Rechtsfolgen der verspäteten Einladung zu einer Betriebsversammlung zwecks Wahl eines Wahlvorstands

LAG Hamm 10 TaBV 109/11 vom 13. Apr. 2012

Leitsatz

Die nicht rechtzeitige Einladung zur Betriebsversammlung zwecks Wahl eines Wahlvorstands nach § 17 BetrVG kann zur Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl führen, wenn nicht sichergestellt ist, dass alle Arbeitnehmer des Betriebes von ihr Kenntnis nehmen können und dadurch die Möglichkeit erhalten, an der Betriebsversammlung teilzunehmen und an der Wahl des Wahlvorstandes mitzuwirken.

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 31.08.2011 6 BV 17/11 wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt in B1 einen Veranstaltungsbetrieb (Diskothek, Konzerte u.a.) mit ca. 116 Arbeitnehmern/innen. Die Arbeitnehmer sind tätig als Thekenpersonal, in der Haustechnik, in der Buchhaltung, in der Werbung, als Servicekräfte, im Sanitärdienst, als Kassenpersonal, als Disc-Jockey (DJ), als Licht-Jockey (LJ), als Promotor, als Sicherheitspersonal (Türsteher), in der Garderobe und in der Küche. Bei den Beschäftigten der Arbeitgeberin handelt es sich zum weitaus überwiegenden Teil um Teilzeitkräfte im geringfügig beschäftigten Bereich, insbesondere Schüler und Studenten.

Im Betrieb der Arbeitgeberin gab es bislang keinen Betriebsrat.

Unter dem 19.10.2010 luden drei Arbeitnehmer der Arbeitgeberin per Aushang, der an zwei Stellen im Betrieb erfolgte, zu einer Betriebsversammlung am 31.10.2010 um 19.45 Uhr in den Betriebsräumlichkeiten ein, um die Möglichkeit einer Betriebsratswahl zu besprechen und gegebenenfalls einen Wahlvorstand zu bestellen. Auf den Inhalt des Aushanges vom 19.10.2010 (Bl. 13 d. A.), der am Nachmittag des 19.10.2010 erfolgte, wird Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 19.10.2010 (Bl. 14 d. A.) bat die Arbeitgeberin die Initiatoren, den Termin der Betriebsversammlung zu verschieben, da er in die Vorbereitungsphase der Halloween-Party fiel. Nachdem einer der Unterzeichner des Aushanges vom 19.10.2010 der Arbeitgeberin mitgeteilt hatte, die Änderung des Termins für die Betriebsversammlung müsse zunächst abgestimmt werden, teilten die Initiatoren der Arbeitgeberin am 25.10.2010 mit, dass der Termin für die Betriebsversammlung vom 31.10.2010 auf 18.00 Uhr vorverlegt worden sei.

In den schriftlichen Aushängen wurde daraufhin am 25.10.2010 handschriftlich die Uhrzeit geändert. Wie deutlich die Änderung vorgenommen worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Parallel zu den beiden Aushängen der Einladung vom 19.10.2010 zur Betriebsversammlung vom 31.10.2010 hatten die Initiatoren den Mitarbeiter R1, dessen Zuständigkeit im Betrieb der Arbeitgeberin streitig ist, gebeten, das Einladungsschreiben per E-Mail an alle Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu versenden, soweit dieser über E-Mail-Adressen verfügte. Dieser Bitte kam der Mitarbeiter R1 sowohl für die ursprüngliche Einladung vom 19.10.2010 als auch für die in der Uhrzeit geänderte Einladung nach, soweit er über E-Mail-Adressen verfügte. Auf den entsprechenden E-Mail-Verkehr (Bl. 89 ff. d. A., 149, 150 d. A.) wird Bezug genommen. In den vom Mitarbeiter R1 versandten E-Mails bat dieser alle Koordinatoren der Arbeitgeberin, die Informationen innerhalb des jeweiligen Teams weiterzuleiten, da ihm nicht alle E-Mail-Adressen vorlägen bzw. nicht mehr aktuell seien.

Nach den Recherchen der Arbeitgeberin gingen die entsprechenden E-Mails des Mitarbeiters R1 ca. 56 Mitarbeitern der Arbeitgeberin zu.

In dem Zeitraum vom 19. bis zum 30.10.2011 gab es im Betrieb der Arbeitgeberin sechs Öffnungstage:

Freitag, 22.10.2011 Disco

Samstag, 23.10.2011 Disco

Mittwoch, 27.10.2011 Konzert

Donnerstag, 28.10.2011 Konzert

Freitag, 29.10.2011 Konzert und Disco

Samstag, 30.10.2011 Disco

Ob alle Mitarbeiter der Arbeitgeberin von der für den 31.10.2010 geplanten Betriebsversammlung und der geänderten Uhrzeit Kenntnis nehmen konnten, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Die Betriebsversammlung wurde am 31.10.2010, beginnend um 18.22 Uhr, abgehalten. Zu Beginn der Betriebsversammlung waren 43 Personen erschienen. Eine Teilnehmerin war nicht Arbeitnehmerin der Arbeitgeberin, sondern freie Mitarbeiterin.

Im Verlaufe der Versammlung erschienen vier weitere Personen.

Auf der Betriebsversammlung wurde ein fünfköpfiger Wahlvorstand mit folgendem Abstimmungsergebnis gewählt:

"Vorschlag 1: pro: ca. 46 contra: 0 Enthaltungen: 1

Vorschlag 2: pro: ca. 46 contra: 0 Enthaltungen: 1

Vorschlag 3: pro: ca. 45 contra: 0 Enthaltungen: 2

Vorschlag 4: pro: ca 43 contra: 0 Enthaltungen: 4

Vorschlag 5: pro: ca. 45 contra: 0 Enthaltungen: 2"

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll der Betriebsversammlung vom 19.10.2010 (Bl. 15 ff. d. A.) Bezug genommen.

Nach Beendigung der Betriebsversammlung erschienen gegen 19.45 Uhr weitere Mitarbeiter, um an der Betriebsversammlung teilzunehmen.

Am 11./12.03.2011 fand sodann im Betrieb der Arbeitgeberin die Wahl eines siebenköpfigen Betriebsrats statt. Am 13.03.2011 wurden die Stimmen ausgezählt. Auf das Protokoll zur Stimmauszählung vom 13.03.2011 (Bl. 8 ff. d. A.) und die Wahlniederschrift vom 14.03.2011 (Bl. 10 ff. d. A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 17.03.2011 (Bl. 12 d. A.), der Arbeitgeberin zugegangen am 19.03.2011, wurde der Arbeitgeberin eine Abschrift der Wahlniederschrift übersandt.

Die konstituierende Sitzung des Betriebsrats fand daraufhin am 25.03.2011 statt.

Mit dem am 28.03.2011 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte die Arbeitgeberin die Nichtigkeit und die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 geltend.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Betriebsratswahl sei nichtig. Der Wahlvorstand sei grob gesetzwidrig bestellt worden.

Zunächst habe eine nicht teilnahmeberechtigte freie Mitarbeiterin an der Betriebsversammlung vom 19.10.2010 teilgenommen.

Darüber hinaus sei zu dieser Betriebsversammlung nicht ordnungsgemäß eingeladen worden. Durch die Vorverlegung des Termins, die erst sechs Tage vor dem Termin bekannt gegeben worden sei, sei die Einladung nicht ordnungsgemäß erfolgt. Nicht alle Mitarbeiter hätten von der geplanten Betriebsversammlung, insbesondere nicht von der geänderten Uhrzeit Kenntnis nehmen können. Hierzu hat die Arbeitgeberin behauptet, die handschriftliche Änderung der Uhrzeit in den ausgehängten Einladungen sei sehr klein und kaum leserlich gewesen. Da ein nicht geringer Teil der Belegschaft im zweiwöchigen Rhythmus arbeite, sei die Einhaltung einer zweiwöchigen Einladungsfrist geboten gewesen. Selbst die gesetzliche Mindestfrist für die Einladung von sieben Tagen sei hinsichtlich der geänderten Uhrzeit für die Betriebsversammlung nicht eingehalten worden.

Die vom Mitarbeiter R1 versendeten E-Mails hätten auch lediglich ca. 50 % der Belegschaft erreicht.

Zumindest sei die Betriebsratswahl aus den genannten Gründen anfechtbar.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

festzustellen, dass die am 11. und 12.03.2011 durchgeführte Betriebsratswahl nichtig ist,

hilfsweise, die Betriebsratswahl vom 11. und 12.03.2011 für unwirksam zu erklären.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dass ein Fehler im Wahlvorgang des Wahlvorstandes weder die Nichtigkeit noch die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl begründen könne, da eine Kausalität zwischen einem Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften und dem Wahlergebnis nicht gegeben sei. Die von der Arbeitgeberin gerügten Fehler hätten nicht zu einer Änderung des Wahlergebnisses geführt.

Zu der Betriebsversammlung vom 19.10.2010 sei ordnungsgemäß eingeladen worden. Der handschriftliche Vermerk über die Änderung der Uhrzeit der Betriebsversammlung in den Aushängen im Betrieb der Arbeitgeberin sechs Tage vor der Versammlung sei ausreichend gewesen, da in den nachfolgenden Tagen bis zur Durchführung der Wahlversammlung diverse Veranstaltung im Betrieb stattgefunden hätten. Alle Mitarbeiter der Arbeitgeberin hätten von der geänderten Uhrzeit Kenntnis nehmen können. Die Initiatoren der Betriebsversammlung hätten zudem den Mitarbeiter R1, der nach ihrer Auffassung die Position als Personalleiter im Betrieb der Beklagten bekleidet hätte, um Weiterleitung der Einladungen zur Betriebsversammlung einschließlich der Änderung der Uhrzeit per E-Mail gebeten. Dieser Bitte sei der Mitarbeiter R1 unstreitig nachgekommen. Die Initiatoren seien daher davon ausgegangen, dass sämtliche Arbeitnehmer der Arbeitgeberin durch den Mitarbeiter R1 informiert worden seien.

Mit Ausnahme von zwei Mitarbeitern, die zu spät zu der Betriebsversammlung erschienen seien, seien weder gegenüber dem Wahlvorstand noch gegenüber dem Betriebsrat Beschwerden von anderen Mitarbeitern des Inhalts erhoben worden, sie hätten nicht rechtzeitig von der Vorverlegung der Betriebsversammlung erfahren.

Das Arbeitsgericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 22.06.2011 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen R1. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, so wie es in der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 31.08.2011 (Bl. 52 ff. d. A.) niedergelegt ist, wird Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 31.08.2011 hat das Arbeitsgericht sodann den Antrag der Arbeitgeberin auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 abgewiesen, dem Anfechtungsantrag der Arbeitgeberin jedoch stattgegeben und die Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 für unwirksam erklärt. Zur Begründung der Stattgabe des Anfechtungsantrages hat es ausgeführt, dass der Wahlvorstand auf der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 nicht ordnungsgemäß gewählt worden sei, weil die Einladung zu dieser Betriebsversammlung nicht nach den §§ 17 Abs. 2 und 3 BetrVG ordnungsgemäß erfolgt sei. Zwar könne offen bleiben, ob hinsichtlich der Einladungsfrist in analoger Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 2 WahlO 2001 eine Einladungsfrist von mindestens sieben Tagen einzuhalten gewesen sei. Aufgrund der Besonderheiten des Betriebes der Arbeitgeberin sei eine Frist von regelmäßig zwei Wochen einzuhalten, weil unstreitig ein Teil der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin nur alle 14 Tage zur Arbeit im Betrieb erschiene. Diese Frist sei jedenfalls hinsichtlich der Vorverlegung der Uhrzeit der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 nicht eingehalten. Eine ausreichende Einladung zur Wahlversammlung sei auch nicht per E-Mail an alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberin erfolgt. Dies ergebe sich aus der durchgeführten Beweisaufnahme. Die E-Mails des Mitarbeiters R1 hätten lediglich ca. die Hälfte der Mitarbeiter der Arbeitgeberin erreicht. Die möglicherweise erfolgte mündliche Mitteilung der Einladung zur Betriebsversammlung durch die Koordinatoren der Arbeitgeberin habe nicht ausreichend sichergestellt, dass alle Mitarbeiter über die Wahlversammlung informiert worden seien. Aufgrund dieses Fehlers bei der Einladung der zur Betriebsversammlung sei die Möglichkeit der Änderung des Wahlergebnisses nicht auszuschließen.

Gegen den dem Betriebsrat am 19.09.2011 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 12.12.2011 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet. Gleichzeitig hat er wegen Versäumung der Beschwerde- und der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Im Verlaufe des Anfechtungsverfahrens hat die Arbeitgeberin gegenüber drei gewählten Betriebsratsmitgliedern Kündigungen ausgesprochen, die Gegenstand von Kündigungsschutzverfahren beim Arbeitsgericht sind (1 Ca 2928/11, 3 Ca 2929/11, 1 Ca 3108/11 Arbeitsgericht Bielefeld).

Unter Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen (Bl. 95 ff. d. A.) und Auszügen aus dem Fristenkalender (Bl. 147, 185 ff. d. A.) ist der Betriebsrat der Auffassung, ihm müsse Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerde- und der Beschwerdebegründungsfrist gewährt werden. Weder dem Betriebsrat noch seinem Verfahrensbevollmächtigten könne die Versäumung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist vorgeworfen werden. Der für den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zuständige Sekretariatsleiter, Herrn N1, sei zum Zeitpunkt der Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses am 19.09.2011 in Erholungsurlaub gewesen. Vertreten werde er durch den Sekretariatsleiter von Rechtsanwältin S2, Herrn S3, der seit dem Jahre 2000 in der Rechtsanwaltskanzlei des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats beschäftigt sei. Bei ihm handele es sich um einen ausgesprochen zuverlässigen Mitarbeiter, dem noch nie ein Fehler im Umgang mit den Verfahrensanweisungen für Fristen unterlaufen sei. Herr S3 sei mit den in der Kanzlei bestehenden Verfahrensanweisungen für den Umgang mit fristauslösenden Schriftstücken, insbesondere Urteilen und Beschlüssen, aufgrund seiner langjährigen Praxis vertraut. Aufgrund seiner besonderen Zuverlässigkeit und sehr guten Fachkenntnisse sei er auch seit mehr als fünf Jahren dafür zuständig, den kanzleiinternen zusätzlichen Unterricht für die Auszubildenden zum Rechtsanwaltsfachangestellten durchzuführen. Herr S3 schule diese Auszubildenden einmal wöchentlich. Herr S3 habe sämtliche in der Praxis bestehenden Verfahrensanweisungen in der Vergangenheit beachtet. Dies hätten die regelmäßigen Kontrollen von Frau Rechtsanwältin S2 immer bestätigt.

Aus nicht nachvollziehbaren Gründen habe Herr S3 bei Eingang des erstinstanzlichen Beschlusses vom 31.08.2011 am 19.09.2011 zwar die Fristen zutreffend berechnet und auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld in der Handakte notiert (Bl. 195 d. A.). Diese Fristen habe er jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht im Fristenkalender notiert. Nachdem dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats bei Eingang des Beschlusses des Arbeitsgerichts Bielefeld die Handakte mit dem Beschluss des Arbeitsgerichts am 19.09.2011 vorgelegt worden sei, habe dieser kontrolliert, ob die Fristen richtig berechnet worden seien, sodann das Empfangsbekenntnis unterzeichnet und in die Ausgangspost gegeben. Mit dem gewählten Betriebsratsvorsitzenden sei abgesprochen gewesen, dass Rechtsmittel der Beschwerde einzulegen, um zumindest den Eintritt der Rechtskraft zu verhindern und damit die zumindest vorläufige weitere Existenz des Betriebsrats zu sichern. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats habe sich anschließend darauf verlassen und auch verlassen können, dass ihm die Akten an den Tagen, die auf dem Beschluss in der Handakte als Frist notiert gewesen seien, wieder vorgelegt würden. Mangels Fristeintragung im Fristenkalender sei dies jedoch nicht geschehen. Allein die Nichteintragung der Fristen in den Fristenkalender habe dazu geführt, dass der Ablauf der Beschwerde- und der Beschwerdebegründungsfrist dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nicht aufgefallen sei.

Auch die Streitwertmitteilung des Arbeitsgerichts vom 19.09.2011 habe keinen Anlass geboten, die Notierung der Fristen noch einmal zu kontrollieren, weil sie bereits vorher kontrolliert worden seien. Weil der vom Arbeitsgericht mitgeteilte Gegenstandswert in Ordnung gewesen sei, hätten keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen, dementsprechend sei auch keine weitere Fristnotierung erfolgt.

In der Sache ist der Betriebsrat unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens der Auffassung, dass ein Grund für die Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 nicht gegeben sei.

Nur ein Verstoß gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht könne zur Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl führen. Selbst das Arbeitsgericht gehe davon aus, dass das Gesetz in § 17 BetrVG keine besonderen Fristen und auch keine Formvorschriften für die Einladung zu einer Betriebsratswahl vorsehe. Insoweit könne der Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach ein Aushang mindestens für 14 Tage erforderlich gewesen wäre, nicht gefolgt werden. Auch wenn im Betrieb der Arbeitgeberin eine hohe Anzahl von Mitarbeitern in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen stehe und nur wenige Stunden in der Woche im Betrieb der Arbeitgeberin arbeite, sei die Verfahrensweise der Initiatoren hinsichtlich der Einladung zur Betriebsversammlung vom 31.10.2010 ausreichend gewesen. Soweit das Arbeitsgericht davon ausgehe, dass sichergestellt werden müsse, dass alle Arbeitnehmer über das Stattfinden der Wahlversammlung informiert würden, gehe dies zweifellos zu weit. Die Initiatoren zur Wahl eines Wahlvorstandes hätten nicht alle Arbeitnehmer im Betrieb gekannt, sie hätten erst Recht nicht deren Arbeitsrhythmus und deren arbeitsvertragliche Vereinbarungen gekannt. Es müsse berücksichtigt werden, dass es nicht um die Betriebsratswahl selber, sondern um die Einleitung und Vorbereitung dazu gegangen sei. Diese dürfe nicht durch unnötig strenge Anforderungen erschwert werden. Auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles hätten die Initiatoren alles getan, um alle Mitarbeiter der Arbeitgeberin zu der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 einzuladen.

Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Änderung der Uhrzeit für die Betriebsversammlung auf besonderen Wunsch der Arbeitgeberin erfolgt sei. Den von ihr vorgetragenen betrieblichen Interessen sei durch die Initiatoren Rechnung getragen worden. Die Arbeitgeberin könne sich nun nicht auf einen von ihr verursachten Fehler berufen und die Wahl deshalb anfechten.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Initiatoren den Personalleiter R1 gebeten hätten, die Einladung zur Betriebsversammlung auch per E-Mail zu verteilen. Per E-Mail habe Herr R1 auch auf die veränderte Uhrzeit hingewiesen. In den E-Mails des Mitarbeiters R1 seien die Koordinatoren gebeten worden, die Information an ihre Teams weiterzugeben. Der gewählte Betriebsratsvorsitzende, Herr S4, sei selbst Koordinator für ein Team und habe die Information weisungsgemäß an seine Mitarbeiter weitergegeben. Alle Koordinatoren seien vollständig im Mailverteiler des Zeugen R1 enthalten gewesen. Herr R1 habe auch keine Rückläufe erhalten. Aus diesem Grunde müsse davon ausgegangen werden, dass die Koordinatoren ihre jeweiligen Mitarbeiter über die Änderung der Uhrzeit für die Betriebsversammlung mitgeteilt hätten.

Die Arbeitgeberin könne sich auch nicht darauf berufen, dass mindestens 16 Arbeitnehmer/innen von dem Aushang im Betrieb der Arbeitgeberin keine Kenntnis hätten nehmen können, weil sie in dem Zeitraum vom 19. bis 31.10.2011 nicht gearbeitet hätten. Vier von der Arbeitgeberin bezeichnete Arbeitnehmer seien mündlich über die geplante Betriebsversammlung informiert worden, zwei Mitarbeiter durch E-Mail.

Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass sich ein etwaiger Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift überhaupt auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben könne. Es seien nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Wahlergebnis bei einer anderen Dauer der Aushänge etwa 7 oder 8 oder gar 14 Tage anders ausgefallen wäre. Alle Mitglieder des Wahlvorstands seien in der Wahlversammlung ohne Gegenstimme gewählt worden; sie hätten jeweils zwischen 43 und 46 Ja-Stimmen und nur teilweise ein bis zwei Enthaltungen gehabt.

Der Betriebsrat beantragt,

unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 31.08.2011 - 6 BV 17/11 - teilweise abzuändern und auch den Hilfsantrag der Arbeitgeberin abzuweisen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Wiedereinsetzungsantrag des Betriebsrats zurückzuweisen,

die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 31.08.2011 zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass dem Wiedereinsetzungsantrag des Betriebsrats nicht stattgegeben werden könne, weil der Betriebsrat nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, die Beschwerde- und die Beschwerdebegründungsfrist einzuhalten.

Hierzu trägt sie vor, der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats habe entgegen mehrfachen mündlichen Ankündigungen keine Beschwerde bzw. Beschwerdebegründung innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt. Aufgrund dieser mehrfachen mündlichen Ankündigungen des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats habe der Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin beim Landesarbeitsgericht Hamm nachgefragt, ob inzwischen eine Beschwerde eingegangen sei (Bl. 129 d. A.). Das Landesarbeitsgericht Hamm habe am 25.11.2011 mitgeteilt, dass eine Beschwerde nicht eingegangen sei (Bl. 132 d. A.). Auch eine telefonische Nachfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin im Sekretariat des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats sei ergebnislos geblieben.

Nach dem Vorbringen des Betriebsrats könne jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass im Sekretariat des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats alle von der Rechtsprechung für notwendig erachteten Maßnahmen beachtet worden seien. Bereits bei der Fristennotiz auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 31.08.2011 fehle ein entsprechender "Notiert-Vermerk" bei der Fristennotierung. Aus dem Vermerk auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts sei nicht ersichtlich, dass die Fristen tatsächlich im Fristenbuch eingetragen worden seien. Aus der handschriftlichen Notiz auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts ergebe sich auch nicht, um welche Fristen es sich jeweils handele, welche Fristen also im Fristenkalender notiert worden seien. Auch dies hätte zu einer Überprüfung führen müssen. Mit dem Wiedereinsetzungsgesuch seien auch keine Auszüge aus dem Fristenkalender vorgelegt worden. Schließlich werde nicht in ausreichender Weise vorgetragen, was mit der Handakte nach dem 19.09.2011 passiert sei. Auch nach Eingang der Mitteilung des Arbeitsgerichts über die beabsichtigte Festsetzung des Gegenstandswertes sei keine erneute Frist verfügt worden.

Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zu Recht die Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 für unwirksam erklärt. Das Arbeitsgericht habe zu Recht erkannt, dass die Einladung zur Betriebsversammlung vom 31.10.2010 nicht ordnungsgemäß erfolgt sei.

In dem Zeitraum vom 19. bis zum 30.10.2011 - die Veranstaltung vom 31.10.2011 hätte erst nach der Betriebsversammlung stattgefunden - hätte es lediglich sechs Öffnungstage gegeben, in dem Zeitraum vom 25.10.2011 bis zum 30.10.2011 lediglich vier Öffnungstage. In dem Zeitraum vom 19. bis 31.10.2011 hätten insgesamt 16 näher bezeichnete Arbeitnehmer/innen überhaupt nicht gearbeitet.

Der Betriebsrat könne sich auch nicht darauf berufen, die Initiatoren zur Wahl des Wahlvorstandes würden nicht alle Arbeitnehmer im Betrieb kennen, erst recht nicht deren Arbeitsrhythmus und deren arbeitsvertragliche Vereinbarungen. Bei den Initiatoren handele es sich um langjährig beschäftigte Mitarbeiter der Arbeitgeberin. Schon aufgrund ihrer Beschäftigungszeiten hätten die Initiatoren den Arbeitsrhythmus ihrer Kollegen und Kolleginnen und deren Unregelmäßigkeiten gekannt. Sie hätten auch gewusst, in etwa wie viel Arbeitnehmer/innen überhaupt für die Arbeitgeberin arbeiteten.

Gleichwohl seien durch die von dem Mitarbeiter R1 versandten E-Mails lediglich 59 Mitarbeiter über die Betriebsversammlung vom 31.10.2010 informiert worden. Dies habe Herr R1 in seiner Zeugenaussage ausdrücklich bestätigt. Unter den 59 Empfängern sei ein freier Mitarbeiter enthalten, bei zwei Adressen seien Fehler enthalten. Insoweit seien lediglich 56 Arbeitnehmer per E-Mail über die Betriebsversammlung informiert worden. Das sei lediglich etwa die Hälfte der seinerzeit beschäftigten Arbeitnehmer. Durch Herrn R1 seien lediglich die Mitarbeiter aus dem Bereich "Gastro" informiert worden. Herr R1 habe selbst in seiner E-Mail vom 25.10.2010 darüber informiert, dass er lediglich einen unvollständigen und teilweise fehlerhaften E-Mail-Verteiler habe. Herr R1 sei lediglich der Personalleiter für den gastronomischen Bereich gewesen. Eine darüber hinausgehende Zuständigkeit habe er nicht gehabt. Die Zuständigkeit für das weitere Personal habe bei der Geschäftsführerin Frau M2 oder bei Herrn S6 gelegen. Die Initiatoren hätten sich seinerzeit eigenmächtig lediglich an Herrn R1 gewandt. Selbst die Arbeitgeberin könne nicht jeden Arbeitnehmer per E-Mail erreichen. Auch dies sei den Initiatoren bekannt gewesen.

Der Betriebsrat könne sich auch nicht darauf berufen, dass die im Betrieb der Arbeitgeberin tätigen Koordinatoren ihre jeweiligen Mitarbeiter über die Betriebsversammlung und über die Vorverlegung der Uhrzeit für diese Betriebsversammlung informiert hätten. Eine solche Information müsse bestritten werden.

Dadurch, dass nicht alle Arbeitnehmer über die geplante Betriebsversammlung und ihre Vorverlegung informiert worden seien, sei die Betriebsratswahl mindestens anfechtbar. Es sei nicht sichergestellt worden, dass die Einladung alle Wahlberechtigten erreicht. Angesichts der personellen Besonderheiten des Betriebes der Arbeitgeberin sei eine Einladungsfrist von mindestens 14 Tagen erforderlich gewesen.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Änderung der Uhrzeit für die Betriebsversammlung und Wunsch der Arbeitgeberin erfolgt sei. Für diese Vorverlegung hätten sachliche Gründe bestanden. Die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat nicht daran gehindert, die Ein- bzw. Umladung ordnungsgemäß vorzunehmen.

Zu Recht sei das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss auch davon ausgegangen, dass die fehlerhafte Wahl des Wahlvorstandes zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl geführt habe.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 31.08.2011 ist zulässig.

1. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den am 19.09.2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 31.08.2011 ist an und für sich statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG. Sie ist auch von einem Rechtsanwalt - § 89 Abs. 1 ArbGG - eingelegt worden. Zwar hat der Betriebsrat die einmonatige Beschwerdefrist sowie die zweimonatige Beschwerdebegründungsfrist nach den §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG, die mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses zu laufen beginnt, nicht eingehalten. Die Frist zur Einlegung der Beschwerde war am 19.10.2011, die Beschwerdebegründungsfrist am Montag, den 21.11.2011 abgelaufen, § 87 Abs. 2 ArbGG, § 222 Abs. 2 ZPO. Bis zu den genannten Zeitpunkten lag weder eine Beschwerde noch eine Beschwerdebegründung durch den Betriebsrat beim Landesarbeitsgericht vor.

2. Wegen der Versäumung der Beschwerde- und der Beschwerdebegründungsfrist war dem Betriebsrat jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das form- und fristgerecht eingelegte Wiedereinsetzungsgesuch des Betriebsrats vom 12.12.2011 ist zulässig und begründet.

a) Der Wiedereinsetzungsantrag vom 12.12.2011 ist zulässig. Er ist am 12.12.2011 und damit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO begann frühestens am 28.11.2011 beim Anruf des Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin im Büro des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zu laufen. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats über die Fristversäumung informiert.

Dass die ergänzenden Angaben des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zur Versäumung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist sowie die Auszüge aus dem Fristenkalender mit den Schriftsätzen vom 17.02.2012 und vom 11.04.2012 erst außerhalb der Zweiwochenfrist des § 234 Abs. 1 ZPO vorgelegt worden sind, ist unerheblich. Dabei handelte es sich lediglich um Ergänzungen und nachträgliche Erläuterungen, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten war (BGH 05.02.1998 - VII ZB 8/97 - NJW 1998, 1498 m.w.N.).

Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch formgemäß gestellt, die den Antrag begründenden Tatsachen sind glaubhaft gemacht, § 236 ZPO.

b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch nach § 233 ZPO begründet. Der Betriebsrat war ohne sein Verschulden gehindert, die Frist zur Einlegung und Begründung der Beschwerde einzuhalten. Weder kann dem Betriebsrat ein eigenes Verschulden an der Versäumung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist vorgehalten werden, noch liegt ein Organisationsverschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vor.

aa) Zu den Aufgaben eines Rechtsanwalts gehört es, wegen der verfahrensrechtlichen Bedeutung von Fristen dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz - wie die Beschwerde und die Beschwerdebegründung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren - innerhalb der Frist beim zuständigen Gericht eingereicht wird. Zur Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen ist der Anwalt verpflichtet, Vorkehrungen zur Vermeidung von Büroversehen zu treffen. Die Anforderungen an die Büroorganisation eines Anwalts sind streng. Der Anwalt muss durch entsprechende organisatorische Maßnahmen Fehlerquellen bei der Behandlung von Fristsachen in größtmöglichem Umfang ausschließen (BGH 13.06.1996 - VII ZB 13/96 - NJW 1996, 2513; BGH 19.12.2000 - X ZR 128/2000 - NJW-RR 2001, 1502; BVerfG 30.05.2007 - 1 BvR 756/07 - NJW 2007, 2839; BAG 07.07.2011 - 2 AZR 38/10 - NJW 2012, 1021 = DB 2012, 928). Zwar kann ein Rechtsanwalt die Führung eines Fristenkalenders und auch die Berechnung der üblichen, in seiner Praxis häufig vorkommenden Fristen seinem gut ausgebildeten und sorgfältig überwachten Büropersonal überlassen, er muss aber dennoch durch geeignete allgemeine Anweisungen auf einen verlässlichen, Fristversäumnisse möglichst vermeidenden Geschäftsgang hinwirken (BGH 13.06.1996 XII ZB 13/96 - NJW 1996, 2513; BGH 12.08.1997 - VI ZB 13/97 - NJW 1997, 3243; BGH 27.03.2001 - VI ZB 7/01 - MDR 2001, 779; BGH 05.11.2003 - XII ZB 140/02 - NJW-RR 2004, 350; BAG 19.07.2007 - 6 AZR 432/06 - AP ZPO 1977 § 233 Nr. 84; BAG 10.11.2010 - 7 ABR 47/10 m.w.N.).

bb) Nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Betriebsrats hat allein der Büroangestellte S3 die Versäumung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist im vorliegenden Verfahren verursacht, allein ihn trifft hieran ein Verschulden. Dieses Verschulden kann aber dem Betriebsrat nicht zugerechnet werden. Ein nach § 85 Abs. 2 ZPO dem Betriebsrat zuzurechnendes Organisationsverschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist nicht erkennbar.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats durfte die Führung des Fristenkalenders und auch die Berechnung der üblichen, in seiner Praxis häufig vorkommenden Fristen dem Sekretariatsleiter S3, der den Sekretariatsleiter N1 vertrat, überlassen. Diesem sind die Fristen, insbesondere auch in arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, aufgrund seiner langjährigen Praxis in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats genau bekannt. In seiner langjährigen Tätigkeit sind Fehler bei der Führung des Fristenkalenders - mit Ausnahme des vorliegenden Vorfalls - nicht aufgetreten. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats durfte demzufolge auch darauf vertrauen, dass der zuständige Sachbearbeiter Herr S3 die ihm übertragenen Aufgaben des Fristenwesens, insbesondere der Notierung einer Beschwerde- und einer Beschwerdebegründungsfrist im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren und der entsprechenden Vorfristen, ordnungsgemäß erfüllt. Regelmäßige Kontrollen des Sekretariatsleiters S3 durch die ebenfalls mit einem arbeitsgerichtlichen Dezernat betraute Rechtsanwältin S2 haben nicht zu Beanstandungen geführt.

Der Mitarbeiter S3 hat - wie glaubhaft gemacht worden ist - nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses vom 31.08.2011 am 19.09.2011 die erforderlichen Fristen zutreffend berechnet und sie auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld in der Handakte des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vermerkt. Dabei ist es allerdings aus nicht mehr erklärlichen Gründen unterblieben, diese Fristen auch in den im Sekretariat des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats geführten Fristenkalender einzutragen. Allein aus diesem Grunde ist es unterblieben, die Akten rechtzeitig zur Anfertigung einer Beschwerdeschrift bzw. eines Beschwerdebegründungsschriftsatzes rechtzeitig dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vorzulegen.

Bei dieser Sachlage kann ein Organisationsverschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats nicht angenommen werden.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hat bei Eingang des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 31.08.2011 am 19.09.2011 die vom Sekretariatsleiter S3 auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts vermerkten Fristen kontrolliert und die Akte daraufhin wieder in das Sekretariat zurückgegeben. Eine Wiedervorlage an den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats unterblieb lediglich deshalb, weil die vom Sekretariatsleiter S3 zutreffend berechneten und in der Handakte notierten Fristen nicht in den Fristenkalender eingetragen worden sind. Auf eine ordnungsgemäße Eintragung der in der Handakte vermerkten Fristen in den Fristenkalender durch den Sekretariatsleiter S3 konnte sich aber der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats verlassen. Dass die in der Handakte notierten Fristen zutreffend auch im Fristenkalender eingetragen wurden, musste er nicht gesondert nachprüfen.

Soweit die Arbeitgeberin darauf hinweist, dass es neben den in der Handakte notierten Fristen (Bl. 195 d. A.) keinen gesonderten "Notiert-Vermerk" gibt, führt auch dieser Hinweis nicht zur Annahme eines Organisationsverschuldens des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats. Welche konkreten Vorkehrungen ein Anwalt zur Fristenwahrung trifft, steht ihm grundsätzlich frei (BAG 07.07.2011 - 2 AZR 38/10 - NJW 2012, 1021 = DB 2012, 928). In der Verfahrensanweisung im Büro des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats heißt es hierzu, dass die Fristen in der Handakte auf dem Schriftstück notiert werden, das die Frist auslöst; darunter wird mit dem Handzeichen abgezeichnet. Dieser Anweisung ist der Mitarbeiter S3 bei der Notierung der Fristen auf dem Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld gefolgt. Mit der Abzeichnung durch sein Handzeichen hat der Mitarbeiter S3 dokumentiert, dass er die Fristen auch in den Fristenkalender eingetragen hat. Diese Abzeichnung durch sein Handzeichen stellt den von der Arbeitgeberin vermissten "Notiert-Vermerk" dar.

Der Betriebsrat hat durch seinen Verfahrensbevollmächtigten auf die Rüge der Arbeitgeberin auch die Auszüge aus dem geführten Fristenkalender nachgereicht und dadurch dokumentiert, dass lediglich die Notierung der Fristen im Fristenkalender unterblieben ist.

Auch der Hinweis der Arbeitgeberin darauf, dass dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats die Handakten nach Eingang der Mitteilung des Arbeitsgerichts über die beabsichtigte Festsetzung des Gegenstandswerts vorgelegt worden sind, führt nicht zu einem Organisationsverschulden des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats im Hinblick auf die Versäumung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist. Richtig ist zwar, dass dem Verfahrensbevollmächtigten die Handakten nach Eingang der Mitteilung des Arbeitsgerichts vom 19.09.2011 erneut vorgelegt worden sind. Aufgrund der Mitteilung des Arbeitsgerichts hatte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats jedoch keine Veranlassung, sich die Handakten erneut vorlegen zu lassen und eine erneute Frist zu verfügen, weil die Mitteilung des Arbeitsgerichts über die beabsichtigte Festsetzung des Gegenstandswerts zutreffend gewesen ist.

c) Der Betriebsrat hat schließlich mit dem am 12.12.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die versäumten Prozesshandlungen - Einlegung der Beschwerde und Beschwerdebegründung - rechtzeitig innerhalb der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats ist aber in der Sache nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Wahl des Betriebsrats vom 11./12.03.2011 anfechtbar ist.

1. Der in der Beschwerdeinstanz allein noch anhängige Hilfsantrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

a) Die Arbeitgeberin verfolgt ihr Begehren zu Recht im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 BetrVG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig, nämlich die Wirksamkeit der am 11./12.03.2011 durchgeführten Betriebsratswahl, § 19 BetrVG.

b) Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberin und die Beteiligung des gewählten Betriebsrats am vorliegenden Verfahren ergeben sich aus den §§ 10, 81, 83 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.

c) Die Arbeitgeberin hat die Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 auch rechtzeitig auch innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten. Nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses - die Wahlniederschrift vom 14.03.2011 ist der Arbeitgeberin unstreitig mit Schreiben des Wahlvorstandes vom 17.03.2011 am 19.03.2011 zugegangen - ist das vorliegende Beschlussverfahren am 28.03.2011 beim Arbeitsgericht eingeleitet worden.

2. Der Anfechtungsantrag der Arbeitgeberin ist auch begründet.

Die Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 war für unwirksam zu erklären. Der Arbeitgeberin steht ein Anfechtungsgrund nach § 19 Abs. 1 BetrVG zur Seite. Dies hat das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend erkannt.

a) Gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG kann eine Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Wahlvorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Wesentliche Wahlvorschriften im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG liegen dann vor, wenn sie elementare Grundprinzipien der Betriebsratswahl enthalten oder tragende Grundsätze des Betriebsverfassungsrechts berühren (BAG 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 - AP BetrVG 1972 § 2 WahlO Nr. 1; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 25. Aufl., § 19 Rn. 10; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 12. Aufl., § 19 Rn. 3; GK/Kreutz, BetrVG, 9. Aufl., § 19 Rn. 17 f.; Richardi/Thüsing, BetrVG, 12. Aufl., § 19 Rn. 5; ErfK/Koch, 12. Aufl., § 19 Rn. 2).

Ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG liegt darin, dass die Wahl des Wahlvorstandes, der die Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 durchgeführt hat, nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte und in der arbeitsrechtlichen Literatur ist allgemein anerkannt, dass eine nicht ordnungsgemäße Bestellung oder Wahl des Wahlvorstandes grundsätzlich auch zur Anfechtbarkeit einer Betriebsratswahl führen kann (BAG 07.05.1986 - 2 AZR 349/85 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 18; BAG 14.09.1988 - 7 ABR 93/87 - AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1; BAG 31.05.2000 - 7 ABR 78/98 - AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12; BAG 21.07.2004 - 7 ABR 57/03 - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15; BAG 27.07.2011 - NZA 2012, 345; Fitting, a.a.O., § 19 Rn. 22; DKK/Schneider, a.a.O., § 19 Rn. 9; Wlotzke/Preis/Kreft, BetrVG, 4. Aufl., § 19 Rn. 7 m.w.N.; andere Auffassung: GK/Kreutz, BetrVG, a.a.O., § 19 Rn. 48).

b) Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren dadurch gegeben ist, dass der Wahlvorstand nicht ordnungsgemäß gewählt worden ist.

Da im Betrieb der Arbeitgeberin bislang weder ein Betriebsrat gewählt worden war noch ein Gesamtbetriebsrat oder ein Konzernbetriebsrat besteht, konnte ein Wahlvorstand nach § 17 Abs. 2 BetrVG nur in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt werden. Zu dieser Betriebsversammlung konnten nach § 17 Abs. 3 BetrVG drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebes einladen und Vorschläge über die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen.

Zu der Betriebsversammlung vom 31.10.2011 ist jedoch nicht ordnungsgemäß eingeladen worden. Insoweit ist gegen die Vorschrift des § 17 BetrVG, die wesentlichen Vorschriften des Wahlverfahrens enthält (BAG 14.09.1988 - 7 ABR 93/87 - AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1; ArbG München 17.12.1996 - 8 BV 282/96 - AiB 1997, 288; Fitting, a.a.O., § 19 Rn. 10; WPK, a.a.O., § 17 Rn. 14; GK/Kreutz, a.a.O., § 19 Rn. 17, 18), verstoßen worden. § 17 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG enthalten Muss-Vorschriften, diese Bestimmungen haben zwingenden Charakter. Zwingende Wahlvorschriften sind regelmäßig als wesentliche Wahlvorschriften im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrVG anzusehen.

aa) Zwar enthält § 17 BetrVG für die Einladung zur Betriebsversammlung, auf der ein Wahlvorstand gewählt werden soll, keine Fristen und auch keine Formvorschriften. Dennoch gehört es zu den wesentlichen Grundsätzen einer Wahl, dass die Wahlberechtigten von der Wahlversammlung, ihrem Ort und ihrer Zeit Kenntnis erhalten. Das kann durch Aushängung oder mittels einer im Betrieb vorhandenen Informations- und Kommunikationstechnik geschehen. In allen Varianten muss aber sichergestellt werden, dass die Einladung zur Wahlversammlung alle Wahlberechtigten erreicht. § 17 BetrVG verlangt, dass die Einladung so rechtzeitig bekannt gemacht werden muss, dass alle Arbeitnehmer des Betriebes von ihr Kenntnis nehmen können und dadurch die Möglichkeit erhalten, an der Betriebsversammlung teilzunehmen und an der Wahl des Wahlvorstandes mitzuwirken (BAG 19.11.2003 - 7 ABR 24/03 - AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 54 (unter II. 1. a) der Gründe); ArbG Essen 22.06.2004 - 2 BV 17/04 - NZA-RR 2005, 258; Fitting, a.a.O., § 17 Rn. 17; GK/Kreutz, a.a.O., § 17 Rn. 24; DKK/Schneider, a.a.O., § 17 Rn. 4, 4 a; ErfK/Koch, a.a.O., § 17 Rn. 2; Richardi/Thüsing, a.a.O., § 17 Rn. 12 m.w.N.). An die Ordnungsgemäßheit einer Einladung nach diesen Kriterien sind eher strenge Anforderungen zu stellen, weil sonst der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verletzt wird (BAG 07.05.1986 - 2 AZR 349/85 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 18 (unter II. 2. b) aa) der Gründe); GK/Kreutz, a.a.O., § 17 Rn. 25).

Anhaltspunkte für eine Mindestfrist für die Einladung können sich aus der Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 2 WahlO ergeben, wonach die Einladung zur Wahlversammlung in Betrieben, in denen das vereinfachte Wahlverfahren nach § 14 a BetrVG gilt, eine Mindestfrist von sieben Tagen vor der Versammlung vorgeschrieben ist (WPK, a.a.O., § 17 Rn. 9). Da § 17 hinsichtlich der Frist für eine Einladung keine explizite Regelung getroffen hat, wird es insoweit auf die betrieblichen Verhältnisse im Einzelfall ankommen. Eine Einladungsfrist von einer Woche kann ausreichend sein, wenn alle Arbeitnehmer des Betriebes in demselben Gebäude ihre Arbeiten für den Arbeitgeber verrichten.

bb) Die Anwendung dieser Grundsätze führt im Streitfall zu dem Ergebnis, dass zu der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 nicht ordnungsgemäß eingeladen worden ist.

Zwar haben die Initiatoren für die Betriebsversammlung vom 31.10.2010 die Einladung durch sichtbare Aushänge an zwei Stellen im Betrieb vorgenommen. Zusätzlich ist etwa die Hälfte der Mitarbeiter der Arbeitgeberin durch E-Mail über die am 31.10.2011 stattfindende Betriebsversammlung informiert worden.

Allein hierdurch war jedoch nicht sichergestellt, dass alle Mitarbeiter über die Betriebsversammlung vom 31.10.2011 Kenntnis erhielten. Hinzu kommt, dass erst sechs Tage vor der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 der ursprünglich ins Auge gefasste Beginn um 20.00 Uhr auf 18.00 Uhr vorverlegt worden ist. Zwar ist die Vorverlegung in den Aushängen im Betrieb der Arbeitgeberin am 25.10.2010 vermerkt und die Uhrzeit handschriftlich geändert worden. An diesem Tage sind auch ca. die Hälfte der Mitarbeiter der Arbeitgeberin durch E-Mail durch den Zeugen R1 über die Vorverlegung unterrichtet worden.

Diese Maßnahmen waren aber nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberin von der nun auf 18.00 Uhr vorverlegten Betriebsversammlung vom 31.10.2010 unterrichtet wurden. Dies ergibt sich aus den Besonderheiten des Betriebes der Arbeitgeberin, in dem eine Vielzahl von Mitarbeitern lediglich im 14-tägigen Arbeitsrhythmus ihre Arbeitsleistungen erbringen. Bereits hieraus folgt, dass nicht sichergestellt war, dass alle Mitarbeiter durch die Aushänge von der geänderten Uhrzeit der am 31.10.2010 geplanten Betriebsversammlung Kenntnis erhielten. In der Beschwerdeinstanz hat sich als unstreitig herausgestellt, dass mindestens sechs Arbeitnehmer in der Zeit vom 19.10.2010 bis zum 31.10.2010 nicht im Betrieb der Arbeitgeberin gearbeitet haben und auch nicht durch E-Mail über die geplante Betriebsversammlung und ihre Vorverlegung unterrichtet worden sind.

Auch durch die Bitte der Initiatoren gegenüber dem Zeugen R1, die betreffenden Arbeitnehmer zusätzlich per E-Mail zu unterrichten, war nicht sichergestellt, dass alle Arbeitnehmer von der geänderten Uhrzeit der Betriebsversammlung Kenntnis erhielten. Der Zeuge R1 verfügte nämlich lediglich über die E-Mail-Adressen der Mitarbeiter für den gastronomischen Bereich. Dies ergibt sich aus der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme. Die Versendung der E-Mails über den Zeugen R1 war danach objektiv nicht geeignet, alle Arbeitnehmer zu erreichen. In der Beschwerdeinstanz hat sich als unstreitig herausgestellt, dass durch die E-Mails des Zeugen R1 lediglich 56 Mitarbeiter von der geplanten Betriebsversammlung am 31.10.2010 und von der Vorverlegung der Uhrzeit Kenntnis erhielten. Hiernach war ca. lediglich die Hälfte der Mitarbeiter der Arbeitgeberin durch E-Mail über die geplante Betriebsversammlung vom 31.10.2010 und ihre Vorverlegung in Kenntnis gesetzt worden.

Hinzu kommt, dass die Vorverlegung der Betriebsversammlung nicht rechtzeitig im Sinne des § 17 BetrVG erfolgt ist. Nicht alle Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin konnten rechtzeitig von der Vorverlegung der Betriebsversammlung Kenntnis nehmen. Die Änderung erfolgte erst am 25.10.2010. Nicht einmal die Siebentagesfrist des § 28 Abs. 1 Satz 2 WahlO ist insoweit eingehalten worden. Aufgrund der Besonderheiten im Betrieb der Arbeitgeberin konnten die Initiatoren nicht davon ausgehen, dass alle Arbeitnehmer des Betriebes von der Vorverlegung der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 Kenntnis nehmen konnten. Tatsächlich sind einige Mitarbeiter erst verspätet zu der Betriebsversammlung erschienen.

Auch der Hinweis des Betriebsrats, dass der Zeuge R1 in seiner E-Mail die Koordinatoren darum gebeten hat, alle Arbeitnehmer ihrer Bereiche von der Betriebsversammlung und ihrer Vorverlegung zu unterrichten, führt nicht zu einer ordnungsgemäßen Einladung. Auch hierdurch ist nicht sichergestellt gewesen, dass alle Arbeitnehmer über das Stattfinden der Wahlversammlung informiert wurden. Eine bloße mündliche Unterrichtung ist nämlich nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass tatsächlich alle Arbeitnehmer von der Betriebsversammlung und ihrem zeitlichen Beginn Kenntnis erlangen können. Dass tatsächlich alle Arbeitnehmer des Betriebes der Arbeitgeberin durch die Koordinatoren entsprechend informiert wurden, trägt der Betriebsrat selbst nicht substantiiert vor.

c) Durch den Verstoß gegen die Vorschrift über die rechtzeitige Einladung zur Betriebsversammlung konnte auch das Wahlergebnis zur Betriebsratswahl beeinflusst werden. Entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrats ist auch die Beschwerdekammer mit dem Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Verstoß Auswirkungen auf das Wahlergebnis haben konnte.

Nach § 19 Abs. 1 BetrVG berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Betriebsratswahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (BAG 14.09.1988 - 7 ABR 93/87 - AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1; BAG 31.05.2000 - 7 ABR 78/98 - AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12; BAG 05.05.2004 - 7 ABR 44/03 - AP BetrVG 1972 § 3 WahlO Nr. 1; BAG 13.10.2004 - 7 ABR 5/04 - AP BetrVG 1972 § 2 WahlO Nr. 1; BAG 25.05.2005 - 7 ABR 39/04 - AP BetrVG 1972 § 14 Nr. 2 m.w.N.). Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass bei einer Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre.

aa) Eine derartige Feststellung kann im vorliegenden Fall nicht getroffen werden. Dies führt zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011.

Zwar ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Wahlvorstand auf der Betriebsversammlung vom 31.10.2010 mit 43, 45 bzw. 46 Stimmen bei 47 erschienenen Teilnehmern gewählt worden ist. Dieser Umstand schließt aber entgegen der Rechtsauffassung des Betriebsrats nicht aus, dass die Anwesenheit von 6 oder gar 16 von der Arbeitgeberin in der Beschwerdeerwiderung aufgelisteten Mitarbeiter zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte. Auch ein Verstoß gegen die Wahlvorschriften bei der Wahl des Wahlvorstandes kann das Ergebnis der Betriebsratswahl beeinflussen (BAG 14.09.1988 - 7 ABR 93/87 - AP BetrVG 1972 § 16 Nr. 1; BAG 31.05.2000 - 7 ABR 78/98 - AP BetrVG 1972 § 1 Gemeinsamer Betrieb Nr. 12; andere Auffassung: Fitting, a.a.O., § 19 Rn. 25; GK/Kreutz, a.a.O., § 19 Rn. 48). Für die Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses spricht schon, dass ein Wahlvorstand nach der Wahlordnung Ermessensentscheidungen zu treffen hat, die je nach seiner personellen Zusammensetzung unterschiedlich ausfallen und sich auf das Wahlergebnis auswirken können. Die Ausgestaltung der Wahlanfechtungsvorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nimmt Rücksicht darauf, dass in einer Vielzahl an Fällen die Beeinflussung durch einen Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht positiv festgestellt werden kann, sich aber dennoch latent auf das Wahlverhalten auswirkt. Deshalb muss eine verfahrensfehlerhafte Betriebsratswahl nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung entsprechender Vorschriften zum Wahlverfahren kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl.

Hiernach hat das Arbeitsgericht zu Recht festgestellt, dass die Betriebsratswahl vom 11./12.03.2011 anfechtbar gewesen ist.

3. Die Berufung der Arbeitgeberin auf einen Verstoß gegen die Vorschriften zur rechtzeitigen Einladung zur Betriebsversammlung vom 31.10.2010 ist auch nicht treuwidrig.

Zwar hat die Arbeitgeberin um Vorverlegung der Uhrzeit für die geplante Betriebsversammlung gebeten. Diese Bitte erfolgte aber nicht aufgrund unsachlicher Erwägungen, hierfür waren vielmehr sachliche Gründe vorhanden, weil am 31.10.2010 um 20.00 Uhr eine Veranstaltung mit Publikumsverkehr anstand. Diese Bitte um Vorverlegung der Betriebsversammlung hatte die Arbeitgeberin auch bereits direkt, nachdem sie über die geplante Betriebsversammlung unterrichtet worden ist, noch am 19.10.2010 an die Initiatoren der Betriebsversammlung herangetragen. Dieser Bitte sind die Initiatoren erst am 25.10.2010 nachgekommen. Wäre die Vorverlegung der Betriebsversammlung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt, hätte mindestens die Wochenfrist des § 28 Abs. 1 Satz 2 WahlO eingehalten werden können. Dafür, dass die Arbeitgeberin die Betriebsversammlung vom 31.10.2010 hat verhindern wollen, liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Arbeitgeberin hat auch notwendige Mitwirkungshandlungen, die zum Zustandekommen der Betriebsversammlung geführt haben, nicht verhindert (vgl. hierzu: BAG 26.02.1992 - 7 ABR 37/91 - AP BetrVG 1972 § 17 Nr. 6).

III.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.