Erstellt am 24.07.2019 um 09:40 Uhr von Cyber99
Die BV steht in der arbeitsrechtlichen Normenpyramide zunächst mal über der individualvertraglichen Regelung. Der Kollege kann aber theoretisch individualvertraglich mit dem Arbeitgeber eine abweichende Regelung treffen. Die individualvertragliche Regelgung kommt zur Anwendung, wenn diese für den Kollegen günstiger ist, als die Regelung in der BV.
Was im konkreten Fall für den Arbeitnehmer günstiger sein soll, kann ich nicht beurteilen. Kritsch sehe ich es auch, wenn BVen von der Basis aus ausgehöhlt werden - das widerspricht ja dem eigentlichen Zweck. Außerdem besteht das Risiko, dass bei Ausnahmen plötzlich das Thema Gleichbehandlung im Raum steht.
Erstellt am 24.07.2019 um 09:54 Uhr von celestro
Stimme Cyber99 hier nicht zu:
1.)
"§ 77 Abs. 4 BetrVG: Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen."
2.)
"Fehlt diese (also Zustimmung des BR / eigene Anmerkung), ist ein individualrechtlicher Verzicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig."
Quelle: https://www.canzlei-cramer.de/verzicht-auf-anspruch-aus-betriebsvereinbarung/
Das sollte sich auch auf GBV / KBV übertragen lassen.
Erstellt am 24.07.2019 um 10:20 Uhr von Pjöööng
"Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt ..."
Wird hier denn ein Recht eingeräumt? Das sieht ja zumindest der Betroffene ganz anders, er sieht sich in seinen Rechten beschnitten, die BV hat ihm das Recht, seine Arbeitsleistung messen zu lassen, weggenoommen.
"Das sollte sich auch auf GBV / KBV übertragen lassen."
Wieso "übertragen"? Das BetrVG kennt keine "GBV" oder "KBV", sondern nur "Betriebsvereinbarungen".
Zuallererst müsste man hier mal wissen was denn mit "eigentlich schützen soll" gemeint ist. Schützt sie den Arbeitnehmer davor? Oder soll sie nur eigentlich tun, tut es aber eben nicht? Was steht denn in der BV dazu drin? Ein Verzicht des Arbeitgebers? Ein Verbot?
Wenn hier ein Verzicht des Arbeitgebers oder ein Verbot enthalten sind, dann ist das bindend! Da kann es dann auch keine "günstigere" Vereinbarung geben. Hier ist ja nicht nur eine individualrechtliche Komponente (die Leistung des einzelnen Mitarbeiters wird nicht gemessen), sondern auch eine kollektivrechtliche Komponente (die Leistung der Mitarbeiter wird nicht gemessen und verglichen) gegeben. Und diese kollektivrechtliche Komponente kann nicht durch individualrechtliche Regelungen ausgehebelt werden.
Was der Mitarbiter aber machen darf ist jeden Abend einen Brief an seinen Arbeitgeber zu schreiben: "Chef, heute habe ich wieder 378.000 Tüten gefaltet und auf dem Klo hat schon wieder das Licht gebrannt und ich habe es ausgemacht!"