Erstellt am 28.07.2011 um 08:19 Uhr von Knusperkeks
Hallo Aurora,
ich bin mir nicht sicher, dass das möglich ist.
Es ist übrigens mal eine BR-Wahl für ungültig erklärt worden, da Leiharbeitnehmer bei der
Betriebsgröße mitgezählt wurden (LAG Köln L6 TaBV 79/02).
Von daher bezweifle ich, dass man dies über eine BV sozusagen "heilen" kann.
Gruß
Knusperkeks
Erstellt am 28.07.2011 um 09:12 Uhr von pirat
@Aurora,
Leiharbeiter, auch wenn sie Wahlrecht haben, sind für die Größenbestimmung nicht mitzuzählen.
Begründung: grössenrelevant, im Wesentlichen, sind nur AN im Sinne des § 9 BetrVG ergo nur solche, die auch einen AV mit dem Betriebsinhaber haben.
Anzuzweifeln ist auch, ob der AG dies wollen würde...
Erstellt am 28.07.2011 um 09:58 Uhr von rkoch
> Können wir mit dem AG in einer BV vereinbaren, dass die Leiharbeiter für die zu bestimmende Größe mitzählen
Also erstmal: Relevant für die Größe des Betriebsrates sind die "in der Regel beschäftigten AN". Ob in diesem Sinne die Aushilfen ÜBERHAUPT jemals mitgezählt haben könnte bezweifelt werden. Wenn Aushilfe im Sinne von "Vertretung anderer AN" zu verstehen ist auf keinen Fall. Nur wenn dadurch tatsächlich ZUSÄTZLICHE, regelmäßig (SEHR regelmäßig, also im Jahresschnitt überwiegend) besetzte Arbeitsplätze entstanden sind zählen die Aushilfen mit, und zwar nur mit der Anzahl dieser zusätzlichen Arbeitsplätze, nicht der Anzahl der auf diesen Plätzen beschäftigten AN.
Eine BV (im Sinne der Betriebsvereinbarung nach §77) regelt IMMER ein für die AN wirkendes Thema im Betrieb in allen Fällen in denen dem BR ein MBR zusteht. Zwischen den beiden Betriebsparteien vereinbarte Regeln die die gegenseitige Zusammenarbeit regeln (und damit nicht der MB nach BetrVG unterliegen) bezeichnet man als Regelungsabrede und bemisst sich nicht nach den Regeln des §77.
Das heißt nicht, das derartige Regelungen nicht wirksam sind. In diesem Sinne KANN ein BR tatsächlich mit dem AG die Existenz eines größeren Gremiums wirksam vereinbaren. Das ergibt sich auch daraus, das ein Zahlenmäßig nicht zutreffender Betriebsrat trotzdem so lange wirksam im Amt ist bis ein Berechtigter die Wahl wegen dieses Fehlers anficht! In der Regel wird nur der AG diesen Schritt erwägen. So weit die zu große Zahl an BRM aus einer Regelungsabrede entspringt wäre es widersinnig wenn der AG gegen diese gemeinsame Absprache verstößt und die Wahl anficht.
Aus dem gesagten ergibt sich auch, das hier darauf vertraut werden muß, das der AG diese Regelung freiwillig akzeptiert, eine derartige Regelungsabrede ist nicht erzwingbar!
Auf der anderen Seite ist es der Wahlvorstand der die maßgebliche Anzahl der BRM festlegt. Wenn dieser die Leiharbeiter mitzählt, da er z.B der Meinung ist, das die Arbeitsplätze auch weiterhin gelegentlich von selbst eingestellten Aushilfen besetzt werden werden (oder wohl wissend das er damit im Irrtum ist auf das diesbezügliche Unwissen des AG vertraut), dann ist diese Vorgehensweise zunächst nicht beanstandbar. Es hängt an dieser Stelle erneut an dem Willen des AGs die Wahl anzufechten und dann hat das ArbG zu entscheiden ob die Meinung des WV zu beanstanden ist. Gerade in kleinen Betrieben in denen der BR ohnehin eher selten tagt akzeptieren die AG derartige Sachen u.U. einfach so, schließlich bedeutet der Werdegang: Anfechtung (Gerichtsprozess im Zweifelsfalle durch 3 Instanzen), Aufhebung des Betriebsrates, Neuwahlen; und das zusätzliche Risiko das am Ende das Gericht dem WV Recht gibt i.d.R. höhere Kosten als einfach den existierenden zu großen BR zu akzeptieren.
Letztendlich sind alle von diesem BR bis zur gerichtlichen Aufhebung getroffenen Beschlüsse WIRKSAM.
Am Ende müßt ihr selbst wissen, was gut für Euch ist.....
Erstellt am 28.07.2011 um 10:52 Uhr von viktor
nur so am Rande rkoch. § 3 BetrVG spricht bei abweichenden Vereinbarungen selbst auch von Betriebsvereinbarungen und nicht Regelungsabsprachen. Schließlich sind ja auch Arbeitnehmerrechte bei der Frage der Betriebsratsgröße und -struktur u.s.w. unmittelbar betroffen.
Das löst das Leihproblem nicht. Ich denke, der BR sollte Versuchen durch Gespräche mit dem AG die Zahl der Leiharbeitnehmer und eigenen Aushilfen zu beeinflussen. Da gibt es vielleicht doch gute Argumente, den einen oder anderen Arbeitsplatz nicht zu "verleihen".
Erstellt am 28.07.2011 um 11:29 Uhr von edgar
rkoch & Aurora
Hallo rkoch, ich schätze ja Deine Aussagen. Doch § 9 ist klar und abschließend. Eine Vergrößerung des BR per BV/RA ist dahe rnicht möglich.
Macht man solches besteht nebend er Anfechtung das Problem des Verstoßes gegen die Nichtöffentlichkeit der Sitzung, da ja AN teilgenommen haben welche gem. BetrVg eben nicht hätten teilnehmen dürfen. Also auch falsche Ladung Verstoß gegen den Datenschutz und und und.
Weiter würde auch der WV hier mehrfach rechtswidrig handeln.
Es drohen dann letztlich lauter ungültige Beschlüsse. Es könnte somit nicht nur der AG oder Wähler die Wahl und Bestand des BR anfechten. Es könnte auch bei einer Klage, z.B. Kündigungsschutzklage ein Richter feststellen, dass hier alles für den A... ist weil hier ein BR getagt hat den es so nicht geben konnte/durfte somit könnte dann der Richter die Ungültigkeit sämtliches Handeln des Br feststellen.
Einzig bei GBR gibt es Regekungsmöglichkeiten betreffend der Größe per BV/TV
Erstellt am 28.07.2011 um 14:29 Uhr von rkoch
@edgar und viktor
Ich dachte ich hatte mich dahingehend klar ausgedrückt das eine GESETZLICH zwingend wirksame Regelung tatsächlich (wie ihr schreibt) zwar nicht möglich ist, aber im Sinne der Wirksamkeit einer derartigen Wahl an deren Wirksamkeit eben kein Zweifel besteht WENN die Wahl nicht angefochten wird..... Falls das misszuverstehen war, mea culpa.....
@viktor
In diesem Sinne bin ich eben auch NICHT auf §3 eingegangen. Da ist tatsächlich von BV die Rede. Die Regelungsabrede ist im Gesetz in solcher Form auch nicht vorgesehen. Der Begriff wird im Sprachtum gebraucht um eben von einer BV nach §77 abzugrenzen.
Also nochmal: NEIN, das Gesetz ist eindeutig und einen größeren als den vorgesehenen BR kann man nicht erzwingen - und eigentlich ist er auch nicht zulässig. So lange aber ALLE Beteiligten die Richtigkeit der Größe nicht anzweifeln und entsprechend anfechten IST der BR so groß wie er ist und seine Beschlüsse sind unzweifelhaft WIRKSAM.
Kein Richter wird bei der Frage nach der Wirksamkeit eines Beschlusses erst fragen: Hat der BR die richtige Größe? Nur wenn die Größe an sich Gegenstand einer Anfechtung ist, DANN wird diese Frage geklärt. Eine falsch festgelegte Größe ist auch NICHT ein Grund zur NICHTIGKEIT der Wahl.
z.B. BAG v. 29.05.1991 - 7 ABR 67/90
Die zu beachtende Nichtigkeit einer Betriebsratswahl ist nicht schon gegeben, wenn bei der Wahl die Größe des zu wählenden Betriebsrats oder die Wahlberechtigung verkannt worden ist.
Insofern kann nur eine Anfechtung innerhalb der Zwei-Wochefrist gemacht werden. Ist diese rum IST der Betriebsrat so groß wie er ist. Eine spätere Anfechtung ist nicht mehr möglich!
Dazu auch DKK:
Nach Ablauf der zweiwöchigen Anfechtungsfrist, die eine Ausschlussfrist ist, erlischt das Anfechtungsrecht. Es kann danach nur noch eine evtl. vorliegende Nichtigkeit der BR-Wahl gerichtlich geltend gemacht werden.
Ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der für die Größe des BR maßgebenden AN-Zahl entfällt, wenn die Wahl durchgeführt und nicht angefochten worden und auch völlig ungewiss ist, ob die aufgetretene Streitfrage bei einer zukünftigen BR-Wahl noch eine Rolle spielen kann (BAG 15. 12. 72, AP Nr. 5 zu § 80 ArbGG 1953).
(DKK Ende)
In diesem Sinne hat eine RA zwischen AG und BR Beweischarakter hinsichtlich der oben aufgeworfenen Frage nach der Rolle bei einer zukünftigen Wahl.
Anfechten können die Wahl nur: drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die ersten beiden werden in einem derartigen Fall i.d.R. die Füße stillhalten - nur der AG ist potentiell ein Kandidat dafür und der wird einen Teufel tun, wenn er damit einverstanden ist.
Also: Ja, wenn alle Beteiligten die Füße stillhalten ist nach Ablauf der Anfechtungsfrist auch ein zu großer Betriebsrat ein ordentlich gewählter BR und insofern KANN eine entsprechende Absprache mit dem AG gemacht werden. Man könnte das als Rechtsbeugung interpretieren, aber das wird in der Realität nicht gemacht!
Ich weiß nicht wie die Gerichte reagieren würden wenn die Größe des BR VOLLKOMMEN daneben liegt, z.B. 9 BRM in einem Betrieb mit weniger als 20 AN. Ich könnte mit vorstellen das das ein Grund zur Nichtigkeit wäre. Aber wenn es um die reine Ermessensfrage geht, dann auf keinen Fall.
Erstellt am 28.07.2011 um 23:54 Uhr von Aurora
Vielen Dank für Eure Antworten und Diskussionen!
Gerade auch die Betrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln/Grundlagen ist für mich als BRM in einem noch nicht lange bestehenden BR sehr lehrreich!
Das eine BV/RA zu einer über dem Gesetz vorgeschriebenen BR-Größe nicht erzwingbar ist, wußten wir. Durch begleitende Umstände dieser Aktion, hätten 'unsere Karten aber nicht schlecht ausgesehen' über eine solche Zusage - im Gegenzug für Entgegenkommen von unserer Seite- zu verhandeln.
Ich denke, ich habe verstanden: Allein der Wahlvorstand entscheidet, wer zur Anzahl dazu gehört. Hierbei hat er sich nach dem Gesetz zu richten (und nicht danach, was BR und AG ggf. in einer BV/RA vereinbart haben). Sollte er dennoch eine BV/RA berücksichtigen, die offensichtlich gegen das Gesetz verstösst, geht er damit das Risiko ein, die gesamte Wahl zu gefährden, da diese innerhalb von 2 Wochen angefochten werden kann. Selbst wenn der AG vorher zusichern würde, dass er nicht dagegen vorgeht, gibt es keine andere sichere Grundlage außer das Gesetz an dem sich Gerichte orientieren, sollte der AG dann doch dagegen klagen.
Nun denn, jetzt gilt es also eine andere Strategie bis zur nächsten Wahl zu entwickeln.
Die Chancen, einige der von Leiharbeitern ausgeführten Arbeiten als feste zusätzliche Arbeitsplätze zu outen, stehen nicht schlecht. Aber bis zur nächsten Wahl gehen ja noch einige Jahre ins Land und da gilt es jetzt erst einmal alle die Baustellen zu schliessen, welche für die festen AN notwendige Besserung/Sicherung bedeuten...
Viele Grüsse an Euch Aurora