Hallo, Katzengold -
das Thema einheitlicher Betrieb - darum geht es letztendlich - ist m.E. eins der schwierigsten betriebsverfassungsrechtlichen überhaupt. Darum können wir nur versuchen, ein paar Aspekte herauszuarbeiten.
Die gemeinsame Geschäftsleitung ist für sich alleine noch kein Kriterium für einen einheitlichen Betrieb. In die Richtung geht es erst, wenn die betroffenen Unternehmen eine Produktionseinheit bilden, die z.B. per Ausgliederung getrennt wurden, aber für sich alleine genommen nicht bestehen könnten. Schon an der Stelle gibt's die erste Ausnahme: Dienstleistungen (z.B. die Wartungstechniker, Systemelektroniker, Zulieferer, Personalverwaltung, Gehaltsbuchhaltung usw.) kann ein Unternehmen durchaus separieren, ohne dass es einen einheitlichen Betrieb gibt, obwohl diese Mitarbeiter in den Produktionsablauf des Mutterunternehmens eingegliedert sind und Mitarbeiter beider Unternehmen immer wieder Tätigkeiten für das jeweils andere Unternehmen ausführen.
Der Betriebsrat des Mutterunternehmens kann den einheitlichen Betrieb annehmen und versuchen, die Kollegen des Tochterunternehmens mit zu vertreten. Nach meiner Erfahrung funktioniert das jedoch nur, wenn der Arbeitgeber den einheitlichen Betrieb selber anerkennt. Er kann - leider - jederzeit, sogar während eines Prozesses vor dem Arbeitsgericht zur Feststellung des einheitlichen Betriebs, die Kriterien ändern. Z.B. die gemeinsame Geschäftsleitung, Verträge, einfach alles, was auf den einheitlichen Betrieb hinweist.
Vielleicht ist der folgende Vorschlag ein Weg für Euch: Ihr beginnt Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Erklärt ihm, dass Ihr einen einheitlichen Betrieb seht. Dass Ihr das notfalls vor Gericht feststellen lassen wollt. Hört Euch an, welche Argumente der Arbeitgeber dagegen setzt. Sagt ihm, dass Ihr hier nur mit einem externen Sachverständigen weiterkommt (Kosten trägt der Arbeitgeber). Versucht, auf diese Weise eine Einigung mit dem Arbeitgeber zu erzielen. Entweder er akzeptiert den einheitlichen Betrieb und damit Eure BR-Zuständigkeit für das Tochterunternehmen - ggf. je nach Größe mit BR-Neuwahlen - oder er sieht zwei Betriebe. In dem Fall versucht Ihr (evtl. mit der Gewerkschaft), eine BR-Wahl in dem Tochterunternehmen einzuleiten. Gibt es zwei Unternehmen, müsst Ihr den Aspekt Arbeitnehmerüberlassung umfassend beachten (Werksverträge zwischen den Unternehmen anfordern, BR-Anhörung für die Leiharbeitnehmer usw.). Diese Alternativen kann man dem Arbeitgeber vorher schon mitteilen in den o.g. Verhandlungen und so darauf dringen, dass es für ihn wesentlich kostengünstiger wird, wenn es nur EIN Betriebsratsgremium gibt. Ansonsten muss er mit mehreren Gremien leben und möglicherweise mit einem Gesamt- oder sogar Konzernbetriebsrat. Auch das kann er vorher erfahren und sich überlegen, was ihn das alles kosten wird.
Sanktioniert werden kann so ein einheitlicher Betrieb bzw. u.U. auch der Gesamtbetriebsrat, wenn sich's nicht so eindeutig verhält wie im BetrVG beschrieben, z.B. durch den Abschluss eines Tarifvertrages nach § 3 BetrVG - bitte mit Rechtsanwälten / Sachverständigen und dann auch Gewerkschaft. Auch diesen Vorschlag kann man dem Arbeitgeber machen.
Ein anderer Weg ist die Annahme des Wahlvorstands, dass ein einheitlicher Betrieb vorliegt. Er kann die BR-Wahlen so einleiten, dass die Mitarbeiter des Tochterunternehmens mitwählen dürfen. Dieser Weg birgt jedoch die Gefahr der Wahlanfechtung bis hin zur evtl. Nichtigkeit des neu gewählten BR und ist nicht unbedingt empfehlenswert. Damit kann man aber auch gut drohen, um Verhandlungen zu erzwingen.
Vielleicht war eine Anregung für Euch dabei.
Gruß von Saxonia