Betriebsratswahl Anfechtung Betriebsteil i.S. von § 4 BetrVG

LAG Berlin 9 TaBV 479/99 vom 28. Juni 1999

Leitsatz

1. Zur Fristwahrung bei Anfechtung einer Betriebsratswahl kommt es nicht auf die Rechtshängigkeit, sondern allein auf die Anhängigkeit des Rechtsschutzbegehrens an, was sich als grundlegender Unterschied zur Erhebung einer Klage darstellt, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO.

2. Zwar bedarf ein Betriebsteil im Gegensatz zum selbständigen Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG keines umfassenden eigenständigen Leitungsapparates, der insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen kann. Erforderlich für das Vorliegen eines Betriebsteils im Sinne des § 4 Satz 1 BetrVG ist jedoch, dass überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung vorhanden ist und von dieser das Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgeübt wird.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, deren Hauptbetrieb sich in Hamburg befindet, unterhält unter anderem zwei Betriebsstätten in Berlin, und zwar in der O straße..., 13599 Berlin, und in der S Straße..., 10405 Berlin. Die Antragstellerin produziert und vertreibt Licht- und Sonnenschutzartikel. Bis Ende Dezember 1997 unterhielt die Antragstellerin in Berlin-J eine Betriebsstätte, in der der Vertriebsinnendienst für bestimmte Regionen und der Fuhrpark untergebracht waren. Zum Jahreswechsel 1997/1998 wurde der Vertriebsinnendienst in der neuen Betriebsstätte S Straße in Berlin-Mitte untergebracht, während der Fuhrpark zunächst in Berlin-J am G Damm blieb. Seine Verlagerung erfolgte planmäßig später in die Betriebsstätte O straße... in Berlin-S. Personell sind die beiden Berliner Betriebsstätten wie folgt ausgestattet:

"Innendienst Leitung (früher Frau T, jetzt Frau M)

3 Mitarbeiter Auftragsbearbeitung 4 Mitarbeiter Telefonischer Kundendienst 1 Mitarbeiter Klärung

Fuhrleitung ca. 12 Fahrer"

Außerdem unterhält der für die etwa elf in der Region tätigen Außendienstmitarbeiter zuständige Gebietsverkaufsleiter in der Betriebsstätte S Straße ein Büro.

Die Leiterin des Vertriebsinnendienstes und der Leiter des Fuhrparks sind gegenüber den ihnen zugeordneten Mitarbeitern weisungsberechtigt. Sie teilen, wenn nötig, die Arbeit ein und erteilen alle mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden Weisungen. Sie genehmigen Urlaub, sind die "Meldestellen" bei Krankheit und sonstigen Abwesenheitszeiten und verantwortlich für die Arbeitssicherheit. Alle grundsätzlichen Entscheidungen in sozialen Angelegenheiten, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, werden von der Zentrale in Hamburg aus entschieden. Einstellungen, Kündigung, Umgruppierung, Eingruppierung, mithin alle wesentlichen Personalangelegenheiten, werden ebenfalls zentral von Hamburg aus wahrgenommen.

Seit mehr als drei Jahren ist in Berlin kein Niederlassungsleiter mehr eingesetzt. Ferner unterhält der für die Außendienstmitarbeiter zuständige Gebietsverkaufsleiter in der Betriebsstätte S Straße ein Arbeitszimmer.

Am 20.04.98 wählten die Arbeitnehmer der beiden Berliner Betriebsstätten einen gemeinsamen Betriebsrat, den Antragsgegner, obwohl die Antragsgegnerin vor der Wahl gegenüber dem Wahlvorstand und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen geäußert hatte, dass kein gemeinsamer Betriebsrat für beide Betriebsstätten zu wählen sei. Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses erfolgte durch den Wahlvorstand gegenüber der Antragstellerin am 21.04.98.

Mit der beim Arbeitsgericht Berlin am 30.04.98 eingegangenen und dem Betriebsrat am 15.06.98 zugestellten Antragsschrift hat die Antragstellerin die Wahl des Betriebsrates vom 20.04.98 angefochten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei ihren beiden Berliner Betriebsstätten um zwei räumlich getrennte Betriebsteile handele, für die ein gemeinsamer Betriebsrat nicht hätte gewählt werden dürfen. Die Außendienstmitarbeiter aus dem Westteil der Stadt unterstünden unmittelbar der Zentrale in Hamburg, die Außendienstmitarbeiter aus dem Ostteil der Stadt hinsichtlich der fachlichen Anweisungen dem Gebietsverkaufsleiter. Bezüglich der betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeiten seien die Außendienstmitarbeiter der Zentrale in Hamburg zugeordnet.

Die Antragstellerin hat beantragt,

die am 20.04.98 durchgeführte Wahl eines gemeinsamen Betriebsrats für ihre beiden Berliner Betriebsstätten für unwirksam zu erklären.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat zunächst gemeint, dass die Antragstellerin die gesetzliche Wahlanfechtungsfrist nicht eingehalten habe.

Ungeachtet dessen, so hat der Betriebsrat weiter ausgeführt, müsse davon ausgegangen werden, dass es sich bei den beiden Betriebsstätten um einen einheitlichen Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes handele. An der engen Zusammenarbeit zwischen den beiden Betriebsteilen, die als unselbständige Abteilungen eines einheitlichen Betriebes angesehen werden müssten, habe sich trotz der räumlichen Trennung nichts geändert. Er, der Betriebsrat, der für etwa 35 bis 36 Beschäftigte gewählt worden sei, könne sich seine Arbeit wesentlich besser einteilen als wenn er es jeweils in der S Straße und in der O straße einen Betriebsrat gebe.

Wegen des weiten Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 16.12.98 hat die Kammer 40 des Arbeitsgerichts Berlin dem Antragsbegehren entsprochen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der genannten Entscheidung verwiesen.

Gegen den seinen Verfahrensbevollmächtigten am 25.02.99 zugestellten Beschluss richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 8.03.99 eingegangene Beschwerde des Betriebsrats, die er -- nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 8.05.99 -- mit beim Rechtsmittelgericht am 10.05.99 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Bei der Prüfung der Frage, ob ein einheitlicher Betriebsteil oder zwei beziehungsweise mehrere Betriebsteile vorliegen, sei, so führt der Betriebsrat aus, das Erstgericht von falschen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen beziehungsweise nicht entscheidungserheblichen Voraussetzungen beziehungsweise nicht entscheidungserheblichen tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen und habe es unterlassen, den Sachverhalt aufzuklären. Überdies habe das Arbeitsgericht die Besonderheiten des vorliegenden Falles im Hinblick auf die betrieblichen Leitungsstrukturen und den Betriebszweck außer Acht gelassen.

Bis Ende 1997 sei die Berliner Betriebsstätte als Niederlassung bezeichnet worden und habe einen Niederlassungsleiter gehabt. Räumlich seien sämtliche betrieblichen Einheiten zusammengefasst gewesen, wobei es die Abteilungen Außendienst, Innendienst und Fuhrpark gegeben habe. Der Betriebszweck sei nach wie vor derselbe wie vor der Verlagerung beziehungsweise Umgliederung der Betriebsstätte in Berlin-J an die neuen Standorte. Damals wie heute erfolge die Anleitung sämtlicher ca. 13 Außendienstmitarbeiter der Region Ost über den Gebietsverkaufsleiter Ost in Berlin. Die Fachberater hätten die Kunden "anzufahren" und für die Produkte der Antragstellerin zu werben, die zum Teil in Hamburg hergestellt würden. Aufgabe der Fachberater sei dabei nicht nur die Werbung neuer, sondern auch die Betreuung vorhandener Kunden. Die Erfüllung des einheitlichen Betriebszweckes erfordere eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Abteilungen. So hätten die Kunden zwar die Handy-Nummer des jeweiligen für sie zuständigen Außendienstmitarbeiters. Sie würden sich aber regelmäßig, weil dies oft schneller gehe, an den Innendienst wenden, um Preise und eventuelle Sonderkonditionen, Liefertermine oder ähnliches zu erfragen. Die tägliche Post aus Hamburg gehe mit der täglichen Belieferung jeden Tag zunächst beim Fuhrpark ein und werde von dort aus an alle Abteilungen weiterverteilt. Die einzige Änderung gegenüber 1997 bestehe darin, dass kein Niederlassungsleiter mehr existiert, der ohnehin für die Durchführung der täglichen Aufgaben aller Abteilungen keine Funktion gehabt habe und dass eine der drei Abteilungen nunmehr 10 Kilometer entfernt von der anderen untergebracht sei, was im Zeitalter des Handys kein Hindernis darstelle, die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen genauso aufrechtzuerhalten wie zuvor.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auf den Zustand, der bis Ende des Jahres 1997 in ihrer Berliner Betriebsstätte bestanden habe, komme es entscheidungserheblich nicht an, was in gleicher Weise hinsichtlich des Zusammenwirkens verschiedener Mitarbeiter in verschiedenen Funktionen gelte. Der Innendienst und der Fuhrpark hätten ebenso wie der Außendienst eigene Aufgabenbereiche. Dass insoweit entsprechende Abstimmungen erfolgen müssten, ändere nichts an der Verantwortung und Zuständigkeit der ihnen zugewiesenen Aufgabenbereiche. Die organisatorische Selbständigkeit bestehe in der im erstinstanzlichen Verfahren bereits vorgetragenen Art und Weise. Nach wie vor träfen die Vorgesetzten des Innendienstes und des Fuhrparks vor Ort auch die Entscheidungen über die Urlaubsnahme, erlaubte Abwesenheit und anderes. Im Übrigen müsse der Innendienst nicht häufig mit dem Innendienst Dinge abklären und die Leiterin des Innendienstes nicht allumfassende Ansprechpartnerin des Fachberaters oder etwa deren Vertreterin sein. Sie sei nur insoweit Ansprechpartnerin, wie ihre Belange betroffen seien. Es müssten die Leiter der drei Abteilungen auch nicht mehrmals am Tage in telefonischen Kontakt treten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im zweitinstanzlichen Verfahren wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte befristete Beschwerde, die der Betriebsrat rechtzeitig beim Rechtsmittelgericht eingereicht sowie -- nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist -- frist- und formgerecht begründet hat, §§ 66 Abs. 1, 87 Abs. 2, 89 Abs. 2 ArbGG, 222 Abs. 2 ZPO, erweist sich als zulässig, jedoch als unbegründet.

A.

1. Die Eröffnung des Rechtswegs vor den Gerichten für Arbeitssachen folgt aus § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG; denn die Antragstellerin begehrt eine Entscheidung in bezug auf eine Angelegenheit nach dem Betriebsverfassungsgesetz, dass nämlich die am 20.04.98 in ihren Berliner Betriebsstätten durchgeführte Betriebsratswahl rechtsunwirksam sei.

2. Die Statthaftigkeit des Beschlussverfahrens ergibt sich aus § 2 a Abs. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG sowie § 19 Abs. 1 BetrVG.

3. Die Antragsbefugnis der Antragstellerin beruht auf § 19 Abs. 2 BetrVG. Nach dieser Norm gehört zu den Anfechtungsberechtigten unter anderem der Arbeitgeber.

4. Zu den notwendigen Beteiligten im Sinne von § 83 Abs. 3 ArbGG gehört auch der am 20.04.98 gewählte Betriebsrat. Die Anfechtung richtet sich in erster Linie gegen ihn, weil es um seinen rechtlichen Bestand geht, so dass er durch die hier zu treffende gerichtliche Entscheidung unmittelbar in seinen Rechten und Pflichten betroffen ist.

Hingegen gehört der Wahlvorstand nicht zu den notwendigen Beteiligten, da sein Amt mit der Durchführung der Wahl erloschen ist (BAG vom 26.10.1962, AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 19. Aufl. 1998, § 19 Rdn. 30; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 5. Aufl. 1997, § 19 Rdn. 29). Nach der Konstituierung des Betriebsrates ist der Wahlvorstand auch dann nicht Beteiligter in einem Anfechtungsverfahren, wenn die Anfechtung mit Mängeln seiner Bestellung oder seines Verfahrens begründet wird (BAG vom 14.01.1983, AP Nr. 9 zu § 19 BetrVG 1972).

Ebenso wenig ist die im Betrieb der Antragstellerin vertretene Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, Landesbezirk Berlin, zu beteiligen. Zwar gehört sie nach § 19 Abs. 2 BetrVG zu den Anfechtungsberechtigten. Von der Anfechtungsberechtigung muss jedoch die Beteiligungsfähigkeit unterschieden werden. Zu beteiligen ist jeder, der in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition durch das Anfechtungsverfahren betroffen ist. Macht jedoch die im Betrieb vertretene Gewerkschaft von ihrem Anfechtungsrecht keinen Gebrauch, gehört sie auch nicht zu den notwendigen Beteiligten (BAG vom 19.09.1985, AP Nr. 12 zu § 19 BetrVG 1972; Hess/Schlochauer/Glaubitz BetrVG, § 19 Rdn. 37 mit weiteren Nachweisen).

5. Der von der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Antrag erweist sich als zulässig.

Wenn und soweit, wie vorliegend, die Unwirksamkeit einer Betriebsratswahl darauf gestützt wird, dass der Wahlvorstand den Betriebsbegriff verkannt habe, weil es sich bei den beiden Berliner Betriebsstätten um selbständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsrechts handele, liegt ein wesentlicher Verstoß über das Wahlverfahren vor, der nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führt (BAG vom 21.10.1969, AP Nr. 10 zu § 3 BetrVG; BAG vom 13.11.1996, AP Nr. 4 zu § 30 MantelG DDR; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 19 Rdn. 14). Eine nichtige Wahl kann nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen werden, in denen gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt (BAG vom 10.06.1983, AP Nrn. 4, 6 und 10 zu § 19 BetrVG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben, wovon im Grundsatz auch alle Beteiligten sowie das Erstgericht ausgehen. Während bei einer hier nicht gegebenen nichtigen Wahl die daraus hervorgegangene Arbeitnehmervertretung keinerlei betriebsverfassungsrechtliche Befugnisse erworben hat, bleibt im Falle einer erfolgreichen Anfechtung der Wahl die gewählte Vertretung bis zur formellen Rechtskraft einer die Wahl für ungültig erklärenden gerichtlichen Entscheidung mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt. Die erfolgreiche Anfechtung hat keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft (vgl. insbesondere BAG vom 13.03.1991, AP Nr. 20 zu § 19 BetrVG 1972 mit weiteren Nachweisen). Die erfolgreiche Anfechtung einer Betriebsratswahl hat nicht feststellende, sondern rechtsgestaltende Wirkung für die Zukunft. Insoweit musste die angefochtene Betriebsratswahl richtigerweise für rechtsunwirksam erklärt werden, wie dies im erstinstanzlichen Beschluss geschehen ist.

B.

Entgegen der Auffassung des Betriebsrates und in Übereinstimmung mit der angefochtenen Entscheidung kann die am 20.04.98 durchgeführte Betriebsratswahl nicht als rechtsfehlerfrei angesehen werden.

1. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners, die er im erstinstanzlichen Verfahren geäußert hat, hat die Antragstellerin die materiell-rechtliche Ausschlussfrist zur Anfechtung der Betriebsratswahl von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, beachtet, § 19 Abs. 2 BetrVG; denn ihre Antragsschrift ist fristgerecht beim Arbeitsgericht Berlin am 30.04.98 eingegangen. Dass die Antragsschrift dem Betriebsrat erst am 15.06.98 zugestellt worden ist (Bl. 32 d. A.), darauf kommt es entscheidungserheblich nicht an; denn die Anfechtung einer Betriebsratswahl erfolgt, wie dem Gesetzeswortlaut unmissverständlich entnommen werden kann, ausschließlich durch die Anrufung des Arbeitsgerichtes, sei es durch Einreichung eines die Anfechtung erklärenden Schriftsatzes oder durch Erklärung zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts. Innerhalb der gesetzlichen Anfechtungsfrist muss der Anfechtungsantrag lediglich beim Arbeitsgericht eingegangen sein (vgl. Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, § 19 Rdn. 33; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 19 Rdn. 23 a). Insoweit kommt es nicht auf die Rechtshängigkeit, sondern allein auf die Anhängigkeit des Rechtsschutzbegehrens an, was sich als grundlegender Unterschied zur Erhebung einer Klage darstellt, §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 1 ZPO.

2. Die Anfechtung einer Betriebsratswahl ist nur dann erfolgreich, wenn gegen mindestens eine der wesentlichen wahlrechtlichen Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes oder der dazu erlassenen Wahlordnung verstoßen worden ist, § 19 Abs. 1 BetrVG, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Im einzelnen gilt folgendes:

a) Die Betriebsverfassung regelt als arbeitsrechtliche Grundordnung die Zusammenarbeit zwischen dem Arbeitgeber einerseits und den Arbeitnehmern im Betrieb andererseits. Nach § 1 BetrVG werden Betriebsräte nur und für Betriebe gewählt, ohne dass das Betriebsverfassungsgesetz den Begriff des Betriebes bestimmt. Es setzt ihn vielmehr begrifflich voraus (vgl. dazu nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 1 Rdn. 53 ff.). Der Betrieb ist somit Grundlage wie auch Grenze der Bildung von Betriebsräten.

Unter einem Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (vgl. nur Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 1 Rdn. 55 mit ausführlichen Nachweisen). Danach liegt ein Betrieb vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen Betriebsmittel für den oder für die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und wenn der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (BAG vom 14.09.1988, AP Nr. 9 zu § 1 BetrVG 1972; vom 18.01.1990, AP Nr. 9 zu § 23 KSchG 1969). Die Art des verfolgten Zweckes, etwa die Produktion, der Vertrieb, die Verwaltung oder Dienstleistungen, spielt keine entscheidungserhebliche Rolle (Richardi, BetrVG, 7. Aufl. 1998, § 1 Rdn. 22).

Dass es sich bei den streitbefangenen Betriebsstätten der Antragstellerin in Berlin nicht um eigenständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsrechts handelt, hat das Erstgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Es fehlt insoweit schon im Verhältnis zur Zentrale der Antragstellerin in Hamburg an einem eigenständigen Leitungsapparat der fraglichen Berliner Betriebsstätten. Alle grundsätzlichen Entscheidungen in sozialen Angelegenheiten, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, werden ausschließlich von der Zentrale in Hamburg getroffen, was in gleicher Weise für Einstellungen, Kündigungen sowie Ein- und Umgruppierungen gilt.

b) Richtigerweise sind beide Berliner Betriebsstätten der Antragstellerin betriebsverfassungsrechtlich als Betriebsteil im Sinne von § 4 BetrVG zu qualifizieren, die als selbständige Betriebe gelten, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 erfüllen und räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder durch Aufgabenbereiche und Organisation eigenständig sind. Hinsichtlich der zuletzt aufgeführten alternativ zu erfüllenden Kriterien hat sich die Rechtslage gegenüber § 3 BetrVG 1952 nicht geändert (vgl. Kraft, in: GK-BetrVG, Band I, 6. Aufl. 1997, § 4 Rdn. 57). Im Gegensatz zum Nebenbetrieb ist der Betriebsteil in die Organisation des Gesamtbetriebes eingegliedert (BAG vom 25.09.1986, AP Nr. 7 zu § 1 BetrVG 1972; vom 29.05.1991, AP Nr. 5 zu § 4 BetrVG). Während der Nebenbetrieb eine selbständige, wenn auch den Zweck des Hauptbetriebes unterstützende Betriebsfunktion ausübt, kann der arbeitstechnische Zweck, der in einem Betriebsteil verfolgt wird, mit dem Zweck des Gesamtbetriebes identisch sein. Für den Begriff des Betriebsteils ist deshalb maßgeblich, dass mit ihm die Organisationseinheit festgelegt wird, die unter den Voraussetzungen des Satzes 1 betriebsratsfähig ist. Ob mehrere räumlich getrennte arbeitstechnische Organisationseinheiten jeweils für sich betriebsverfassungsrechtlich als selbständig geltende Betriebsteile anzusehen sind oder ob sie in ihrer Gesamtheit einen einheitlichen Betriebsteil darstellen, hängt wesentlich davon ab, wie die Leitungsstruktur beschaffen ist. Besitzt die arbeitstechnische Organisationseinheit in Relation zu anderen, gleichrangigen Organisationseinheiten eine institutionell verankerte eigene Leitungsstruktur, so fehlt es an einem wesentlichen Merkmal für das Vorliegen eines einheitlichen Betriebsteils. Die institutionell gesicherte einheitliche Leitungsmacht stellt in der Regel ein Anzeichen für eine in sich geschlossene einheitliche arbeitstechnische Organisation und damit für das Vorliegen eines an sich abgegrenzten Betriebsteils (BAG vom 29.05.1991, BB 1991, 2374; BAG vom 28.06.1995, BB 1996, 113). Zwar bedarf ein Betriebsteil im Gegensatz zum selbständigen Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG keines umfassenden eigenständigen Leitungsapparates, der insbesondere in personellen und sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig treffen kann. Erforderlich für das Vorliegen eines Betriebsteils im Sinne des § 4 Satz 1 BetrVG ist jedoch, dass überhaupt eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung vorhanden ist und von dieser das Weisungsrecht des Arbeitgebers ausgeübt wird (BAG BB 1996, 113 mit weiteren Nachweisen). Insoweit kommt es auf eine relative Eigenständigkeit an (so auch Kraft, in: GK-BetrVG; § 4 Rdn. 63 mit weiteren Nachweisen). Maßgeblich ist allein, dass beim Betriebsteil grundsätzlich die wesentlichen Entscheidungen von der Leitung des Gesamtbetriebes getroffen werden (Richardi, BetrVG, § 4 Rdn. 19).

Diese Voraussetzungen sind, wie das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, in bezug auf die beiden Berliner Betriebsstätten der Antragstellerin erfüllt, ohne dass in der Rechtsmittelinstanz neue tatsächliche Gesichtspunkte erkennbar sind, eine andere rechtliche Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes rechtfertigen. Die Leiter des Berliner Innendienstes beziehungsweise des Fuhrparks sind gegenüber den ihnen zugeordneten Mitarbeitern weisungsberechtigt. Sie teilen die Arbeit ein und erteilen alle mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden Weisungen, genehmigen Erholungsurlaube und sind die Meldestellen bei Krankheiten und sonstigen Abwesenheitszeiten. Sie sind auch verantwortlich für die Arbeitssicherheit in den jeweiligen Betriebsstätten und in Teilbereichen in kollektivrechtlicher Hinsicht auch arbeitgeberseitige Ansprechpartner des Betriebsrates, etwa hinsichtlich der Pausenregelung. Der Innendienst einerseits und der Fuhrpark andererseits erfüllen ebenso wie der Außendienst eigene Aufgaben, wobei es als selbstverständlich angenommen werden kann und entscheidungsunerheblich ist, dass für diese genannten Aufgabenbereiche gewisse Abstimmungen erfolgen müssen und erfolgen. Dadurch wird aber nicht die Verantwortung und Zuständigkeit für den ihnen jeweils zugewiesenen Aufgabenbereich aufgehoben. Das im Zeitalter des Handys die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen aufrechterhalten wird und werden kann, lässt sich nicht leugnen, berührt jedoch nicht den Charakter einer Betriebsstätte als selbständigen Betriebsteil im Verhältnis zueinander beziehungsweise zum Hauptbetrieb, wie dies vorliegend angenommen werden muss.

3. Ob, wie die Antragstellerin meint, die streitbefangene Betriebsratswahl auch deshalb der Anfechtung unterliegt, weil, wie der Betriebsrat vorgetragen hat, die Außendienstmitarbeiter ebenfalls den Betriebsrat in Berlin gewählt haben, kann unerörtert bleiben. Greift nämlich ein Anfechtungsgrund durch, bedarf es lediglich der Feststellung eines Anfechtungsgrundes, ohne dass es auf sonstige Anfechtungsgründe ankommt (BAG vom 29.03.1974, AP Nr. 2 zu § 1972; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 19 Rdn. 38).

4. Dass der wesentliche Verstoß zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte oder hätte führen können, davon muss vorliegend ausgegangen werden. Es reicht nämlich aus, dass das Wahlergebnis ohne den Verstoß möglicherweise anders ausgefallen wäre. Lässt sich der von Amts wegen zu ermittelnde Sachverhalt nicht eindeutig dahingehend aufklären, dass der Verstoß keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt hat, ist von einer Beeinflussung des Wahlergebnisses durch den Verstoß auszugehen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, § 19 Rdn. 16 a mit weiteren Nachweisen).

III.

1. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, da gerichtliche Gebühren und Auslagen nicht erhoben, § 12 Abs. 5 ArbGG. Wegen der Gebühren- und Auslagenfreiheit entfällt auch die Festsetzung eines Gegenstandswertes.

2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde, §§ 72 Abs. 2, 92 Abs. 1 ArbGG, sind nicht erfüllt, so dass das Beschwerdegericht keine Veranlassung hatte, entsprechend der Anregung des Betriebsrats in seiner Beschwerdebegründungsschrift die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht selbständig durch den Rechtsbehelf der Nichtzulassungsbeschwerde anzufechten, § 92 a ArbGG, wird der Antragsgegner und Beschwerdeführer hingewiesen.