecht dar. Unabhängig von dem Schreiben der Beteiligten zu 20. vom 07.01.2010 hätte der Wahlvorstand die „Mängel“ selbst korrigieren bzw. klarstellen können. Die aufgeführten Bewerber Nr. 14, Nr. 20, Nr. 29 und Nr. 41 seien leicht identifizierbar und individualisierbar gewesen. Der Wahlvorstand hätte über die Zustimmungserklärung oder über die Wählerliste oder über das Personalerfassungssystem „PEP“ feststellen können, in welchem Markt der jeweilige Bewerber bzw. die Bewerberin tätig war und ihn dann mit Vor- und Nachnamen und Geburtsdatum aufrufen können. Dies gelte auch für den Wahlbewerber mit der laufenden Nummer 41. Auf der Wahlbewerberliste sei dieser mit seinem allgemein bekannten Spitznamen „M...“ eingetragen. Über das Geburtsdatum und über seine Zustimmungserklärung hätte er sich hinsichtlich seiner Arbeitsstelle individualisieren lassen. Da der Beteiligten zu 20. die Liste nicht zurückgegeben worden sei, sei ihr in der Kürze der Zeit nichts anderes übrig geblieben, als die Fehler mit Schreiben vom 07.01.2010 zu korrigieren. Hätte der Wahlvorstand die Änderungen in die von ihm abgetippten Wahlvorschlagslisten nicht übernehmen wollen, hätte er die Listenführerin und Beteiligte zu 20. hinzuziehen können.

Ein weiterer Anfechtungsgrund liege darin, dass der Wahlvorstand gegen die in § 14 BetrVG normierten Grundprinzipien einer demokratischen Wahl verstoßen und Verfahrensvorschriften der Wahlordnung verletzt habe, indem er die konkrete Zeit der möglichen Stimmabgabe in den einzelnen Filialen nicht festgelegt und bekanntgemacht habe. Abgesehen davon, dass der Wahlberechtigte aufgrund der fehlenden Zeitabgabe nicht habe vorhersehen können, ob er an der Stimmabgabe aufgrund einer Abwesenheit gehindert sein würde, was gemäß Wahlordnung Voraussetzung für die schriftliche Stimmabgabe sei, sei durch die fehlende Festlegung der konkreten Wahlzeit eine rechtzeitige Anforderung und Übersendung der Briefwahlunterlagen nicht möglich gewesen. In verschiedenen, näher bezeichneten Märkten seien das Wahlausschreiben und/oder die Wahlvorschlagslisten nicht oder verspätet ausgehängt worden.

Zudem hätten die Mitarbeiter aus 25 Filialen der R... Markt GmbH, die Ende des Jahres 2009 auf die R... Center Beteiligungs GmbH übergegangen seien, die Möglichkeit gehabt, an der Wahl teilzunehmen. Der Zuordnungstarifvertrag gelte aber nicht für dieses Unternehmen. Eine Wahlteilnahme dieser Mitarbeiter sei daher nicht gerechtfertigt. In jedem Fall sei der Aushang der Wahlausschreiben und Vorschlagslisten in diesen Betrieben erst verspätet am 03.03.2010 erfolgt.

Eine nicht unerheblich große Gruppe von Mitarbeitern in Elternzeit und Langzeiterkrankten habe nicht die Möglichkeit gehabt, an der Wahl teilzunehmen.

Zudem gebe die Art und Weise der Wahl durch mobile Wahlteams Anlass zu der Behauptung, dass entgegen § 12 Abs. 5 WO die Wahlurne bei Unterbrechung des Wahlganges nicht ausreichend versiegelt worden sei. Auch bestehe der Verdacht, dass sich der Betriebsrat nicht nach den formellen Voraussetzungen des Betriebsverfassungsgesetzes oder der Wahlordnung konstituiert habe, da nicht nachvollziehbar sei, wie am Tag der Stimmauszählung tatsächlich die konstituierende Betriebsratssitzung stattfinden konnte.

Die Beteiligten zu 1. bis 22. (Antragssteller) haben beantragt,

die Betriebsratswahl im Betrieb R... Deutsche Supermarkt KGaA, R... Markt GmbH, P... Markt GmbH, R... Partnergesellschaft N..., R... Partnergesellschaft B... mbH, R... N...-O... GmbH, vertreten durch die Betriebsratsvorsitzende Frau J... M..., O... ..., 2... N... vom 08.03.2010 – 25.03.2010 wird für unwirksam erklärt.

Der Antragsgegner (Beteiligte zu 23.) hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die streitgegenständliche Wahlvorschlagsliste sei in verschiedener Hinsicht objektiv fehlerhaft gewesen. Die Bewerberinnen Nr. 14 (K... I...) und Nr. 20 (R... K...), bei welchen keine deckungsgleichen Zustimmungserklärungen vorgelegen hätten, seien nicht ohne weiteres für den Wahlvorstand individualisierbar gewesen. Es seien insgesamt 15 Mitarbeiter/innen C... mit C oder K... mit K beschäftigt. Eine Zuordnung des Bewerbers Nr. 41 (M... M...) sei ebenfalls unmöglich gewesen. Es hätte sich um einen Fehler beim Vor- oder Nachnamen handeln können. Eine tatsächliche Heilung der evidenten Abweichungen sei auch nicht durch das Schreiben der Beteiligten zu 20. eingetreten. Die Durchführung der Berichtigung objektiver Wahlvorschlagslisten sei nicht die Aufgabe des Wahlvorstandes. Eine neue Liste sei nicht eingereicht worden, ein Listenänderungsantrag nicht eingegangen. Aus dem Umstand, dass schon die Vorschlagsliste nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei, ergebe sich auch die Vermutung, dass die Vorschlagsliste zum Zeitpunkt der Einholung der Stützunterschriften nicht ordnungsgemäß vorgelegen habe. Der Antragsgegner bestreite, dass die Verbindung aus Vorschlagsliste und Stützunterschriften von Beginn an bestanden habe. Die Wahl sei ordnungsgemäß erfolgt. Die durchgehende Anwesenheit der Wahlteams sei aufgrund der Anzahl von 780 Filialen weder halbtags noch ganztägig möglich gewesen und sei auch in der Vergangenheit nicht üblich gewesen. Die Mitarbeiter seien einschlägig informiert. Die Wahlteams seien zweimal täglich ca. 30 Minuten in den Filialen anwesend gewesen. Es könne ein gewisses Engagement der wahlwilligen Mitarbeiter erwartet werden. In dem Wahlausschreiben sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Arbeitnehmer, die nicht ganztägig an dem für ihre Filiale vorgesehenen Wahltag in der Filiale anwesend seien, Briefwahlunterlagen beantragen könnten. Aus dieser Formulierung sei jedem Wahlinteressenten deutlich geworden, dass die Wahlteams gerade nicht ganztägig anwesend sein konnten. Jeder Wahlinteressierte hätte im Vorhinein bei Ungewissheit über seine eigene ständige Anwesenheit in der Filiale Briefunterlagen anfordern können. Die Briefwahl sei darüber hinaus auch im Nachhinein noch eine Option gewesen. Die Wahlhelfer hätten gegenüber Mitarbeitern, die das Wahlteam über weitere Wahlinteressierte informierten, auf die Ausweichmöglichkeit der Briefwahl hingewiesen. Danach hätten noch ca. 200 Briefwahlunterlagen verschickt werden können.

Der Betriebsrat bestreite die Vorwürfe über Verstöße gegen das zeitgerechte Auslegen der Wählerliste, das Aushängen des Wahlausschreibens sowie das Bekanntmachen der Vorschlagslisten. Sollte es tatsächlich vereinzelt zu Verstößen gegen die Formvorschriften gekommen sein, sei dadurch das Wahlergebnis nicht beeinflusst worden. Von den elf genannten Filialen könne nicht ohne weiteres auf Verstöße in den restlichen 250 Filialen geschlossen werden. Dem Wahlvorstand bzw. Betriebsrat seien keine ausgegliederten Filialen bekannt, die zum Wahlkreis der streitgegenständlichen Betriebswahl gehörten. Nach dem Ergänzungstarifvertrag zu § 3 BetrVG sei die Wahl auch in den Märkten der R... Beteiligungs-GmbH durchzuführen gewesen.

Der Arbeitgeber habe dem Wahlvorstand keinerlei Aufstellung über kranke Mitarbeiter zukommen lassen. Er habe darauf hingewiesen, dass es technisch nicht möglich sei, derartige Listen zu erstellen. Die Antragsteller hätten außerdem hierzu lediglich drei Arbeitnehmer benannt. Diese geringe Zahl von Verstößen könne keinen Einfluss auf das Ergebnis der Betriebsratswahl gehabt haben.

Die Wahlurnen verfügten über einen mit einem Schloss verschließbaren Deckel und einen verschließbaren Briefeinwurfschlitz. Zur Versiegelung seien nummerierte Plomben verwendet worden. Über jeden Ent- und Versiegelungsvorgang sei Buch geführt worden. Die Plomben seien vor Stimmauszählung auf ihre Vollständigkeit hin geprüft worden.

Die Entscheidung, die konstituierende Sitzung im Anschluss an die Stimmauszählung durchzuführen, habe darauf beruht, dass es bei einem weiteren Zuwarten zu einer betriebsratslosen Zeit von zwei Wochen gekommen wäre. Nach der Ergebnisfeststellung seien alle Gewählten unmittelbar einverstanden gewesen, das Amt anzutreten und eine konstituierende Betriebsratssitzung durchzuführen.

Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.10.2010 (Bl. 223 folgend.) die Betriebsratswahl im Betrieb der Beteiligten zu 24 bis 29 in der Zeit vom 8. März bis zum 22.03.2010 für unwirksam erklärt. Gegen diesen Beschluss, der den Antragsgegnervertretern am 2.12.2010 und den Beteiligten zu 24 bis 29 am 1.12.2010 zugestellt worden ist, hat der Antragsgegner am 21.12.2010 Beschwerde eingelegt und diese nach Fristverlängerung am 2.3.2011 begründet.

Der Antragsgegner wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Weiter trägt er vor, Anfechtungsgründe lägen nicht vor.

Die Nichtzulassung der Liste "Jetzt EXTRA! Einmal W..., immer W...!" sei rechtmäßig erfolgt. Gemäß § 6 Abs. 3 WO seien die Bewerber in der Vorschlagsliste in erkennbarer Reihenfolge unter fortlaufender Nummer und unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen. Vorschlagslisten, die diesen Anforderungen nicht genügen, seien ungültig, wenn diese Mängel trotz Beanstandung nicht binnen einer Frist von drei Arbeitstagen beseitigt werden. Die eingereichte Vorschlagsliste sei vorliegend objektiv fehlerhaft gewesen. Die Mängel seien auch nach Beanstandung nicht beseitigt worden. Dies gelte für die Benennung der Bewerberinnen K... I..., R... K..., A...-N..., „M...“ M..., die sämtlich falsch bezeichnet worden seien. Dieser Mangel sei zwar heilbar, sei aber nach Beanstandung nicht fristgerecht behoben worden. Die Erklärung der Bet. zu 20 mit Schreiben vom 07.01.2010 habe die Mängel der Vorschlagsliste nicht beseitigt. Die Beteiligte zu 20. hätte entweder die Berichtigung selbst auf der bei Einreichung der Liste gefertigten und in ihrem Besitz befindlichen Kopie der Vorschlagsliste vornehmen und sich nochmals die erforderlichen Stützunterschriften beschaffen müssen. Hierzu hätte sie auch den Wahlvorstand ggf. durch einen Vertreter aufsuchen können. Oder sie hätte innerhalb der Frist eine mangelfreie Liste mit den hierzu erforderlichen Stützunterschriften einreichen müssen. Der Wahlvorstand sei nicht zu einer Berichtigung der Wahlvorschlagsliste befugt gewesen. Es sei nicht zulässig, zwischen einer bloßen Berichtigung und einer Änderung der Vorschlagsliste zu unterscheiden. Zudem müsse strikte Neutralität des Wahlvorstandes, insbesondere bei der Prüfung von Wahlvorschlagslisten, höchstes Gebot im Wahlverfahren sein.

Auch die Durchführung der Betriebsratswahl mit Wahlteams, die die einzelnen Betriebe nach vorher festgelegten Tourenplänen anfuhren, verstoße nicht gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren. Der Zeitplan in der Anlage zum Wahlausschreiben und dessen ordnungsgemäße Umsetzung genüge den Anforderungen des § 3 II Nr. 10 WO. Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe seien dem Plan zu entnehmen. Dem Tourenplan habe auch entnommen werden können, in welcher Reihenfolge die einzelnen Filialen angefahren wurden. Es sei zu erkennen gewesen, ob die Wahlteams innerhalb des jeweiligen Zeitfensters früh, mittig oder spät erscheinen sollten. Überdies seien die Wahlteams am Wahltag jeweils zweimal in den Filialen erschienen. Ein ganz konkreter Zeitpunkt für jede Filiale habe im Wahlausschreiben aufgrund der Anzahl der anzufahrenden Filialen und möglicher Unwägbarkeiten nicht verlässlich festgelegt werden können. Die Chance zur Stimmabgabe sei durch dieses Verfahren nicht unzulässig geschmälert, sondern erleichtert worden.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 27.10.2010 – 1 BV 15 b/10 – abzuändern undden Antrag der Beteiligten zu 1 bis 22 – Antragsteller -, die Betriebsratswahl im Betrieb der Beteiligten zu 24 bis 29 vom 08.03. bis 25.03.2010 für unwirksam zu erklären, zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung und tragen weiter vor, die Liste hätte zugelassen werden müssen. Eine eindeutige Zuordnung und Identifizierung der Bewerber sei möglich gewesen. Auch die Durchführung des Wahlverfahrens sei nicht korrekt gewesen. Die nach außen dokumentierten Pläne hätten Rahmenzeiten enthalten und nicht die Reihenfolge des Aufsuchens der einzelnen Filialen durch das Wahlteam festgelegt. Für die Wahlberechtigten sei nicht einschätzbar gewesen, wann sie Gelegenheit zur Stimmabgabe erhalten werden. Sie konnten den Zeitpunkt aufgrund einer auch nur kurzfristigen Abwesenheit verpassen. Hierdurch sei die Chance der persönlichen Stimmabgabe unzulässig geschmälert oder teilweise ausgeschlossen worden.

Zwar habe das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein im einstweiligen Verfügungsverfahren (1 TaBVGa 2a/10) entschieden, dass der Antrag der damaligen Beteiligten zu 1. (Frau W...) zurückgewiesen wird. Begründung sei jedoch gewesen, der Antrag auf Zulassung des Wahlvorschlages "Jetzt EXTRA! Einmal W..., immer W...!" im Wege der einstweiligen Verfügung sei unzulässig geworden.

Die Beteiligten zu 24 – 29 haben keinen Antrag gestellt.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 I ArbGG statthaft und nach § 87 II, 66 I ArbGG fristgemäß eingelegt und begründet worden.

In der Sache hat sie jedoch nicht Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl festgestellt, § 19 BetrVG. Eine Betriebsratswahl kann angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Betriebsratswahl unwirksam, da gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen worden ist. Der Verstoß liegt zum einen in der Zurückweisung der Liste, deren Listenvertreterin die Beteiligte zu 20 ist. Zum anderen ist durch die lediglich teilweise Anwesenheit der mobilen Wahlteams an den festgelegten Wahltagen in den Filialen die Ausübung des Wahlrechts unzulässig erschwert worden. Angesichts dieser beiden gravierenden Fehler ist eine Prüfung der weiteren von den Antragstellern vorgebrachten Rügen nicht erforderlich.

Die Angriffe der Beschwerde führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

1. Der Wahlvorstand hat zu Unrecht die Wahlvorschlagsliste der Beteiligten zu 20 "Jetzt EXTRA! Einmal W..., immer W...!" zurückgewiesen. Damit ist gegen wesentliche Vorschriften über die Wählbarkeit verstoßen worden. Die Vorschlagsliste war nach Korrektur durch die Listenführerin mit Schreiben vom 07.01.2010 zulässig.

Soweit der Wahlvorstand Doppelbewerbungen beanstandet hat, traf diese Rüge zu. Bewerber dürfen nach § 6 Abs. 7 WahlO nur auf eine Vorschlagsliste vorgeschlagen werden. Insoweit ist durch das Schreiben der Beteiligten zu 20, der Listenführerin, eine entsprechende Korrektur erfolgt. Auf diesen ursprünglichen Mangel hat der Wahlvorstand dementsprechend seine Zurückweisung nicht gestützt.

Soweit der Wahlvorstand gerügt hat, die Bewerber Nrn. 14, 20, 29 und 41 befänden sich nicht im Wählerverzeichnis bzw. es gebe Abweichungen bei der Schreibweise der Namen auf der Bewerberliste und der Einverständniserklärung kann dies nach Korrektur durch die Listenführerin mit Schreiben vom 7.1.2010 ebenfalls die Zurückweisung nicht mehr begründen.

Die Schreibfehler bei den Namen waren so geringfügig, dass eine einwandfreie Identifizierung der Bewerber ohne weiteres möglich war. Dies gilt nicht nur für die Bewerberin Nr. 14 K... I..., sondern auch für die Bewerberin Nr. 20 R... C.... Beide Bewerberinnen waren anhand der weiteren Daten, nämlich Geburtsdatum und Art der Beschäftigung im Betrieb, ohne weiteres identifizierbar. Diese Bezeichnung entspricht den Anforderungen des § 6 Abs. 3 WahlO. Das Erfordernis dieser Angaben dient dazu, die Bewerber für die Wähler identifizierbar zu machen (Kreutz Randziffer 10 zu § 6 WahlO). Hinzu kommt, dass auf den Zustimmungserklärungen jeweils die Beschäftigungs-Filiale angegeben war.

Hinsichtlich der Bewerberin Nr. 29 A... A...-N... fehlt im Familiennamen ein Buchstabe. Aufgrund der Seltenheit dieses Namens ist aber auch dann noch eindeutige Identifizierbarkeit gegeben.

Auch hinsichtlich des Bewerbers Nr. 41 "M..." M... ist die unrichtige Bezeichnung rechtzeitig richtig gestellt worden. Die Listenführerin hat rechtzeitig mitgeteilt, dass der richtige Vorname H... lautet und es sich bei dem Namen "M..." um einen Spitznamen handelt. Die Angabe eines Spitznamens ist zulässig und führt nicht zur Zurückweisung des Wahlvorschlags (Kreutz, a. a. O). Dieser Spitzname erleichtert im Gegenteil die Identifizierung durch die Wähler.

Den Antragstellern kann nicht vorgehalten werden, dass sie ihren Wahlvorschlag nicht noch einmal erneut in zulässiger Form eingereicht haben. Dies war nicht erforderlich. Vielmehr war es zulässig, dass der Wahlvorstand die von ihm beanstandete Liste nach Vorliegen der Stellungnahme der Listenführerin selbst korrigierte. Er war nicht berechtigt, die ursprüngliche Vorschlagsliste herauszugeben, da diese aus Beweiszwecken beim Wahlvorstand verbleiben muss (Kreutz, Rz. 10 und 11 zu § 7 WahlO, Fitting, Rz. 7 zu § 7 WahlO). Der Wahlvorstand war aber berechtigt, selbst eine Korrektur vorzunehmen. Wie sich aus § 6 Abs. 7 WahlO ergibt, ist er berechtigt Streichungen vorzunehmen. Ebenso ist er berechtigt, offenkundige Schreibfehler zu korrigieren.

2. Die Betriebsratswahl ist auch deshalb unwirksam, weil gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden ist. Die Durchführung der Wahl hat die Beteiligung an der Betriebsratswahl für die Wähler unzumutbar erschwert. Damit ist gegen die Grundsätze einer demokratischen Wahl verstoßen worden.

Die Bekanntmachung der Zeit der Stimmabgabe, § 3 Abs. 2 Ziff. 11 WahlO, war vom Wahlvorstand unzutreffend angegeben. Der Wahlvorstand hat für das mobile Wahlteam für mehrere Filialen gleichzeitig die Durchführung der Wahl im selben Zeitrahmen festgelegt, ohne dass das Wahlteam während des gesamten Zeitrahmens in der Filiale anwesend war. Gerade angesichts der Tatsache, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelhandel in Schichten eingesetzt werden, führte dies dazu, dass die Mitarbeiter nicht sicher sein konnten, während dieses Zeitrahmens zu der von Ihnen gewählten Zeit ihre Stimme abzugeben. Damit war nicht gewährleistet, dass die im Betrieb anwesenden Mitarbeiter, für die die schriftliche Stimmabgabe nach § 24 WahlO nicht vorgesehen ist, tatsächlich wählen konnten. Die Nichteinhaltung der im Wahlausschreiben angegebenen Zeit der Stimmabgabe stellt einen Verstoß gegen §§ 3 Abs. 2 Nr. 11, § 12 Abs. 2 WahlO dar (Kreutz, Rz. 32 zu § 19 BetrVG; BAG Beschluss vom 19.09.1985 – 6 ABR 4/85 - EzA § 19 BetrVG 1972 Nr. 22).

Der Betriebsrat kann auch nicht darauf verweisen, dass Mitarbeitern, die während der zweimal 30 minütigen Anwesenheit des mobilen Wahlteams im Betrieb nicht in der Lage waren, ihre Stimme abzugeben, sei es, dass sie nicht im Betrieb waren oder durch ihre Arbeit verhindert waren, die Möglichkeit eröffnet wurde, Briefwahl durchzuführen. Voraussetzung der schriftlichen Stimmabgabe ist, dass die Wahlberechtigten im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, ihre Stimme persönlich abzugeben. Der Wahlvorstand darf nicht ohne Vorliegen dieser Voraussetzungen die Briefwahl anordnen (Fitting, Rn. 2 zu § 4 20 Wahlordnung).

Dieser Fehler wirkt sich auf das Wahlergebnis aus. Bereits die Wählerquote spricht dafür, dass der Zugang zur Wahl unzulässig erschwert worden ist.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.