Betriebsratswahl: Wahlberechtigung von in Wiedereingliederungsmaßnahmen Tätigen

LAG Düsseldorf 11 TaBV 73/99 vom 27. Jan. 2000

Leitsatz

Die Teilnehmer der von einem Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in eigener Regie durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen (vgl. § 262 Abs. 1 Satz 2 SGB III) sind, auch wenn mit ihnen Arbeitsverhältnisse begründet worden sind (vgl. § 260 Abs. 1 Nr. 2 SGB III), mangels Betriebszugehörigkeit nicht nach § 7 BetrVG wahlberechtigt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die antragstellende Arbeitgeberin ist eine Bildungseinrichtung, die sich mit der Durchführung von Projekten mit dem Ziel, wechselnden Personenkreisen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind und deren erwerbswirtschaftliche Eingliederung unter den üblichen Bedingungen erschwert ist, den Übergang in den regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen und gegebenenfalls auf Dauer Arbeitsplätze bei den vorgenannten Projekten zu schaffen. Für diese Maßnahmen erhält die Arbeitgeberin öffentliche Mittel der Bundesanstalt für Arbeit, des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Europäischen Union.

Die von der Arbeitgeberin durchgeführten Projekte sind befristet und räumlich voneinander abgegrenzt. Jedes Projekt richtet sich nach der Zielgruppe (Jugendliche, Berufsrückkehrerinnen, Langzeitarbeitslose, Personen mit Vermittlungshemmnissen) aus, für das es initiiert wird. Die einzelnen Projekte werden von einem bestimmten Mitarbeiterstamm (sog. Stammbelegschaft) aus Anleitern und Sozialpädagogen betreut. Im Rahmen der in S., B. und G. angesiedelten Projekte sind acht Sozialpädagogen/Stützlehrer und neun Anleiter tätig. Davon sind befristet beschäftigt die Herren W., S., D., K., K., K., N., H., V., L., M. sowie Frau K. und Frau P.. In unbefristeten Verträgen sind tätig Frau S., Frau A., Herr W. und Herr E.. Diese Mitarbeiter sind projektbezogen von der in A. bei B. ansässigen Hauptverwaltung der Arbeitgeberin, der jedenfalls die kaufmännische Leitung sowie die Personalverwaltung obliegt, eingestellt worden.

Mit den ihr vom Arbeitsamt zugewiesenen Personen schließt die Arbeitgeberin durch ihre Hauptverwaltung Arbeitsverträge im Rahmen von Teilzeit-Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die von ihr durchgeführten Projekte ab. Die Teilzeit-Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ist kombiniert mit einer Teilzeitqualifizierung, worüber ein gesonderter Vertrag (sog. Beschulungsvertrag) zwischen den jeweiligen Parteien des vorgenannten Arbeitsvertrages geschlossen wird. Wegen des näheren Inhalts eines solchen Arbeits- und Beschulungsvertrages wird beispielhaft ausdrücklich auf die in der Gerichtsakte befindlichen Verträge zwischen der Arbeitgeberin und Herrn de A. verwiesen.

Für die Projekte S., B. und G. bzw. für die Zweigstelle der Arbeitgeberin in V. wurde im Mai 1999 ein aus fünf Personen bestehender Betriebsrat, der Antragsgegner dieses Verfahrens, gewählt. Der Wahlvorstand ging für die Betriebsratswahl, deren Ergebnis am 04.05.1999 bekannt gemacht wurde, von insgesamt 119 wahlberechtigten Beschäftigten bei der Arbeitgeberin aus, unterteilt in 23 Angestellte und 96 Arbeiter. Bei den Arbeitern handelte es sich ausschließlich um Teilnehmer an den von der Arbeitgeberin auf der Grundlage der mit ihnen abgeschlossenen Arbeits- und Beschulungsverträgen durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen.

Mit ihrem am 18.05.1999 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingereichten Antrag macht die Arbeitgeberin hauptsächlich die Nichtigkeit der Betriebsratswahl geltend.

Die Arbeitgeberin hat geltend gemacht:

Die von ihr in S., B. und G. durchgeführten Projekte würden allenfalls den Charakter einer Betriebsabteilung, nicht aber eines betriebsratsfähigen Betriebsteils i.S. von § 4 Satz 1 BetrVG haben. Die einzelnen Projekte seien nämlich vor dem Hintergrund ihrer unterschiedlichen Bildungsinhalte weder organisatorisch zusammengefasst, noch unter eine einheitliche Leitung gestellt. Vor Ort sei jeweils ein Projektleiter tätig, dessen Befugnisse jedoch wiederum nicht ausreichen würden, um eine eigenständige Organisation und eigene Leitung der einzelnen Projekte bejahen zu können. Hinzu komme, dass der gewählte Betriebsrat nur aus drei Personen hätte gebildet werden dürfen. Denn die Teilnehmer der in den Projekten S., B. und G. durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen seien nicht wahlberechtigt nach § 7 BetrVG gewesen. Der Zweck ihres Betriebes sei nämlich allein auf die Vermittlung einer berufspraktischen Ausbildung beschränkt, weshalb die Maßnahmeteilnehmer nicht in vergleichbarer Weise wie übrige Arbeitnehmer oder Angestellten in ihrem Betrieb integriert seien.

Die Arbeitgeberin hat hauptsächlich beantragt

festzustellen, dass die am 04.05.1999 in ihren "Betriebsstätten"S., B. und G. durchgeführte Betriebsratswahl insgesamt nichtig ist.

Hilfsweise hat sie beantragt

festzustellen, dass die am 04.05.1999 in ihren "Betriebsstätten "S., B. und G. durchgeführte Betriebsratswahl ungültig ist.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat ausgeführt:

Die Bildungsstätte der Arbeitgeberin in V. sei, wie sich aus den von ihm zur Gerichtsakte gereichten drei Anweisungen ergebe, als Betriebsteil i.S. von § 4 Satz 1BetrVG anzusehen, der zudem aufgrund seiner räumlichen Entfernung vom Sitz der Arbeitgeberin in A. als betriebsratsfähig nach § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG anzusehen sei. Bei den Teilnehmern an den von der Arbeitgeberin durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen handele es sich, wie schon aus den mit ihnen geschlossenen Arbeitsverträgen folge, um Arbeitnehmer i.S. des § 5 Abs. 1 BetrVG, die damit auch wahlberechtigt nach § 7 BetrVG gewesen seien.

Das Arbeitsgericht Krefeld hat durch seinen Beschluss vom 22.07.1999 die Betriebsratswahl vom 04.05.1999 in den "Betriebsstätten" S., B. und G. für unwirksam erklärt und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Betriebsratswahl vom 04.05.1999 sei nicht nichtig gewesen. Die von der Arbeitgeberin geltend gemachte Verkennung der Wahlberechtigung der Teilnehmer an der ABM-Maßnahme und des Betriebsbegriffs würden nicht auf groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche gesetzliche Wahlregeln beruhen. Allerdings sei die Betriebsratswahl, die die Arbeitgeberin innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten habe, unwirksam. Denn die Objekte der Arbeitgeberin in S., B. und G. seien zusammen kein Betrieb i.S. des § 1 BetrVG und auch kein Betriebsteil i.S. des § 4 Satz 1 BetrVG, so dass gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren i.S. des § 19 Abs. 1 BetrVG verstoßen worden sei. Die von dem Betriebsrat vorgelegten drei Anweisungen würden nichts über eine organisatorische Einheit der Objekte S.üchte, B.rac und G.refra i.S. eines Betriebs bzw. eines einheitlichen Betriebsteils im Sinne der vorgenannten Normen aussagen. Auch die mündlichen Ausführungen des Betriebsrats im Anhörungstermin vom 22.07.1999, wonach Arbeitskräfte innerhalb der Objekte ausgetauscht worden seien, würde noch nichts über eine organisatorische Einheit aussagen.

Gegen den ihm am 09.08.1999 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der S., B. und G. i.S. eines Betriebs bzw. eines einheitlichen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem bei Gericht eingegangenen am 05.10.1999 eingereichten Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

Der Betriebsrat macht unter teilweiser Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend:

Im streitgegenständlichen Verfahren gehe es um den Betriebsrat der "Zweigstelle V.". Über diese Zweigstelle würden sämtliche Projekte der Arbeitgeberin im Kreise V. durchgeführt und geleitet. Aus den von ihm mit der Beschwerdebegründung und auch mit dem weiteren Schriftsatz vom 13.12.1999 eingereichten Urkunden folge, dass die Zweigstelle V. budgetiere, Abmahnungen sowie Zeugnisse erteile und an sämtliche Anleiter, die die einzelnen Projekte beaufsichtigen und führen würden, Arbeitsanweisungen herausgebe. Zudem erfolge der Einsatz vor Ort nicht durch die Hauptverwaltung der Arbeitgeberin in A., sondern durch ihre einzelnen Zweigstellen. Die einer Zweigstelle zugeordneten Anleiter und Sozialarbeiter würden deren Direktionsrecht unterstehen. Bei der Zweigstelle V. handele es sich demnach zumindest um einen Betriebsteil i.S. von § 4 Satz 1 BetrVG. Des Weiteren seien die Teilnehmer an Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen i.S. von § 260 Abs. 1 SGB III als Arbeitnehmer i.S. von § 5 Abs. 1 BetrVG anzusehen. Mit ihnen würden nämlich zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten durchgeführt.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Krefeld vom 22.07.1999 den Antrag der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Krefeld vom 22.07.1999 aufrechtzuerhalten und den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin verteidigt den angefochtenen Beschluss und führt unter teilweiser Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend aus:

Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass die Betriebsratswahl wegen der Verkennung des Begriffes des Betriebsteils unwirksam sei. Die Projekte in S., B. und G. seien weder organisatorisch zusammengefasst noch unter eine einheitliche Leitung gestellt. Gegenteiliges würde sich auch nicht aus den von dem Betriebsrat vorgelegten Urkunden ergeben. Soweit diese auf G.-Briefpapier erstellt seien, handele es sich um alte Briefbögen, die die betriebliche Struktur nicht zutreffend wiedergeben würden. Die Befugnisse der vor Ort eingesetzten Projektleiter würden nicht ausreichen, um eine eigenständige Organisation und Leitung bejahen zu können. Im Übrigen würden die Teilnehmer an den von ihr im Kreis V. durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen nicht zu den Arbeitnehmern i.S. von § 5 Abs. 1 BetrVG zählen. Sie seien nämlich weder in ihren Betrieb eingegliedert noch vollziehe sich ihre Ausbildung im Rahmen des arbeitstechnischen Zwecks eines Produktions- oder Dienstleistungsbetriebes. Die Teilnehmer an den Wiedereingliederungsmaßnahmen seien nur Objekte und nicht Subjekte ihres - der Arbeitgeberin - Betriebszwecks.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die Beschwerde des Betriebsrats ist erfolglos.

1. Allerdings ist die Beschwerde des Betriebsrats zulässig. Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form (§ 89 Abs. 1 und 2 Satz 1 ArbGG, § 518 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 87 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) und fristgerecht (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 87 Abs. 2 Satz 1 ArbGG) eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

a) Zunächst ist dem Arbeitsgericht darin zu folgen, dass die formellen Voraussetzungen der Wahlanfechtung vorliegend erfüllt sind. Die Arbeitgeberin ist nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie hat die streitbefangene Betriebsratswahl, deren Ergebnis am 04.05.1999 bekanntgemacht worden ist, mit einem am 18.05.1999 beim Arbeitsgericht Krefeld eingereichten Schriftsatz innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten.

b) Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht erkannt, dass ein Wahlanfechtungsgrund nach § 19 Abs. 1 BetrVG vorliegt.

aa) Zunächst ist die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, dass die Arbeitgeberin im Kreis V. keinen nach § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG betriebsratsfähigen Betriebsteil unterhält.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Betrieb i.S. des BetrVG eine organisatorische Einheit, innerhalb derer der Unternehmer allein oder zusammen mit den von ihm beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt. Dazu müssen die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für den oder die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt und die menschliche Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert werden (BAG v. 29.05.1991 - 7 ABR 54/90 - EzA § 4 BetrVG 1972 Nr. 6; BAG v. 14.05.1997- 7 ABR 26/96 - EzA § 8 BetrVG 1972 Nr. 8). Demgegenüber ist ein Betriebsteil zwar auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert, ihm aber demgegenüber räumlich und organisatorisch abgrenzbar. Für ihn ist ein eigener Betriebsrat nur unter den Voraussetzungen des § 4 Satz 1 BetrVG zu wählen. Kennzeichnend für das Vorliegen einer in sich geschlossenen einheitlichen arbeitstechnischen Organisation und damit für das Vorliegen eines abgrenzbaren Betriebsteils ist die jeweilige institutionell gesicherte Leitungsmacht. Dafür ist auch bei räumlich weiter Entfernung erforderlich, dass eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung eingerichtet ist, von der das Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgeübt wird (BAG v. 20.06.1995 - 7 ABR 59/94 - AP Nr. 8 zu § 4 BetrVG 1972).

(2) Dementsprechend können die Zweigstelle der Arbeitgeberin in V. und die von ihr im Kreis V. betreuten Projekte einen Betriebsteil i.S. des § 4 Satz 1 BetrVG sein und als selbständiger Betrieb gelten, wenn ein dort den Einsatz der Arbeitnehmer steuernder und Arbeitgeberfunktionen wahrnehmender Leitungsapparat vorhanden ist. Dies ist jedoch entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht der Fall. Zwar mögen vereinzelte Arbeitgeberfunktionen, wie Erteilung eines Zeugnisses oder einer Abmahnung, auf die Zweigstelle V. seitens der Hauptverwaltung, wo unstreitig die Personalverwaltung der Arbeitgeberin liegt, delegiert worden sein. Der Einsatz der Anleiter und Sozialarbeiter sowie der Teilnehmer an den von der Arbeitgeberin durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen im Kreis V. erfolgt jedoch ausweislich der mit den vorgenannten Personenkreisen geschlossenen Arbeitsverträgen von der Hauptverwaltung in A. bei B. aus. Denn in den jeweiligen von der Hauptverwaltung der Arbeitgeberin in A. geschlossenen Arbeitsverträgen ist der Einsatzort - jeweils in § 1 - ausdrücklich genannt. Die Zuweisung eines anderen Einsatzortes wäre für die jeweiligen Arbeitnehmer unverbindlich, da sie einen vertraglich gesicherten Anspruch auf Beschäftigung an dem in ihrem jeweiligen Arbeitsvertrag genannten Einsatzort haben. Allerdings hat sich die Arbeitgeberin jedenfalls in den mit den Anleitern geschlossenen Arbeitsverträgen - beispielhaft sei der in der Akte befindliche Arbeitsvertrag von Herrn D. K. genannt - das Recht vorbehalten, den Anleiter "bei Bedarf auch in anderen betrieblichen Bereichen und bei anderen Arbeiten einzusetzen". Dieses Recht ist allerdings nicht auf den Leiter der Zweigstelle V. übertragen, kann also auch nur von der in A. sitzenden Hauptverwaltung der Arbeitgeberin geschehen. Der Zweigstellenleiter hat allein ein Mitspracherecht bei der Festlegung der konkreten täglichen Arbeitszeit. Diese erfolgt ausweislich von § 1 Abs. 1 letzter Satz des Arbeitsvertrages von Herrn K. "in Absprache" mit dem Zweigstellenleiter.

bb) Aber selbst wenn man die Zweigstelle der Arbeitgeberin in V. und die ihr zugeordneten Projekte im Kreis V. nach den hierfür maßgeblichen Kriterien als Betriebsteil ansehen und sie wegen ihrer räumlich weiten Entfernung von der Hauptverwaltung der Arbeitgeberin in A. bei B. gemäß § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG als selbständigen Betrieb ansähe, läge doch ein weiterer Wahlanfechtungsgrund nach § 19 Abs. 1 BetrVG vor. Denn es ist insofern bei der streitbefangenen Betriebsratswahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen worden, als die Teilnehmer der von der Arbeitgeberin durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen in den Projekten S., B. und G. nicht wahlberechtigt nach § 7 BetrVG waren.

(1) Wahlberechtigt nach § 7 BetrVG sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die erkennende Kammer anschließt, nur die betriebszugehörigen Arbeitnehmer i.S. des § 5 Abs. 1 BetrVG, soweit sie das 18. Lebensjahr vollendet haben (BAG v. 29.01.1992 - 7 ABR 27/91 - EzA § 7 BetrVG 1972 Nr. 1; BAG v. 20.03.1996 - 7 ABR 34/95 - EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 60). Die Betriebszugehörigkeit setzt voraus, dass eine tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die jeweilige Betriebsorganisation stattgefunden hat (BAG v. 18.01.1989 - 7 ABR 21/88 - EzA § 9 BetrVG 1972 Nr. 4; BAG v. 20.03.1996 - 7 ABR 34/95 - a.a.O.). Hierfür ist maßgebend, dass der Arbeitnehmer zusammen mit den im Betrieb bereits beschäftigten Arbeitnehmern eine Tätigkeit verrichtet, die ihrer Art nach weisungsgebunden ist und der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebes dient (BAG v. 18.10.1994 - 1 ABR 9/94 - EzA § 99 BetrVG 1972 Nr. 124). Für die Betriebszugehörigkeit ist demnach kennzeichnend die Verwirklichung eines arbeitstechnischen Betriebszwecks durch weisungsgebundene Tätigkeiten. Beide Merkmale müssen nebeneinander vorliegen. Fehlt es an einem, ist die Wahlberechtigung insgesamt zu verneinen (BAG v. 20.03.1996 - 7 ABR 34/95 - a.a.O.).

(2) Im Streitfall leisten zwar die 96 Teilnehmer an den von der Arbeitgeberin im Kreis V. auf der Grundlage der §§ 260 Abs. 1, 262 Abs. 1 Satz 2 SGB III durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen, wie die mit ihr geschlossenen Arbeitsverträge zeigen, weisungsgebundene Arbeit auf arbeitsvertraglicher Grundlage. Sie werden jedoch von der Arbeitgeberin nicht innerhalb der betrieblichen Organisation zur Erfüllung des von der Arbeitgeberin verfolgten Betriebszwecks eingesetzt. Der Betriebszweck der Arbeitgeberin ist allein darauf gerichtet, Personen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind und deren erwerbswirtschaftliche Eingliederung unter den üblichen Bedingungen erschwert ist, den Übergang in den regulären Arbeitsmarkt zu ermöglichen und gegebenenfalls auf Dauer Arbeitsplätze bei den Projekten zu schaffen, in denen diese Personen eingesetzt werden. Damit ist dieser Personenkreis nicht in vergleichbarer Weise wie die übrigen Angestellten der Arbeitgeberin in deren Zweigstelle in V., sofern man sie zugunsten des Betriebsrats als betriebsratsfähigen Betrieb i.S. von § 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ansieht, integriert. Ihre aufgrund des Arbeitsvertrages erbrachte Arbeitsleistung und ihre aufgrund des sog. Beschulungsvertrages erfolgte Qualifizierung vollzieht sich nicht im Rahmen der arbeitstechnischen Zwecksetzung eines Produktions- oder Dienstleistungsbetriebes. Vielmehr ist ihre durch Arbeitsleistung und Weiterqualifizierung gekennzeichnete Heranführung an den regulären Arbeitsmarkt selbst Gegenstand des Betriebszwecks der Arbeitgeberin. Daraus folgt, dass die vom Wahlvorstand für die streitbefangene Betriebsratswahl berücksichtigten 96 Arbeiter als Teilnehmer der von der Arbeitgeberin durchgeführten Wiedereingliederungsmaßnahmen, die nach § 262 Abs. 1 Satz 2 SGB III in eigener Regie der Arbeitgeberin (vgl. § 260 Abs. 1 SGB III) eingesetzt werden, mangels Betriebszugehörigkeit nicht zu den nach § 7 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmern zählten.

Die Kammer hat nach §§ 72 Abs. 2 Nr. 1, 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht für den Betriebsrat zugelassen.