Neuwahl des Betriebsrats außerhalb der regulären Wahlperiode

Autor: Dr. Achim Lacher

Die Wahl der Betriebsräte findet gemäß § 13 Abs. 1 BetrVG regelmäßig alle vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Mai statt. Die nächsten Wahlen finden im Jahr 2026 statt.

Manchmal machen es aber besondere Umstände notwendig, dass außerhalb dieser festgelegten Zeit Betriebsräte neu gewählt werden müssen.

Im Folgenden finden Sie eine übersichtliche Auflistung, in welchen Situationen Sie den Betriebsrat neu wählen müssen und was genau dann zu tun ist.

Sinn der Regelung einer festgelegten Wahlperiode ist es, die organisatorische Vorbereitung der Wahl insbesondere dadurch zu erleichtern, dass die Möglichkeit eröffnet wird, rechtzeitig und generell Formulare und sonstige Drucksachen beispielsweise durch die Gewerkschaften erstellen zu lassen. Außerdem erhalten die Gewerkschaften und Verbände so die Möglichkeit, ihre Mitglieder rechtzeitig vor der Wahl angemessen zu schulen.

Die Gründe für eine Neuwahl des Betriebsrats außerhalb der regulären Wahlperiode hat der Gesetzgeber in § 13 Abs. 2 BetrVG festgelegt.

7 Fälle, in denen der Betriebsrat neu gewählt werden muss

Gründe für die Neuwahl eines Betriebsrats:

Ende der Amtszeit des bestehenden Betriebsrats

Wenn die Amtszeit des bestehenden Betriebsrats nach vier Jahren vorbei ist, muss ein neuer Betriebsrat gewählt werden (§ 13 Abs. 1 BetrVG). Denn alle vier Jahre finden die regulären Betriebsratswahlen statt.

Veränderung der Mitarbeiterzahl

Wenn sich die Anzahl der Mitarbeiter nach Ablauf von zwei Jahren seit der letzten Wahl (gerechnet ab dem letzten Wahltag) um mindestens 50 Arbeitnehmer erhöht oder vermindert hat, müssen neue Wahlen eingeleitet werden.

Die Zweijahresfrist wurde gewählt um ein erhöhtes Maß an Rechtssicherheit zu schaffen, indem verhindert wird, dass unmittelbar nach der erfolgten regulären Betriebsratswahl eine neue Wahl stattfinden muss.

Der Stichtag wurde demnach so gelegt, dass er in die Mitte der regulären, vierjährigen Amtszeit fällt. Für die Feststellung der Beschäftigten sind die üblichen Regeln des Betriebsverfassungsgesetzes heranzuziehen, d.h. es kommt auf die Anzahl der „in der Regel“ im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an.

Kurzfristige Veränderungen sind hierbei nicht zu berücksichtigen.

Anzahl der verbleibenden Betriebsratsmitglieder zu gering

Dieser Grund dürfte den Großteil der Neuwahlen außerhalb der regulären Wahlperiode verursachen.

Erfahrungsgemäß sind neue Mitglieder des Betriebsrats häufig überrascht von der Vielzahl der auf sie zukommenden Aufgaben und dem bisweilen schwierigen Ausgleich der Interessen von Arbeitnehmern und Arbeitgeber. Daher verringert sich die Anzahl der Betriebsratsmitglieder und Nachrücker im Laufe der Zeit.

Ein Betriebsrat der jedoch seiner Größe nach der Größe des Unternehmens nicht mehr angemessen ist, ist nicht geeignet, die Arbeitnehmer hinreichend zu vertreten, weswegen in diesem Fall eine Neuwahl angezeigt ist.

Die Neuwahl des Betriebsrats ist laut § 13 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG dann erforderlich, wenn die Anzahl der Betriebsratsmitglieder nach dem Aufrücken der zur Verfügung stehenden Ersatzmitglieder unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl gesunken ist.

Beispiel: In Ihrem Unternehmen sind laut Gesetz fünf Betriebsratsmitglieder vorgeschrieben, in Ihrem Gremium sind aber nur noch vier feste Mitglieder und es gibt keine Ersatzmitglieder mehr. In diesem Fall müssen Neuwahl initiiert werden.

Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn eine große Anzahl an Mitgliedern des Betriebsrats und Ersatzmitgliedern ihr Amt niederlegt oder aus dem Unternehmen ausscheidet.

Rücktritt des Betriebsrats

Stimmt die Mehrheit des Betriebsratsgremiums für einen geordneten Rücktritt, muss der Betriebsrat neu gewählt werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 3).

Hierbei ist zu beachten, dass die absolute Mehrheit des Gremiums diesen Beschluss fassen muss, nicht die relative Mehrheit der am betreffenden Tag in der Sitzung anwesenden Betriebsratsmitglieder.

 

Erfolgreiche Anfechtung der Wahl

Sollten beim Wahlvorgang gravierende Fehler passiert sein, z.B. in Form einer Pflichtverletzung und die Wahl wird daraufhin erfolgreich angefochten, so muss ebenfalls eine Neuwahl des Betriebsrats eingeleitet werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 4).

Wann und wie eine Betriebsratswahl angefochten werden kann, lesen Sie hier!

Rechtskräftige Auflösung des Betriebsrats

Hat der Betriebsrat massiv gegen seine gesetzlichen Pflichten verstoßen, kann er durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst werden. War dies der Fall, dann muss ebenfalls neu gewählt werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 5).

Allerdings ist zu beachten, dass der Ausschluss einzelner Betriebsratsmitglieder, bzw. die Auflösung des gesamten Betriebsrats nur für die jeweilige Amtszeit gilt. Niemand kann also die Mitglieder des gerade aufgelösten Betriebsrats daran hindern, sich bei der Neuwahl wieder aufstellen zu lassen (ob das allerdings eine gute Idee ist, ist eine andere Frage)

Im Betrieb gibt es bisher noch keinen Betriebsrat

Wenn es in Ihrem Betrieb bisher noch gar keinen Betriebsrat gab, die erforderliche Arbeitnehmeranzahl aber bereits erreicht wurde,

kann jederzeit ein neuer Betriebsrat gewählt werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 6).

Die Arbeitnehmer, die beabsichtigen, einen Betriebsrat zu gründen, müssen also nicht warten, bis die nächste reguläre Betriebsratswahl stattfinden würde. Sie können jederzeit einen Betriebsrat wählen.

Falls Sie sich in dieser Situation befinden, haben wir Ihnen hier einen Leitfaden zur Betriebsratsgründung zusammengestellt:

Mehr zur Gründung eines Betriebsrats

Amtszeit des außerhalb der regulären Wahlperiode gewählten Betriebsrats

Mit der Wahl des Betriebsrats außerhalb der regulären Amtszeit stellt sich natürlich die Frage, wie lange die Amtszeit dieses Betriebsrats dauert.

Hier hätte es verschiedene Lösungsmöglichkeiten gegeben, beispielsweise diejenige, dass ein außerhalb der regulären Wahlzeit gewählter Betriebsrat eben alle vier Jahre weiterhin außerhalb der regulären Wahlzeit gewählt wird.

Wie oben dargestellt haben allerdings die Verbände, insbesondere die Gewerkschaften ein berechtigtes Interesse daran, dass die Masse der Betriebsratswahlen zu einem einheitlichen Zeitpunkt stattfindet.

Daher legt der Gesetzgeber in § 13 Abs. 3 BetrVG fest, dass der außerhalb des Zeitraums der regulären Betriebsratswahl gewählte Betriebsrat in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu zu wählen ist.

Die nächste regelmäßige Betriebsratswahl findet im Jahr 2026 statt.

Wäre also ein Betriebsrat im Jahr 2023 (also ein Jahr nach der regulären Betriebsratswahl 2022) gewählt worden, so müsste in diesem Unternehmen die nächste Betriebsratswahl im Jahr 2026 stattfinden, sodass die Amtszeit dieses Betriebsrats auf drei Jahre verkürzt worden wäre.

Es gibt allerdings eine Ausnahme: Wenn die Amtszeit des Betriebsrats zu Beginn des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums noch nicht ein Jahr betragen hat, wird erst in dem übernächsten Zeitraum der regelmäßigen Betriebsratswahlen neu gewählt (wäre also ein Betriebsrat im Herbst 2021 gewählt worden, so würde dessen Amtszeit bis zur regelmäßigen Betriebsratswahl 2026 andauern). Dies regelt § 13 Abs. 3 Satz 2 BetrVG.

Hierdurch soll gewährleistet werden, dass der Betriebsrat eine angemessen lange Zeit im Amt ist und sich bei den Wählern keine Wahlmüdigkeit einstellt.

Wir müssen Neuwahlen durchführen - und jetzt?

Müssen in Ihrem Betrieb Neuwahlen durchgeführt werden, hat zunächst der alte Betriebsrat den Wahlvorstand zu bestellen und vorläufig seine Geschäfte fortzuführen. Kommt er dieser Aufgabe nicht nach, setzt nach § 16 Abs. 3 BetrVG der Gesamtbetriebsrat den Wahlvorstand ein. Der Wahlvorstand hat die Neuwahlen mit dem Aushang des Wahlausschreibens einzuleiten. Der neu gewählte Betriebsrat bleibt schließlich bis zum Zeitpunkt der nächsten regulären Wahl im Amt. Würde die Amtszeit des neu gewählten Betriebsrat unter einem Jahr betragen, bis die nächsten regulären Wahlen stattfinden, bleibt der Betriebsrat im Amt und es wird erst zum übernächsten Wahlturnus wieder gewählt (§ 13 Abs. 3). Werden keine Neuwahlen eingeleitet, bleibt der Betriebsrat bestehen und führt die Geschäfte bis zum Ablauf seiner regelmäßigen Amtszeit weiter.

Alles, was Sie wissen müssen, um die neue Wahl einzuleiten, finden Sie unter dem Punkt "Wahlwissen" oder indem Sie folgenden Button anklicken:

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Wenn in Ihrem Betrieb eine Neuwahl außerhalb des regelmäßigen Wahlzeitraums ansteht, lernen Sie in diesem Seminar alles, was Sie darüber wissen müssen. Sie erhalten praktische Tipps, um die BR-Wahl rechtssicher vorbereiten und durchführen zu können.

Autor

Dr. Achim Lacher

Rechtsanwalt Dr. Achim Lacher ist nach Studium und Promotion in Würzburg seit 1997 als Rechtsanwalt zugelassen. Er berät und vertritt bundesweit Betriebsräte, Arbeitnehmer und Unternehmen in betriebsverfassungsrechtlichen und individualarbeitsrechtlichen Angelegenheiten. Seit 2010 ist er als …

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