In unserem Betrieb (rund 25 Mitarbeiter/innen) haben wir ein Arbeitsumfeld mit dem eigentlich alle glücklich sind: Wir haben frei einteilbare Arbeitszeiten, machen nach Belieben Homeoffice, bringen Hunde mit ins Büro und treffen uns auch mal abends hier um gemeinsam Bier zu trinken.
Gleichzeitig sind wir Teil einer größeren Firma (>200 Mitarbeiter/innen), deren andere Teile auf verschiedene Standorte verteilt sind. Die Personalverwaltung ist beispielsweise woanders angesiedelt. Die Wege sind aber immer sehr kurz, selbst unsere obersten Chefs sind eigentlich immer für alle ansprechbar und reagieren.
Nun hat die Personalabteilung Änderungen angekündigt, die für Unruhe gesorgt haben. So entstand die Idee, einen Betriebsrat zu gründen- eher als prophylaktische Maßnahme, falls diese Änderungen problematisch sein sollten und um Leuten eine Angebot zu machen, die eigene Probleme lieber auch mal mit gewählten Vertrauensleuten als immer mit Vorgesetzten besprechen wollen.
Unsere Geschäftsführung und die Personalabteilung hat auf dieses Vorhaben nun verständlicherweise irritiert und etwas "aufgescheucht" reagiert. Einerseits fragen sie sich, weshalb wir diese Bedenken nicht schon vorher thematisiert haben, andererseits stellen sie sich auf den Standpunkt, dass wir mit einem Betriebsrat Änderungen notwendig machen, die unseren eigenen Interessen in vielen Bereichen entgegenlaufen. Denn wir wollen die Kultur nicht verändern und mehr Dinge geregelt wissen- gerade das Ungeregelte und die Rücksichtnahme auf individuelle Bedürfnisse machen die Arbeit hier attraktiv. Gleichzeitig sagt die Geschäftsführung, dass sie bei Vorhandensein eines Betriebsrats nicht mehr "ungezwungen" mit uns diskutieren können, weil sie formell oft den Weg über den Betriebsrat gehen *müssen*.
Mich würde Eure Meinung zu der Situation interessieren. Mein momentaner Standpunkt sieht ungefähr so aus: Ich glaube nicht, dass ein Betriebsrat zwingend Regelungen zu Arbeitszeit etc. produziert. Die individuellen Freiheiten müssen davon nicht berührt werden, die Kultur muss sich nicht verändern. Aber sie würde es vermutlich, weil die Geschäftsführung sich genötigt sähe, klare Regelungen zu treffen um rechtlich abgesichert zu sein (und vielleicht auch, um anderen Abteilungen deutlich zu machen, dass ein Betriebsrat negative Folgen hat). Deshalb sollten wir den BR erst gründen, wenn wirklich Probleme auftauchen und bis dahin damit leben, dass die Möglichkeiten der Gegenwehr bei schnell umgesetzten Maßnahmen (also bspw. individuellen Kündigungen) sehr begrenzt sind.
Wie seht Ihr das? Übersehe ich etwas wesentliches?