Erstellt am 10.05.2019 um 16:04 Uhr von celestro
"Oder ist es möglich, dass sich während der Wahlversammlung der Wahlvorstand und die Geschäftsführung spontan darauf einigen, das verkürzte Verfahren zu wählen?"
Zitat: "In Betrieben mit in der Regel 51 bis 100 wahlberechtigten Angestellten haben Wahlvorstand und Arbeitgeber ein Wahlrecht: Sie können sich darauf einigen, das vereinfachte Verfahren anzuwenden (§ 14 a Abs. 5 BetrVG und § 37 WO). Tun sie das nicht, bleibt es beim allgemeinen Verfahren.
https://www.poko.de/Betriebsrat/Betriebsrat-Know-How/Betriebsratswahl/Vereinfachtes-oder-allgemeines-Verfahren"
"Und wie soll das funktionieren, wenn die Geschäftsführung eigentlich nicht zur Wahlveranstaltung eingeladen werden darf?"
Telefon? Kurze Unterbrechung und reden?
Erstellt am 10.05.2019 um 19:46 Uhr von Kratzbürste
Ihr könnt erst entscheiden welches Wahlverfahren angewendet werden muss, wenn der Wahlvorstand die Daten vom Arbeitgeber überreicht bekommst (am Tag der Wahlversammlung). Alles andere sind Wunschvorstellungen.
Erstellt am 13.05.2019 um 13:45 Uhr von Elwendil
Vielen Dank für die Hinweise. Wer also bestmöglich vorbereitet in die erste Wahlversammlung gehen möchte, hält für solche Situationen am besten Formulare für verschiedene Szenarien bereit...
Erstellt am 13.05.2019 um 15:02 Uhr von Cyber99
Also jetzt mal gemach, gemach. Ich glaube Ihr überstürzt da so Einiges.
Zunächst wird in einer Wahlversammlung erst einmal der Wahlvorstand bestimmt. Betriebsgröße und Wahlverfahren stehen da noch überhaupt nicht zur Diskussion und der Arbeitgeber hat da überhaupt nicht mitzureden.
Erst wenn der Wahlvorstand gewählt ist, nimmt er seine Arbeit auf. Dazu gehört unter anderem auch die Ermittlung der Betriebsgröße. Diese Information erhält er vom Arbeitgeber und muss diese dann prüfen. Unsicherheiten gibt es gerne auch wegen der leitenden Angestellten. Vorsicht: Alleine die nackten Zahlen des Arbeitgebers sagen noch nichts über die Betriebsgröße aus. Wenn zum Beispiel aufgrund der aktuellen Personalplanung damit gerechnet werden muss, dass die Betriebsgröße in Kürze um 20 Mitarbeiter steigen wird, dann sind diese zu berücksichtigen (Zum Beispiel, wenn auf der Internetseite des Arbeitgebers 20 neue Stellen ausgeschrieben sind).
Maßgebend ist das, was der Wahlvorstand ermittelt. Wenn es dem Arbeitgeber nicht passt, dann wird er schon die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten.
Erst jetzt stellt sich dann die Frage des Wahlverfahrens und ob ggf. mit dem Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren vereinbart wird. Aber nochmals - auf der Wahlversammlung passiert in Bezug darauf zunächst mal noch gar nichts.
Im Internet gibt es zum Thema Wahl Checklisten, die man einfach Punkt für Punkt abarbeiten kann. Oder man nimmt die Unterstützung der Gewerkschaft in Anspruch. Es lauern auch noch einige andere Fallstricke bei der Wahl.
Erstellt am 13.05.2019 um 15:48 Uhr von Elwendil
Hallo Cyber99,
danke für Deine Hinweise, allerdings kann ich folgender Aussage nicht ganz zustimmen:
>> auf der Wahlversammlung passiert in Bezug darauf zunächst mal noch gar nichts.
Meinem Verständnis nach muss der gewählte Wahlvorstand sofort (noch in der Wahlversammlung) aktiv werden und mittels der bereitgestellten Unterlagen das Wählerverzeichnis erstellen.
Stellt der WV nun fest, dass aufgrund der geringen Betriebsgröße (5-50 wahlberechtigte AN) das "vereinfachte Wahlverfahren" zu nutzen ist, dann müssen noch in der selben Wahlversammlung eine Menge Dinge geschehen:
* Das Wählerverzeichnis muss beschlossen werden, inklusive Ermittlung der leitenden Angestellten
* Die Kandidatenvorschläge müssen eingereicht, geprüft und die endgültige Kandidatenliste muss beschlossen werden.
* Das Wahlausschreiben muss vollständig erstellt sein, beschlossen und veröffentlicht werden.
Ich weiß, wie viel Arbeit die Wahl für einen 9er-BR (200+ MA) sein kann und über wie viele Details-Teufel man dabei stolpern kann, deshalb bin ich bemüht, im Vorfeld genau zu erkennen, welche Aufgaben anstehen.
Der extrem enge Zeitrahmen im vereinfachten Verfahren (nur eine Woche zwischen beiden Terminen) scheint mir eine große Herausforderung zu sein.
Erstellt am 13.05.2019 um 16:22 Uhr von Cyber99
@Elwendil Zitat: Meinem Verständnis nach muss der gewählte Wahlvorstand sofort (noch in der Wahlversammlung) aktiv werden und mittels der bereitgestellten Unterlagen das Wählerverzeichnis erstellen.
Das ist eben nicht so. Es wird gem. §17 Abs. 3 zu einer Wahlversammlung eingeladen, in der der Wahlvorstand vorgeschlagen und dann gewählt wird.
Der gewählte Wahlvorstand leitet dann erst gem. §18 Abs. 1 die Wahl ein.
Jetzt stellt Dir mal Folgendes vor: Es könnten drei völlig unerfahrene Arbeitnehmer in den Wahlvorstand gewählt werden. Diese müssten zunächst einmal geschult werden oder sich anderweitig schlau machen oder die Hilfe de Gewerkschaft in Anspruch nehmen. Sonst kann das mit der Wahl ja gar nichts werden.
Die unverzüglich einzuleitende Wahl gem. §18 bedeutet nichts anderes für den Wahlvorstand als die Tatsache, dass er sich schlau machen und das Ding dann ohne schuldhaften Verzug durchziehen muss. Aber wie gesagt. alle Dinge, die Du schon in der Wahlversammlung machen willst, gehören da nicht hin. Ermittlung Betriebsgröße, Wahlausschreiben usw. das macht Alles der Wahlvorstand sobald er weiß, was zu tun ist.
Erstellt am 13.05.2019 um 16:28 Uhr von Pjöööng
Ich habe mich noch nie intensiv mit dem vereinfachten Wahlverfahren auseinandersetzen müssen, aber trotzdem scheinen mir die §§ 28 ff der WO nahezulegen dass Elwendil das Problem zutreffend erfasst hat.
Erstellt am 13.05.2019 um 17:18 Uhr von Cyber99
Tja, die Sache ist tatsächlich etwas kniffelig. Die Sache mit dem vereinfachten Wahlverfahren ist mir in der Tat auch nicht so geläufig. Ich revidiere Alles was ich zuvor geschrieben habe! Ich hab grad noch mal im Fitting die entsprechenden Randnotizen gelesen. Da liegt Elwendil tatsächlich richtig. Im vereinfachten Verfahren sind die Anforderungen an die Wahlversammlung andere als im regulären Wahlverfahren. Zentraler Punkt ist meines Erachtens tatsächlich die Betriebsgröße. Da sich die Einladenden zur Wahlversammlung diesbezüglich ja noch nicht sicher sind bleibt eigentlich keine andere Wahl, als zunächst die Einladung zur Wahlversammlung im vereinfachten Wahlverfahren auszuhängen und vom Arbeitgeber die erforderlichen Unterlagen (Mitarbeiterlisten) anzufragen, die dieser aber in einem versiegelten Umschlag an die Einladenden übergibt. Dann wird der Wahlvorstand gewählt, öffnet den versiegelten Umschlag und stellt die Wählerlisten auf.
Und dann kommt Fitting RN 23 zu §14a zum Zuge. Der Wahlvorstand muss dann feststellen ob die Betriebsgröße nun unter oder über 50 liegt. Liegt die Betriebsgröße über 50 kann (muss aber nicht) er mit dem Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren vereinbaren oder die Wahl im normalen Wahlverfahren durchführen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang aber wieder wie mit der Tatsache umzugehen ist, dass die Mitarbeiterzahl evtl unter 50 liegt, aber zeitnah über 50 liegen wird. Nahe liegend ist meiner Ansicht nach, dass man dann mit dem Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren vereinbart und das Ding dann wie in der Wahlordnung beschrieben im vereinfachten Verfahren durchzieht.