Franklin,
hier eine kleine Auswahl an Beispielen für Wahlanfechtung wegen Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften:
• nicht ordnungsgemäße Zusammensetzung des Wahlvorstands (BAG, Beschluss v. 14.9.1988, 7 ABR 93/87; LAG Nürnberg, Beschluss v. 30.3.2006, 6 TaBV 19/06[1]; LAG Hessen, Beschluss v. 6.2.2003, 9 TaBV 96/03),
• Wahl des Wahlausschusses durch falsches Gremium (BAG, Beschluss v. 21.7.2004, 7 ABR 57/03[2]),
• Durchführung der Wahl im vereinfachten Verfahren anstelle der erforderlichen regulären Wahl (BAG, Beschluss v. 19.11.2003, 7 ABR 24/03[3], bestätigend und zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung BAG, Beschluss v. 16.11.2005, 7 ABR 9/05[4]),
• Wahlausschreiben enthält falsche Angaben über die Wählbarkeitsvoraussetzungen (BAG, Beschluss v. 20.7.1982, 1 ABR 19/81) oder keine Angaben über den Umstand der Öffentlichkeit der Stimmenauszählung oder ihren Ort oder ihre Zeit (BAG, Beschluss v. 15.11.2000, 7 ABR 53/99[5]; Sächsisches LAG, Beschluss v. 14.6.2005, 2 TaBV 11/04[6]),
• Aushang des Wahlausschreibens nicht in allen Betriebsstätten, die zusammen einen Betrieb bilden (BAG, Beschluss v. 5.5.2004, 7 ABR 44/03[7]; LAG Hamm, Beschluss v. 3.5.2007, 10 TaBV 112/06),
• Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand (BAG, Beschluss v. 17.1.1978, 1 ABR 71/76; BAG, Urteil v. 19.11.2003, 7 ABR 25/03[8]; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 27.6.2007, 8 TaBV24/06; LAG Köln, Beschluss v. 13.2.2007, 9 TaBV 40/06),
• Angabe einer falschen Zahl zu wählender Betriebsratsmitglieder (BAG, Beschluss v. 12.10.1976, 1 ABR 14/76; BAG, Beschluss v. 21.7.2004, 7 ABR 38/03[9]; BAG, Beschluss v. 15.3.2006, 7 ABR 39/05), auch wegen fälschlicher Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern (BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 49/03[10]), Aushilfs-/Vertretungskräften (BAG, Beschluss v. 15.3.2006, 7 ABR 39/05; LAG München, Beschluss v. 18.1.2007, 4 TaBV 94/06; LAG Nürnberg, Beschluss v. 2.5.2005, 9 TaBV 1/04), Außendienstmitarbeitern (BAG, Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 36/03; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 18.4.2007, 8 TaBV 37/06) oder Fremdfahrer (selbstständige Frachtführer: BAG, Beschluss v. 21.7.2004, 7 ABR 38/03[11]) bei der Ermittlung der Betriebsgröße im Rahmen des § 9 BetrVG) oder Wahl der falschen Anzahl (LAG Hessen, Beschluss v. 3.5.2007, 9 TaBV 189/06),
• Gewährung von Einsicht in Wählerliste nur drei Stunden vormittags in einem Betrieb, in dem auch nachmittags gearbeitet wird (LAG Köln, Beschluss v. 16.1.1991, 2 TaBV 37/90),
• Zurückweisung eines ordnungsgemäßen Wahlvorschlags durch Wahlvorstand (LAG Hamm, Beschluss v. 7.7.1976, 3 TaBV 20/76),
• falsche Berechnung der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen (BAG, Beschluss v. 9.12.1992, 7 ABR 27/92[12]); die Frist endet am errechneten Tag stets um 24 Uhr, setzt der Wahlvorstand eine abweichende Tageszeit als Fristende fest, so wird die Wahl anfechtbar (LAG Hessen, Beschluss v. 31.8.2006, 9 TaBV 16/06[13]),
• Zulassung eines Wahlvorschlags ohne Zustimmungserklärung aller Bewerber in Schriftform -- vollständige Unterschrift ist erforderlich, eine Paraphe genügt nicht (LAG Hamm, Beschluss v. 20.5.2005, 10 TaBV 94/04),
• unterlassene Aufforderung des Wahlvorstands an einen "Doppelkandidaten" (unzulässige Kandidatur auf zwei konkurrierenden Listen), zu erklären, welche Bewerbung er aufrechterhalte (s. § 6 Abs. 7 S. 2 WO BetrVG); die Wahl soll auch dann unwirksam werden, wenn eine der beiden Vorschlagslisten ungültig ist (LAG München, Beschluss v. 25.1.2007, 2 TaBV 102/06);
• verspätete, nicht unverzügliche Prüfung eines eingegangenen Wahlvorschlags durch den Wahlvorstand, wenn der Wahlvorschlag sodann als unzulässig behandelt wird und der Listenvertreter nicht mehr innerhalb der Einreichungsfrist informiert wird (BAG, Beschluss v. 25.5.2005, 7 ABR 39/04[14]); der Wahlvorstand hat nach Ansicht von Obergerichten sogar kurz vor Ablauf der Einreichungsfrist Vorkehrungen zu treffen, damit er eingehende Wahlvorschläge möglichst sofort prüfen und die Listenvertreter über etwaige Mängel informieren kann, will er nicht die Anfechtbarkeit der Wahl riskieren (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 14.2.2007, 6 TaBV 27/06; ähnlich LAG Rheinland-Pfalz, 12.1.2007, 8 TaBV 55/06) - zu beachten ist allerdings auch, dass die Einreicher grundsätzlich das Risiko tragen, Fehler wegen einer erst kurz vor Ablauf der Einreichungsfrist eingereichter Wahlvorschläge nicht mehr rechtzeitig beheben zu können (LAG Rheinland-Pfalz a. a. O.),
• Rücknahme eines Wahlvorschlags durch Listenvertreter ohne Einverständnis aller auf der Vorschlagsliste verzeichneten Wahlbewerber und Unterstützer gegenüber dem Wahlvorstand und Durchführung der Wahl ohne Berücksichtigung der unwirksam zurückgenommenen Liste (LAG Niedersachsen, Urteil v. 28.6.2007, 14 TaBV 5/07),
• uneinheitlich gestaltete Stimmzettel entgegen § 11 Abs. 2 WOBetrVG (BAG, Beschluss v. 14.1.1969, 1 ABR 14/68),
• nicht den Anforderungen des § 12 WOBetrVG genügende Wahlurne - insbesondere unterbliebene Versiegelung nach Abschluss der Stimmabgabe, wenn die Stimmauszählung nicht unmittelbar folgt (BAG, Beschluss v. 14.9.1988, 7 ABR 79/87; LAG Hamm, Beschluss v. 1.6.2007, 13 TaBV 86/06); allerdings bejaht das LAG Hamm eine unmittelbar folgende Auszählung, wenn zwischen dem Schluss der Stimmabgabe 30 Minuten (hier: Mittagspause) lagen (LAG Hamm, Beschluss v. 20.5.2005, 10 TaBV 94/04),
• Gestattung der Briefwahl über die Fälle des § 24 WOBetrVG hinaus (BAG, Beschluss v. 27.1.1993, 7 ABR 37/92),
• Berücksichtigung von Stimmzetteln, die (auch durch den Wähler) mit besonderen Merkmalen versehen wurden, mit denen der Wähler identifiziert werden kann; Abgabe der Stimmzettel im Umschlag unter Beifügung von nicht individualisierten Merkblättern zur (Brief-)Wahl (LAG Hamm, Beschluss v. 1.6.2007, 13 TaBV 86/06),
• Abholung nicht individualisierter Freiumschläge (Briefumschlägen, die Briefwahlunterlagen enthalten) bei den Briefwählern durch Wahlvorstandsmitglied, das u. a. mit der Herstellung der Briefwahlunterlagen betraut war (LAG Hamm, Beschluss v. 1.6.2007, 13 TaBV 86/06),
• Ausgestaltung der Briefwahl abweichend von § 25 S.1 WOBetrVG (LAG Hamm, Beschluss v. 9.3.2007, 10 BaTV 105/06),
• Berücksichtigung unverschlossen beim Wahlvorstand eingehender Freiumschläge (LAG Köln, Beschluss v. 11.4.2003, 4 (13) TaBV 63/02),
• keine Information von ausländischen Arbeitnehmern, die der deutschen Sprache nicht für das Verständnis der Wahlvorschriften und des Wahlausschreibens ausreichend mächtig sind, in für sie verständlicher Sprache (BAG, Beschluss v. 13.10.2004, 7 ABR 5/04[15]) - kein Verstoß aber, wenn nicht dargelegt ist, dass die Ausländer der deutschen Sprache nicht mächtig sind und für ihre Einstellung (ohne Verletzung des AGG!) gute Deutschkenntnisse Voraussetzung sind (LAG München, Beschluss v. 27.2.2007, 8 TaBV 89/06),
• Einsichtnahme anderer als des Wahlvorstands oder der Wahlhelfer in die mit Stimmabgabevermerken versehene Wählerliste, insbesondere durch Wahlbewerber (BAG, Beschluss v. 6.12.2000, 7 ABR 34/99[16]),
• keine öffentliche Bekanntmachung von Ort und Zeitpunkt der Stimmauszählung im Betrieb (BAG, Beschluss v. 15.11.2000, 7 ABR 53/99[17]),
• nicht mindestens ein Mitglied des Wahlvorstands ist bei der Stimmenauszählung anwesend (LAG Berlin, Beschluss v. 16.11.1987, 12 TaBV 6/87),
• Stimmenauszählung teilweise außerhalb des bekannt gemachten Auszählungsraums in geschlossenem Raum, der nur auf Klingelzeichen geöffnet wird (LAG Berlin, Beschluss v. 16.11.1987, 12 TaBV 6/87).
• Wegen Wahlbeeinflussung oder Wahlbehinderung, dazu § 20.
Quelle: RA Dietmar Heise