Erstellt am 17.01.2022 um 10:42 Uhr von Enigmathika
ja, wenn nicht abzusehen ist, dass Ihr in Kürze wieder unter diese Marke fallt. Das BetrVG stellt auf die Mitarbeiterzahl ab, die "in der Regel" im Betrieb angestellt ist.
Wenn Ihr nicht genügend Kandidaten habt, kann jedoch auch ein kleinerer BR gewählt werden.
https://www.betriebsratswahl.de/betriebsratsgroesse
Erstellt am 17.01.2022 um 10:51 Uhr von celestro
Man kann z.B. auch 2 Leute zu je 50% freistellen, falls sich niemand findet, der sich komplett freistellen lassen möchte.
Erstellt am 17.01.2022 um 11:03 Uhr von Relfe
es "muss" allerdings keiner freigestellt werden, um die Frage dahingehend noch zu beantworten.
Es ist ein Recht das der Betriebsrat hat, aber nicht nutzen muss. Man kann auch gar nicht freistellen oder nur 1x 0,5, das geht alles.
Ob das Sinn macht weniger oder gar keinen freiszustellen, ist eine andere Frage, aber der "Arbeitsplatz" einer 100% freigestellten Person müsste ja durch einen weiteren MA besetzt werden.
Die Arbeit die der Freigestellte vorher gemacht hat, bleibt ja weiterhin zu erledigen.
Erstellt am 17.01.2022 um 11:24 Uhr von celestro
"es "muss" allerdings keiner freigestellt werden, um die Frage dahingehend noch zu beantworten."
Woraus sollte sich das ergeben?
Der Gesetzestext ist da eigentlich ziemlich eindeutig.
Erstellt am 17.01.2022 um 11:43 Uhr von Enigmathika
@Relfe:
die Freistellung ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht. §38 BetrvG sagt "ist freizustellen" nicht "kann auf Wunsch des BR freigestellt werden".
"aber der "Arbeitsplatz" einer 100% freigestellten Person müsste ja durch einen weiteren MA besetzt werden.
Die Arbeit die der Freigestellte vorher gemacht hat, bleibt ja weiterhin zu erledigen."
Das ist richtig. Darum muss sich der Arbeitgeber kümmern und ggf sogar jemanden dafür einstellen.
Erstellt am 17.01.2022 um 13:08 Uhr von Relfe
der AG hat die Pflicht freizustellen, wenn es einen BR gibt und dieses das möchte, das ist korrekt.
Aber der BR hat diese Pflicht nicht und die Frage war:
"Ist es Pflicht einen Betriebsrat mit 9 BR aufzustellen und muss einer davon freigestellt sein? "
Wen stellt man frei, wenn keiner will?
mal sehen wer jetzt behauptet: da war doch die Pflicht des AG gemeint?
--> dann hätte bei der Fragestellung der AG die Pflicht einen BR aufzustellen?
Erstellt am 17.01.2022 um 13:15 Uhr von takkus
"Aber der BR hat diese Pflicht nicht.." sehe ich aber völlig anders. Die Pflicht ergibt sich schon allein aus dem Wortlaut.
§ 38 Freistellungen
(1) Von ihrer beruflichen Tätigkeit SIND mindestens freizustellen.....
Lt Fitting kann zwar über eine BV oder einen TV eine andere Zahl der Freistellungen geregelt werden, ob das aber für nach oben und nach unten gilt, hab ich jetzt auf die Schnelle in der Kommentierung nicht gefunden.
Das es in den Betrieben mehr als oft anders gehandhabt wird ist mir aber auch bewusst.
Erstellt am 17.01.2022 um 13:23 Uhr von John_
@Relfe worauf stützt du deine Annahme? Im Gesetz steht "sind mindestens freizustellen" nicht "kann freistellen". Das ist eigentlich ziemlich eindeutig. Der Gesetzgeber hebt auch hervor, dass davon ausgegangen wird, dass ab einer bestimmten Anzahl von AN eine Freistellung notwendig ist damit ein BR seinen Verpflichtungen nachkommen kann. Keinen BR freizustellen kommt damit einer Pflichtverletzung gleich.
"Wen stellt man frei, wenn keiner will?"
Dafür gibts die Teilfreistellungen. Das nicht jeder seinen Beruf aufgeben will ist verständlich. Das ist aber etwas das man sich überlegen sollte wenn man sich als BR zur Wahl stellt.
Erstellt am 17.01.2022 um 13:29 Uhr von rtjum
und leider findet man immer wieder BRs in Deutschland die ihre Freistellungen nicht oder nur teils nutzen.
Wenn niemand im Gremium bereit ist dafür was will man dann machen?
Erstellt am 17.01.2022 um 13:47 Uhr von Relfe
@takkus
du siehst das anders, aber wenn willst Du freistellen, wenn keiner will?
Betriebsrat auflösen und neu wählen, geht auch nicht.
Klage einreichen? gegen wen?
@John:
z.B. auf die Freiwilligkeitsvoraussetzung des BRM:
"Die Kandidatur eines Betriebsratsmitglieds zur Freistellungswahl setzt voraus, dass das Mitglied damit einverstanden ist. Das Einverständnis des Betriebsratsmitglieds muss vor der Wahl vorliegen."
oder, weil der AG freistellt und nicht der BR, der BR legt kann nur festlegen wenn der AG freistellen soll
"Die Freistellung von Betriebsräten ist in § 38 BetrVG gesetzlich geregelt. Nach dieser Vorschrift sind bei einer bestimmten Anzahl von Arbeitnehmern im Betrieb eine bestimmte Anzahl von Betriebsatsmitgliedern von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen."
https://www.kluge-seminare.de/br-portal/wissen/betriebsratsmitglieder/freistellung-betriebsrat/
genau wie bei der BR-Wahl --> das muss bezieht sich auf den AG
der AG muss das dulden, aber wenn kein AN will, dann gibt es keinen BR und wenn kein BRM sich freistellen lassen will, dann gibt es keine Freistellung
Erstellt am 17.01.2022 um 14:52 Uhr von John_
Es ist richtig, dass das Gremium nicht einfach ein BRM gegen seinen Willen freistellen kann. Wenn sich niemand freiwillig meldet kann dann auch niemand freigestellt werden. Das heißt aber nicht, dass deshalb das Gremium als Ganzes fein raus ist. Den Pflichtverstoß begeht man dann trotzdem.
Das ein Arbeitsgericht deswegen einen Betriebsrat auflöst glaub ich weniger. Ich als Wähler würde mir aber das nächste mal überlegen, ob dieser BR von mir nochmal ein Kreuzchen bekommt.
Erstellt am 17.01.2022 um 14:54 Uhr von celestro
"Betriebsrat auflösen und neu wählen, geht auch nicht."
Wieso nicht?
Erstellt am 17.01.2022 um 15:33 Uhr von relfe
@celestro:
theoretisch ginge das natürlich schon, aber nur wenn der BR das für sich selbst macht per Beschluß, was aber wohl sehr unwahrscheinlich ist.
Die haben sich gerade alle wählen lassen und werden sich jetzt nicht selbst auflösen, nur weil sich keiner freistellen lassen möchte.
Ich habe die Erfahrung gemacht, das die wenigsten die sich zur BR-Wahl aufstellen lassen, auch eine Freistellung wollen, weil sie ja damit rechnen mal wieder "zurück" zu müssen und nicht dauernd freigestellt bleiben.
Wenn sich also alle die, die für das BR beworben hatten und gewählt wurden, aber keiner sich freistellen lassen will, wie willst Du dann die Selbstauflösung per BR-Beschluß hinbekommen? die haben doch alle was sie wollten: sie sind gewählte BRM, mehr wollten sie nicht, warum sollten die sich jetzt wieder selbst "entlassen" als BRM?
Eine gerichtliche Auflösung des BRM wird, nur weil sich keiner freistellen lassen möchte nicht angeordnet werden, weil es ja keine rechtliche Verpflichtung gibt als BR sich freistellen zu lassen.
Solange der BR seine Arbeit macht gibt es ja auch keinen Grund für eine "Auflösung"und dann sind die BRM eben nicht "grundsätzlich" freigestellt, sondern bedarfsgemäß zeitweise freigestellt.
@John:
und welchen Pflichtverstoß begehe ich als BRM, wenn das Gesetz mir "Freiwilligkeit" zugesteht?
Wird dann die Annahme meines Rechtes als Pflichtverstoß gewertet?
Da ist ein Gedankenfehler: nicht der BR hat freizustellen, der AG hat freizustellen, weil nur der AG freistellen kann --> er hat als AG ein Recht auf die Arbeitsleistung und der AN die Pflicht die Arbeitsleistung anzubieten.
Der BR kann also keinen BRM von der AV-Pflicht entbinden, das muss der Vertragspartner machen, das ist der AG. --> in diesem Fall wäre dann der AG der gesetzlich verpflichtet zur Freistellung
Der BR hat nur das Recht einen BRM vorzuschlagen und der AG muss das (in der Regel) akzeptieren und umsetzen.
Erstellt am 17.01.2022 um 16:00 Uhr von celestro
Ich war von dem Text im Fitting ausgegangen, der deutlich macht, dass ein Gremium auf die Freistellung nicht verzichten darf.
Das ArbG Nürnberg bzw. das LAG Nürnberg sehen das aber wohl anders (ehe so wie Du relfe):
"d. Nach alldem ist zweifelhaft, ob der Betriebsrat durch die Mitteilung, er könne keine freizustellenden Betriebsratsmitglieder wählen, überhaupt gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen hat (so aber wohl Fitting, a.a.O., § 38 Rn. 30). Jedenfalls ist ein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG, den der Arbeitgeber geltend machen könnte, nicht gegeben."
was ich ausgesprochen absurd finde. Es gibt Dinge im BetrVG, da steht "soll" und es ist ein "muss". Und dann gibt es Dinge wie hier, die sind als "muss" formuliert, aber am Ende interessiert es dann doch nicht, wenn man sich nicht daran hält.
Aber wie sagte ein bekannter RA mal in einer Schulung zu uns: "eines der Werke, die am Meisten überarbeitet werden müssten, ist das BetrVG".
Erstellt am 17.01.2022 um 18:10 Uhr von Dummerhund
Lies man aber das Urteil in der Begründung in Gänze erkennt man auch das dies eine Einzelfallentscheidung ist die auch in der Struktur des dort aufgeführten Betriebes geschuldet ist
Ein anderes Gericht kann bei anderen Umständen also ganz anders Entscheiden. Und noch zum Hinweis, hier können sich auch Wähler des Betriebsrates verprellt fühlen und den Verstoß nach § 23 BetrVG geltend machen.
Die Begründung des Betriebsrates oder einzelner Mitglieder auf die Freistellung zu verzichten, weil man sonst quasi aus dem Beruf raus ist, kann ein anderer Richter auch ganz anders sehen. Zum einem hat ein freigestelltes BRM einen Anspruch auf Schulungen die den ausgeübten Beruf betreffen, zum anderen hat der Betriebsrat die Möglichkeit nach einem gewissen Zeitraum einen Tausch des Frei zu stellenden vor zu nehmen.
Deshalb würde ich mich hier nicht auf diese Einzelfallentscheidung des Nürnberger Gerichtes verlassen.
Erst mal ist und bleibt es eine Pflicht des BR: was bei einem Verstoß am Ende bei raus kommt ist dann eine ganz andere Sache.
Erstellt am 18.01.2022 um 06:59 Uhr von Relfe
@Dummerhund
ich habe mir das auch durchgelesen und das Urteil sagt klar aus: es gibt keine gesetzliche Vorgabe, das BRM die Freistellung in Anspruch nehmen müssen:
"Kein einziges Betriebsratsmitglied sei hierzu bereit. Dieses Einverständnis des einzelnen Betriebsratsmitglieds sei jedoch Voraussetzung für die Auswahl der Freizustellenden nach § 38 BetrVG. Da diese Bereitschaft fehle, verstoße er - der Beteiligte zu 2.) - als Organ nicht gegen seine Pflichten, so dass der Auflösungsantrag ungerechtfertigt sei. Gesetzliche Vorgaben, dass die Freistellungen nach § 38 BetrVG in der vorgesehenen Form tatsächlich in Anspruch genommen werden müssten, beständen zudem nicht."
und weiter
"Eine Pflichtverletzung käme allenfalls dann in Betracht, wenn der Betriebsrat wegen der Nichtnennung von Freizustellenden seine gesetzlichen Aufgaben nicht ausüben könnte."
Erstellt am 18.01.2022 um 07:23 Uhr von John_
Dein vorletztes Zitat ist aus dem Antrag der Verteidigung, nicht die Begründung des Gerichts.
Das Gericht verweist in seiner Begründung immer wieder auf die Eigenart des Betriebs und der Beschäftigungsverhältnisse. In dem Gerichtsfall geht es um Zeitungsausträger mit einer geringen Anzahl an Wochenstunden die ihre BR Tätigkeit dann außerhalb der Arbeitszeit ausgeführt haben. Gerade deswegen erkennt das Gericht keinen groben Pflichtverstoß der eine Auflösung rechtfertigen würde. Ob es das bei einem 40 Stunden Job genauso sehen würde, würde ich mal bezweifeln.
Aufgrund von diesem Fall würde ich nicht pauschal sagen, dass ein BR niemand freizustellen hat.
Erstellt am 18.01.2022 um 08:55 Uhr von Dummerhund
Erstellt am 18.01.2022 um 09:17 Uhr von Relfe
https://www.anwalt.de/rechtstipps/betriebsraete-wollen-keine-freistellung-geht-das-194734.html
Erstellt am 18.01.2022 um 09:19 Uhr von Relfe
Denn bei der Freistellung nach § 38 BetrVG ist Zweck der Vorschrift, ein Funktionieren des Betriebsrates dadurch zu garantieren, dass sich Mitglieder von ihrer eigentlichen Arbeitspflicht freistellen lassen können. Eine Pflicht für Betriebsräte, sich gegen ihren Willen vollständig freistellen zu lassen, besteht nicht – vor allem nicht, wenn es zum Nachteil der Betroffenen wäre.
https://www.anwalt.de/rechtstipps/betriebsraete-wollen-keine-freistellung-geht-das-194734.html
Erstellt am 18.01.2022 um 09:27 Uhr von Dummerhund
@Relfe
Verabschiede dich doch mal von dem
" Eine Pflicht für Betriebsräte, sich gegen ihren Willen vollständig freistellen zu lassen, besteht nicht"
Das Gesetz bezieht sich erst einmal auf dem BR als Gremium.
Du bist schon bei dem Inhalt dem einzelnen BRM
Erstellt am 18.01.2022 um 10:15 Uhr von Relfe
@dummerhund
hast ja Recht, kann man auch trennen die beiden Themen: Ursache und Wirkung
das ist mit dieser Thematik so ein wenig wie:
Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin :-)