Betriebsratswahl: Anfechtung - Frage der Einheitlichkeit des Betriebes

LAG Düsseldorf 3 TaBV 97/94 vom 17. Jan. 1995

Leitsatz

1. Auch bei organisatorisch-technischer sowie räumlicher Zusammenarbeit ist für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes unter einheitlicher Leitung auf die tatsächliche Zuordnung der Entscheidungskompetenz in wirtschaftlichen und personellen Fragen abzustellen.

2. Von einer einheitlichen Leitung ist dann nicht auszugehen, wenn der zentralen Personalabteilung zwar Unterstützungs- und Beratungsfunktionen, in wesentlichen arbeitsrechtlichen Fragen wie u.a. Einstellung und Entlassung, Erteilung von Urlaub und Abmahnungen hingegen keine eigene Entscheidungsbefugnis zugewiesen ist.

Gründe

Die Beteiligten streiten um die Anfechtung einer Betriebsratswahl.

Bei den Beteiligten zu 1) - 4) handelt es sich um die in der Gebr. S. GmbH - Gruppe vertretenen Unternehmensgesellschaften. Der Beteiligte zu 5) ist der für die gesamte Gruppe gebildete einheitliche Betriebsrat.

Arbeitstechnischer Zweck der Beteiligten zu 1) (im Folgenden "Druck-oHG") ist die Herstellung von Endlosdrucken für unterschiedliche Verwendungszwecke, buchbinderische Verarbeitung und der Betrieb einer Akzidenzdruckerei. Die Beteiligte zu 4) (im Folgenden "Verlags-oHG") befasst sich mit der Herstellung diverser Verlagsprodukte, wobei für ein Produkt - den Apothekenkalender - die Druck-oHG in deren Auftrag für diese tätig wird. Arbeitstechnischer Zweck der Beteiligten zu 2) (im Folgenden "Verwaltungs-GmbH") ist die Durchführung von Dienstleistungen gegen Entgelt in den Bereichen EDV, Finanzbuchhaltung, Personalwesen sowie Allgemeine- und Immobilien-Verwaltung. In der Beteiligten zu 3) (im Folgenden "Beteiligungs-GmbH") sind die Gesellschaftsanteile zusammengefasst. Die Unternehmensgruppe ist auf einem Immobilien-Komplex untergebracht, welcher im Eigentum der Verwaltungs-GmbH steht und in Teilflächen an die anderen Gesellschaften vermietet ist.

Die Beteiligten zu 1) - 4) sind aus einer unternehmensrechtlichen Aufspaltung der vormaligen Gebr. G. GmbH Ende 1987 hervorgegangen.

Am 15.03.1994 fand für die Unternehmensgruppe die Wahl eines einheitlichen Betriebsrats statt.

Mit dem am 29.03.1994 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingegangenen Antrag hat die Druck-oHG die Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl wegen Selbständigkeit der einzelnen Betriebe begehrt. Sie hat geltend gemacht, weder liege eine ausdrückliche noch konkludente Vereinbarung der Unternehmensgruppe über eine einheitliche Leitung vor. Eine solche könne auch nicht aus der teilweisen Personalunion der gesellschaftsrechtlichen Organe der beteiligten Gesellschaften hergeleitet werden. Die für die Leitung und Führung der Betriebe maßgeblichen Entscheidungen sowohl im operativen Bereich als auch hinsichtlich des Personal- und Sozialwesens würden unterhalb der Ebene der Organmitglieder von den Leitern des jeweiligen Betriebes selbständig und eigenständig getroffen. An der Leitung des Tagesgeschäftes des Druckbetriebes und des Verlages seien die GmbH-Geschäftsführer nicht beteiligt und hätten aus diesem Grunde die Entscheidung getroffen, eine einheitliche Leitung für die Führung beider Betriebe gerade nicht durchzuführen und auch nicht entstehen zu lassen. Aus diesem Grund sei die der Geschäftsführung nachgeordnete Führungsebene der Leitung des Druckbetriebes und des Verlages installiert worden. Die Leitung des Druckbetriebes erfolge für den Bereich Betrieb und Technik durch Herrn W., die Leitung des Verlages durch den Verlagsleiter und Prokuristen Herrn M. Die GmbH-Geschäftsführer M. H. und A. R. leiteten lediglich die Geschäfte der Verwaltungs-GmbH, welche für den Druck- und Verlagsbetrieb lediglich administrativ tätig sei.

Die Druck-oHG (Antragstellerin) hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Antragstellerin und die Beteiligten zu 2) und 4) jeweils selbständige Betriebe haben;

2. festzustellen, dass die am 15.02.1994 durchgeführte Wahl des einheitlichen Betriebsrates für die Betriebe der Beteiligen zu 1) 4) rechtsunwirksam war.

Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Der Betriebsrat hat behauptet, die Steuerung der drei Abteilungen erfolge über die Verwaltungs-GmbH, insbesondere die dort angesiedelte Personalabteilung. Mitbestimmungsrelevante Arbeitgeberfunktionen würden durch die in der Verwaltungs-GmbH befindlichen Geschäftsführer ausgeübt. Diese stünden dem Betriebsrat bei entsprechenden Verhandlungen und Anträgen unmittelbar gegenüber. Die Abteilungs- bzw. Produktionsleiter der Verlags- und Druck-oHG besäßen keine eigene Entscheidungsbefugnis in mitbestimmungsrelevanten personellen und sozialen Fragen. Die Betriebsabteilungen seien zudem räumlich miteinander verflochten und auf einem Grundstück sowie in einem ineinander übergehenden Gebäude untergebracht. Zwischen ihnen finde regelmäßig ein Personalaustausch - so etwa in der Telefonzentrale - statt. In Händen der Personalabteilung lägen auch die Urlaubsbewilligung und Abrechnung sowie sonstige Abwicklungen für die verschiedenen Betriebsabteilungen.

Das Arbeitsgericht hat nach Maßgabe des Beschlusses vom 23.08.1994 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M., W. und K. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 23.08.1994 (Bl. 99 - 101 d. A.) verwiesen.

Durch Beschluss vom 23.08.1994, auf dessen Gründe im Übrigen verwiesen wird, hat die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Oberhausen festgestellt, dass die Druck- und Verlags-oHG sowie die Verwaltungs-GmbH sich als jeweils selbständige Betriebe darstellen und die am 15.03.1994 durchgeführte Wahl eines einheitlichen Betriebsrats für die Betriebe der S.-Gruppe rechtsunwirksam war. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, die deutliche Mehrheit der betriebsverfassungsrechtlich relevanten Entscheidungen werde in den einzelnen Gesellschaften selbst getroffen. Dass auf Geschäftsführungsebene zum Teil Personalunion bestehe, genüge als solches nicht bereits zur Annahme eines einheitlichen Leitungsapparates oder einer konkludenten Führungsvereinbarung. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die maßgeblichen Entscheidungen in der Leitung der einzelnen Gesellschaften unabhängig voneinander getroffen würden. Der Leiterin der Personalabteilung, Frau B., komme nur eine Kompetenz in administrativer Hinsicht zu. Dass im Einzelfall Rückfragen bei der Geschäftsführung erfolgten und diese auch nach außen hin in Personalangelegenheiten in Erscheinung trete, steht dem nicht entgegen.

Gegen den ihm am 28.09.1994 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat mit einem am 10.10.1994 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem weiteren, dem Gericht am 10.11.1994 vorliegenden Schriftsatz begründet.

Mit der Beschwerde wiederholt und vertieft der Betriebsrat sein erstinstanzliches Vorbringen und hält an der Auffassung fest, es sei von einem einheitlichen Betrieb auszugehen. Nach der unternehmensrechtlichen Aufteilung der früheren Gebr. S. GmbH seien die Funktionen und Aufgabengebiete unverändert geblieben. Sowohl die Betriebsgemeinschaft als auch die bisherigen Leitungsstrukturen seien erhalten geblieben. Diesem Sachverhalt entspreche auch die Vereinbarung vom 14.12.1987 mit dem Betriebsrat, in welcher von der Einheitlichkeit des Betriebes ausgegangen worden war. So sei der Prokurist M. ebenso wenig wie die Mitarbeiter W. und K. bestimmend im Sinne einer eigenständigen Leitungsorganisation tätig. Bei mitbestimmungsrechtlichen Fragen wie Einstellungen werde die eigentliche Entscheidung nach Kontaktnahme mit ihnen auf der Geschäftsführungsebene getroffen, welche auch Verhandlungs- und Ansprechpartner des Betriebsrates sei. Ähnliches gelte für Fragen wie Gehaltsfestlegung und Urlaubsbewilligung. Der Betriebsrat weist darauf hin, dass im Sekretariat wie Telefonbereich Personalaustausch bei Urlaubs- und Krankheitsfällen erfolge. Werkwohnungen und andere Sozialeinrichtungen unterlägen gemeinsamer Nutzung der Gesellschaften. Auch sei im Bereich der Materialwirtschaft die Kompetenz weitgehend auf das bei der Verwaltungs-GmbH angesiedelte Controlling übertragen und damit zentralisiert worden.

Der Betriebsrat (Antragsgegner) beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 23.08.1994 - 3 BV 11/94 - die Anträge zurückzuweisen.

Die Druck-oHG (Antragstellerin) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, über Urlaubsbewilligungen entscheide grundsätzlich der Leiter der betroffenen Gesellschaft selbst. So habe auch der Mitarbeiter P. sich Anfang 1994 aus besonderen Gründen wegen seines Urlaubes zwar an den Geschäftsführer M. H. gewandt, die Entscheidung sei hingegen durch den verantwortlichen Produktionsleiter getroffen worden. Eine Urlaubsvertretung sei lediglich in der Telefonzentrale erfolgt, welche kostenmäßig sämtlichen Gesellschaften belastet werde.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Schriftsätze und Unterlagen verwiesen (§§ 523, 313 Abs. 2 ZPO, 64, 80Abs. 6.

Die Beschwerdekammer hat nach Maßgabe des Beschlusses vom 17.01.1995 Beweis erhoben durch Vernehmung des Betriebsratsvorsitzenden W. sowie des Geschäftsführers R. als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 17.01.1995 (Bl. 182 - 190 d. A.) verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 23.08.1994 ist zulässig, hingegen unbegründet.

1. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist als solche statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 518 Abs. 1 u. 2 ZPO § 66 Abs. 1, 87 Abs. 2, 89 Abs. 1 u. 2 ArbGG) und begründet worden (§§ 519 Abs. 2 u. 3 ZPO, 66, 87Abs. 1 Satz 2, 89 Abs. 2.

2. Die Beschwerde hatte hingegen in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu der Feststellung gelangt, dass es sich bei der Antragstellerin sowie den Beteiligten zu 2) und 4) jeweils um selbständige Betriebe handelt und hat demzufolge die Betriebsratswahl vom 15.03.1994 für rechtsunwirksam erklärt.

Für einen von mehreren Unternehmen geführten einheitlichen Betrieb ist nur ein gemeinsamer Betriebsrat zu bilden (vgl. für alle BAG, BB 1981, 2135; BB 1987, 2017). Die Verkennung der organisatorischen Einheit des Betriebes führt regelmäßig zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl, nicht hingegen zur Nichtigkeit, da letztere grobe und offensichtliche Verstöße gegen den Betriebsbegriff voraussetzt (BAG, AP Nr. 1 zu § 1 BetrVG 1972).

Um einen solchen Befund der Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl handelt es sich im Streitfall, da die Wahl - wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat - auf einer Verkennung der Abgrenzung der Organisationseinheit "Betrieb" beruht.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung ist unter einem "Betrieb" die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein (oder mehrere) Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Hierbei steht die Einheit der Organisation im Vordergrund. Im selben Betrieb können mehrere arbeitstechnische Zwecke verfolgt werden (BAG, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972; BAG, Urteil vom 14.09.1988, BB 1989, 495). Hiervon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für den oder die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (vgl. BAG, AP Nr. 4 zu § 23 KSchG 1969; BAG, AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972). Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen entsteht nicht bereits dadurch, dass diese in denselben Räumen und mit denselben sachlichen Mitteln tätig werden (BAG, BB 1957, 930). Erforderlich ist vielmehr, dass die beteiligten Unternehmen eine rechtliche Vereinbarung über die inhaltliche Leitung des gemeinsamen Betriebes treffen. Die fortgesetzte Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen führt dann zur Bildung eines gemeinsamen Betriebes, wenn unter gemeinsamer, einheitlicher Leitung sächliche und immaterielle Mittel sowie Mitarbeiter in einer organisatorischen Einheit zur fortgesetzten Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke eingesetzt werden. Hierbei muss die einheitliche Leitung nicht ausdrücklich in vertraglichen Abmachungen der beteiligten Unternehmen geregelt sein. Die erforderliche Vereinbarung kann auch aus den tatsächlichen Umständen hergeleitet werden (BAG, AP Nr. 4 zu § 23 KSchG 1969 m.w.N.; BAG, BB 1989, 495). Die Leitungsvereinbarung ergibt sich dann schlüssig aus dem Verhalten der beteiligten Unternehmen (BAG, BB 1987, 193, 2017; BAG, BB 1989, 1054; BAG, BB 1990, 2192; vgl. hierzu auch Sick, Der gemeinsame Betrieb mehrerer Unternehmen, BB 1992, 1129).

Zu Recht hat der Betriebsrat im Streitfall zwar geltend gemacht, für die Annahme eines einheitlichen Betriebes der S.-Gruppe spreche zum einen der Umstand, dass diese bis 1987 organisatorisch und rechtlich als ein Betrieb geführt und sodann erst aufgespalten worden sei, zum anderen die Geschäftsführung der Druck- und Verlags-oHG sowie Verwaltungs-GmbH in Personalunion erfolge. Hierfür könnte indiziell ebenfalls die einheitliche Unterbringung der Betriebe in einem Gebäudekomplex sowie die zentral für drei Betriebe zuständige Personalabteilung sprechen. Gleiches gilt für die teilweise Mitbenutzung des Pausenraumes auch durch die nicht bei der Druck-oHG beschäftigten Mitarbeiter sowie das Auftreten der S.-Gruppe nach außen gegenüber Beschäftigten wie auch Dritten. Personenidentität auf der Geschäftsführungsebene allein spricht hingegen als solche noch nicht für eine Vereinbarung gemeinsamer Führung der einzelnen Betriebe. Auf eine solche kann regelmäßig erst dann geschlossen werden, wenn die Einzelfallumstände ergeben, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (vgl. BAG, BB 1990, 2192 m.w.N.). Dass die Unternehmensgruppe in der Vergangenheit vor ihrer Aufspaltung als ein Betrieb geführt und in der Vereinbarung vom 14.12.1987 auch weiterhin so bewertet worden ist, steht der Annahme einer hiervon abweichenden organisatorisch-rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Entsprechendes gilt auch für den Umstand, dass Druck- und Verlags-oHG im Bereich der abschließenden Konfektionierung der Apothekenkalender und deren Eindrucke eine gemeinsame operative Verbindung insoweit haben, als diese durch den Druckbetrieb erfolgt, wobei dies maximal 20 % des Gesamtumsatzes der Druck-oHG ausmacht und gesondert abgerechnet wird. Nach den nicht bestrittenen Angaben in der Antragsschrift werden ca. 90 % der Zeitschriftenaufträge der Verlags-oHG und bezüglich der Wandkalender 50 % der Aufträge extern vergeben.

Die Tatsache einer gemeinsamen räumlichen Unterbringung ist bei der Abgrenzungsfrage nur von untergeordneter Bedeutung (vgl. hierzu BAG, AP Nr. 1 zu § 23 KSchG; BAG, AP Nr. 3 zu § 4 BetrVG 1972; BAG, NZA 1987, 708), wenngleich ein Anhaltspunkt für eine einheitliche Arbeitsorganisation, da räumliche Nähe die Verknüpfung der arbeitstechnischen Beiträge und damit die Schaffung einer einheitlichen Organisation erleichtert. Für eine solche Einheitlichkeit sprechen unter anderem auch die gemeinsam geführte Telefonzentrale, der einheitliche Reinigungsdienst, die gemeinsame Benutzung des Raumes für die Satzherstellung durch die Druck- wie Verlags-oHG sowie die - hingegen getrennt abgerechnete Wartung und Instandhaltung der Räumlichkeiten durch den Werkstattmitarbeiter der Druck-oHG.

b) Ergeben sich von daher im Bereich der arbeitsorganisatorisch-technischen sowie räumlichen Einheit trotz der im Wesentlichen voneinander losgelösten arbeitstechnischen Zweckbestimmungen Indizien für das Vorliegen einer Betriebseinheit, so konnte nach dem Ergebnis der erst- wie zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme das Bestehen einer einheitlichen Leitung insbesondere in wirtschaftlichen und personellen Fragen nicht festgestellt werden. Über eine bloße unternehmerische Zusammenarbeit - etwa aufgrund von Organ- oder Beherrschungsverträgen - hinaus ist das Bestehen einer einheitlichen Leitung für die Aufgaben erforderlich, welche für die arbeitstechnische Zweckerreichung von Nöten sind. Dass die Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes institutionell einheitlich für die beteiligten Unternehmen wahrgenommen würden (BAG, AP Nr. 4 zu § 23 KSchG 1969; BAG, BB 1987, 2017; BAG, BB 1989, 495), vermochte die Beschwerdekammer nicht zu erkennen. Insoweit hat die weitere Sachverhaltsaufklärung den Standpunkt des Betriebsrats, der Kern der Arbeitgeberfunktionen im sozialen (§§ 87 ff. BetrVG) und personellen (§§ 92 ff. BetrVG) Bereich werde von derselben institutionellen Leitung ausgeübt, nicht bestätigt.

Die Zeugen M., W. und K. haben bekundet, sie seien für sämtliche Personalentscheidungen in ihrem Bereich zuständig und gegenüber der Geschäftsführung grundsätzlich - von Einzelfällen abgesehen - frei. Dieses gelte für Abmahnungen, Kündigungen, Überstunden, Urlaub und sonstige Freistellungen. Der Personalabteilung, insbesondere deren Leitung komme durchweg nur administrative Funktionen zu. Dem entsprechen die Bekundungen des im Beschwerderechtszugs vernommenen Geschäftsführers R. Dieser hat im Einzelnen bestätigt, dass die Entscheidungen über die Neueinstellung von Mitarbeitern im Druckbereich maßgeblich und im Rahmen der Budgetvorgaben durch den Produktionsleiter W., im Verlag durch den Prokuristen M. getroffen werden. Entsprechendes gilt hiernach im Wesentlichen für Abmahnungen, Urlaubserteilung und Entlassungen. Hierbei kommt der Personalleitung Unterstützungs- und Beratungsfunktion, insbesondere bei arbeitsrechtlichen Fragestellungen zu. Eine eigene Entscheidungskompetenz ist ihr - insoweit auch in Übereinstimmung mit den Bekundungen des Betriebsratsvorsitzenden W. - nicht zugewiesen. Urlaubserteilung und Einstellung stehen hiernach unter Termin- sowie Budgetvorgaben der Geschäftsführung. Ansprechpartner für den Betriebsrat im Druckbereich bei personellen Einzelmaßnahmen ist der Produktionsleiter. Während dies nach Bekundung des Geschäftsführers auch für den Verlagsleiter unter Einschaltung des Mitarbeiters V., ist letzteres vom Betriebsratsvorsitzenden im Rahmen seiner Anhörung in Abrede gestellt worden. Zwar hat dieser die Entscheidungskompetenz bei Einstellungen grundsätzlich auf der Ebene der Geschäftsführung bekundet, hingegen aus eigener Wahrnehmung nicht feststellen können, inwieweit diese im Rahmen der Bewerbungen überhaupt zugezogen werde. Im Falle von Aushilfsverträgen im Druckbereich liegt auch nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden die Entscheidung - nach erfolgter Budgetvorgabe - in Händen des zuständigen Produktionsleiters bzw. Kollegen. Diese haben hiernach bei Einstellungen wie Kündigungen grundsätzlich Einfluss wie die Geschäftsführer R. und H. Während der Betriebsratsvorsitzende aus eigener Wahrnehmung nicht bekunden konnte, wie der Willensbildungsprozess bei Unzufriedenheit mit Mitarbeitern leitungsintern abläuft, hat er den Vortrag der Antragstellerin auch in Bezug auf die Urlaubsgewährung bestätigt. Hiernach erfolgt die Bewilligung durch den Abteilungsleiter, administrativ durch die Personalleiterin. Letzterer kommt auch aus seiner Sicht eigene Entscheidungskompetenz nicht zu; sie benötigt vielmehr "Rückendeckung" der Geschäftsführung sowie der Leiter der drei Bereiche. Ansprechpartner des Betriebsrats ist nach Bekundung des Betriebsratsvorsitzenden regelmäßig einer der Geschäftsführer, selten der Produktionsleiter W.

Wenn auch die Bekundungen des Betriebsratsvorsitzenden in einigen Einzelfragen von denen der vernommenen Zeugen sowie des Geschäftsführers R. inhaltlich abweichen, ergab sich jedoch auch aus seinen Ausführungen wie denjenigen des Geschäftsführers eine wesentliche eigene Entscheidungskompetenz auf der Leitungsebene des Druck- und Verlagsbereiches. Fragen der Abmahnung, Kündigung, Urlaubsgewährung, der Abwicklung von Arbeitsunfähigkeitsfällen sowie sonstige mitbestimmungsrelevante Themen werden maßgeblich hier - unter administrativer Unterstützung und rechtlicher Zuarbeit der Personalleiterin B. - entschieden. Auch bei Einstellungen besteht nach Bekundung der vernommenen Zeugen und des Geschäftsführers R. im Regelfall eine Entscheidungskompetenz, nach Bekundung des Betriebsratsvorsitzenden zumindest ein maßgebliches Mitsprache-, teilweise Mitentscheidungsrecht.

Dass nach dem Ergebnis der weiteren Sachverhaltsaufklärung die Leitung der einzelnen Betriebe teilweise nach budgetmäßigen oder zeitlichen Vorgaben der Geschäftsführung erfolgt und unmittelbarer Ansprechpartner des Betriebsrats überwiegend die Geschäftsführung selbst ist, steht der Einordnung als selbständiger Betrieb ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass in Einzelfällen die vorherige Zustimmung der Geschäftsführer erforderlich ist: Eine einheitliche organisatorische Leitungsstelle in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese sich nach Richtlinien der Zentrale zu richten hat (vgl. auch Fitting/Auffahrth/Kaiser/Heither, Betriebsverfassungsgesetz, 17. Aufl., § 1 Rdn. 38; Gaparin/Löwisch, Betriebsverfassungsgesetz, 6. Aufl., § 47 Rdn. 10; GK-Kraft, Betriebsverfassungsgesetz, 4. Aufl., § 4 Rdn. 15; vgl. auch Peter, Probleme des Betriebs- und Unternehmensbegriffs nach dem Betriebsverfassungsgesetz, DB 1990, 424). Maßgeblich ist allein der Grad des delegierten Beurteilungs- und Ermessensspielraums in der tatsächlichen Praxis. Zudem ist für die Annahme einer derartigen Leitungsinstanz nicht kumulativ eine einheitliche Entscheidung in sozialen, personellen sowie wirtschaftlichen Angelegenheiten erforderlich. Ausreichend ist vielmehr, wenn in einem Teilbereich Funktionen wahrgenommen werden, welche es aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung gerechtfertigt erscheinen lassen, von der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen in einer Betriebsstätte zu sprechen.

c) War damit bei wertender Gesamtbetrachtung festzustellen, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in mitbestimmungsrelevanter Hinsicht nicht von derselben Leitung auf der Geschäftsebene, sondern zum weitaus überwiegenden Teil von den einzelnen Leitungen der Unternehmensgesellschaften ausgeübt wird, so ergaben sich für das Bestehen einer konkludenten Führungsvereinbarung keine hinreichenden Anhaltspunkte. Dass jedenfalls im Eigentum der Verwaltungs-GmbH stehende Mietwohnungen auch den Beschäftigten der übrigen Betriebe angeboten und diesen zum Teil zur Verfügung gestellt werden, vermag den Schluss auf das Bestehen einer einheitlichen Leitungsvereinbarung ebenso wenig zu rechtfertigen wie die teilweise Mitbenutzung von Sozialeinrichtungen durch die nicht bei der Druck-oHG beschäftigten Arbeitnehmer.

Ist maßgeblich auf die tatsächliche Wahrnehmung des Kerns von Arbeitgeberfunktionen, nämlich die Entscheidungskompetenz im sozialen und personellen Bereich abzustellen, so kommt der Frage, wer die Entscheidung alsdann nach außen hin - schriftlich oder mündlich umsetzt, nur nachrangige Bedeutung zu. Von daher vermochte allein die Tatsache der Unterzeichnung einer größeren Zahl von Abmahnungen durch die Geschäftsführung bzw. Personalleiterin an dem rechtlichen Befund nichts zu ändern. Entsprechendes gilt für die sonstigen vom Betriebsrat vorgelegten Schreiben.

3. Erwies sich damit die Wahl eines einheitlichen Betriebsrats trotz selbständiger eigener Betriebe in Gestalt der Druck-oHG, Verlags-oHG sowie Verwaltungs-GmbH als rechtsunwirksam, so war die Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 23.08.1994 als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, §§ 92, 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG noch eine Abweichung des Beschlusses von einer Entscheidung im Sinne von §§ 92, 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG vorliegt, war die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss nicht zuzulassen.