Betriebsverfassungsrecht: Grundsätze für die Betriebsratswahl

BAG 1 ABR 3/53 vom 2. März 1955

Leitsatz

1. Ist gemeinsame Wahl des Betriebsrates beschlossen, so sind Vorschlagslisten, auf denen nur eine Arbeitnehmergruppe vertreten ist, nicht ungültig.

2. Werden bei gemeinsamer Wahl des Betriebsrates mehrere Vorschlagslisten eingereicht, so werden gemäß § 16 der Ersten Durchführungsverordnung zum Betriebsverfassungsgesetz zunächst die Arbeitersitze, dann in gesonderter Rechnung die Angestellten-Sitze nach dem d Hondt schen Höchstzahlensystem verteilt. Das bedeutet, dass bei der Zuteilung der Sitze der Angestellten so zu verfahren ist, als wenn die Arbeitersitze noch nicht verteilt wären.

3. Ist bei der Gemeinschaftswahl nur eine Liste gemischt zusammengesetzt, während die anderen Listen reine Gruppenlisten der Arbeiter sind, so kommt es nicht darauf an, ob man den Grundsatz zu 2. für maßgebend hält oder mit dem RAG nur die nach Verteilung der Arbeitersitze verbleibenden Höchstzahlen für die Verteilung der Angestelltenmandate berücksichtigt. Vielmehr bleiben nach § 16 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 15 Abs. 3 der Ersten Durchführungsverordnung zum Betriebsverfassungsgesetz die auf die reinen Gruppenlisten der Arbeiter noch entfallenden Höchstzahlen für die Angestelltensitze unberücksichtigt; es sind die Angestelltensitze den Höchstzahlen der gemischten Liste zuzuteilen.

4. Die Vorschriften der § 16, § 15 Abs. 3 der Ersten Durchführungsverordnung zum Betriebsverfassungsgesetz halten sich im Hinblick auf § 13 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes im Rahmen der Ermächtigung des § 87 Buchstabe f des Betriebsverfassungsgesetzes und sind daher rechtsgültig.

5. Die vorstehend aufgestellten Grundsätze über die Verteilung der Betriebsratssitze rechtfertigen sich aus dem richtig verstandenen Gedanken der Gemeinschaftswahl. Denn wenn die Belegschaft Gemeinschaftswahl beschlossen hat, dann wird es diesem Beschluss besonders gerecht, wenn die Vorschlagslisten im angemessenen Verhältnis gemischt zusammengesetzt sind, d.h. Bewerber beider Gruppen enthalten. Es ist daher richtig, dass bei der Verteilung der Betriebsratssitze die gemischte Vorschlagsliste bevorzugt wird, selbst wenn sie bei Anwendung des reinen Verhältniswahlsystems weniger Sitze beanspruchen könnte.