Anfechtung Betriebsratswahl

LAG 16 TaBV 50/18 vom 24. Sep. 2018

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Januar 2018 - 3 BV 494/17 - abgeändert:

Die Betriebsratswahl vom 21. Juni 2017 in dem Betrieb der Beteiligten zu 2 wird für unwirksam erklärt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe


I.


Die Beteiligten streiten über die Anfechtung einer Betriebsratswahl.

Antragsteller ist eine Gewerkschaft, die mit einem am 3. Juli 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Unwirksamkeit einer Betriebsratswahl geltend gemacht hat.

Im Hotelbetrieb des Arbeitgebers (Beteiligte zu 2) fand am 21. Juni 2017 auf der Grundlage des Wahlausschreibens Bl. 19, 20 der Akte eine Betriebsratswahl statt, bei der der zu 3 beteiligte Betriebsrat gewählt wurde. Das Wahlergebnis wurde am 23. Juni 2017 bekannt gegeben.

Der Antragsteller hat behauptet, es seien nicht sämtliche an die Briefwähler ausgegebenen Umschläge frankiert worden.

Er hat die Ansicht vertreten, die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl ergebe sich darüber hinaus daraus, dass (unstreitig) etwa 2 Stunden vor Ende der Stimmabgabe, also gegen 16:30 Uhr, der vollständig versammelte Wahlvorstand im Wahlraum damit begann, die Freiumschläge der 46 Briefwähler zu öffnen, die Stimmabgabe in der Wählerliste zu vermerken und die Wahlumschläge in die Urne zu werfen. Dies nahm etwa 1 Stunde in Anspruch. Der Zeitpunkt des Beginns der Öffnung der Freiumschläge war vom Wahlvorstand nicht gesondert öffentlich bekannt gemacht worden.

Der Antragsteller hat beantragt,

Die Beteiligten zu 2 und 3 haben beantragt,

Der Arbeitgeber und der Betriebsrat haben behauptet, lediglich diejenigen Mitarbeiter, die persönlich mit einem Formular beim Wahlvorstand Briefwahl beantragt haben, die Briefwahlunterlagen sodann beim Wahlvorstand abholten und ausdrücklich erklärten, sie würden sogleich im Betrieb wählen und die Unterlagen wieder zurückbringen, hätten keinen frankierten Rückumschlag erhalten. Es stelle eine sinnlose Förmelei dar, auch in diesen Fällen eine Frankierung zu verlangen.

Soweit (unstreitig) bereits gegen 16:30 Uhr mit der Öffnung der Freiumschläge begonnen wurde, sei dies in öffentlicher Sitzung des Wahlvorstands im Wahlraum erfolgt. Der Wahlvorstand habe einen Prognosespielraum hinsichtlich der Frage, wie lange er für die Öffnung der Freiumschläge, das Entnehmen der Wahlumschläge sowie der vorgedruckten Erklärungen benötige. Innerhalb dessen halte sich der gegen 16:30 Uhr stattgefundene Beginn dieser Handlungen, sodass dies, wie § 26 Abs. 1 WahlO es vorsehe, unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe erfolgt sei.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 107-111 der Akte) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die im Betrieb vertretene Gewerkschaft habe das Verfahren ordnungsgemäß eingeleitet und die Betriebsratswahl fristgerecht angefochten. Ein Anfechtungsgrund liege jedoch nicht vor. Es sei nicht zu beanstanden, wenn diejenigen Mitarbeiter, die ausdrücklich erklärten, dass sie bereits im Unternehmen gewählt haben und die beantragten Briefwahlunterlagen dort wieder zurückgaben, keinen frankierten größeren Umschlag (Freiumschlag) erhielten. Auch ein Verstoß gegen § 26 Abs. 1 WahlO liege nicht vor, denn die Öffnung der Freiumschläge erfolgte während der laufenden Wahl im Wahllokal, sodass die Öffentlichkeit gewährleistet gewesen sei. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Wahlvorstand mit dem Beginn um 16:30 Uhr sich einen entsprechenden Zeitpuffer für die notwendige Prüfungsmöglichkeit der Unterlagen vorbehalten wollte.

Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am 20. Februar 2018 zugestellt, der dagegen am 15. März 2018 Beschwerde eingelegt und diese am 9. April 2018 begründet hat.

Der Antragsteller räumt ein, in Bezug auf § 24 Abs. 1 Nr. 5 WahlO möge man dem Arbeitsgericht im Hinblick auf die Fraglichkeit einer Beeinflussung des Wahlergebnisses noch folgen können. Keinesfalls sei dies jedoch in Bezug auf § 26 Abs. 1 WahlO der Fall. Das Arbeitsgericht habe noch nicht einmal festgestellt, dass der Wahlvorstand in einer öffentlichen Sitzung mit dem Öffnen der Freiumschläge begonnen hat. Hierfür sei eine Einladung notwendig, aus der die Sitzung, deren Zweck und Zeitpunkt ersichtlich sei. Der Wahlvorstandsvorsitzende habe nicht zum Zwecke der Öffnung der Freiumschläge am 21. Juni 2017 für 16:30 Uhr zu einer Wahlvorstandssitzung eingeladen. Dass zufällig alle Mitglieder des Wahlvorstands zu diesem Zeitpunkt im Wahllokal anwesend waren, ersetze weder die erforderliche Einladung, noch mache es die faktische Öffnung der Umschläge zu einer Sitzung. Der Wähleröffentlichkeit sei zudem nicht bekannt gegeben worden, dass ab 16:30 Uhr mit dem Öffnen der Freiumschläge begonnen werde. Interessierten Wahlberechtigten sei es daher nicht uneingeschränkt möglich gewesen, sich mit eigenen Augen von der Einhaltung der Vorschriften bei der schriftlichen Stimmabgabe zu überzeugen. Mit dem Beginn bereits 2 Stunden vor dem Ende der Stimmabgabe habe angesichts des Wortlauts von § 26 Abs. 1 WahlO ("unmittelbar") nicht gerechnet werden können. Es seien 46 Umschläge zu öffnen gewesen. Selbst unter Berücksichtigung eines "Sicherheitspuffers" sei der Zeitpunkt von 2 Stunden vor dem Ende der Stimmabgabe zu früh gewählt gewesen. Tatsächlich sei hierfür auch nur 1 Stunde benötigt worden.

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2018 (Bl. 173 ff. der Akte) und 14. August 2018 (Bl. 194 ff. der Akte) stützt der Antragsteller die Anfechtung auf weitere Gründe.

Der Antragsteller beantragt,

Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragen,

Der Arbeitgeber behauptet, es könne unterstellt werden, dass sämtliche Mitglieder des Wahlvorstands übereinstimmend vor Öffnung der Briefwahlumschläge die Entscheidung getroffen haben, dass man nun, das heißt um 16:30 Uhr, mit der Öffnung der Umschläge beginne.

Der Betriebsrat behauptet, am Wahltag kurz vor 16:30 Uhr hätten sich die im Wahlraum anwesenden 3 Mitglieder des Wahlvorstands darauf geeinigt, dass sie in wenigen Minuten mit der Bearbeitung der Briefwahlunterlagen beginnen würden. Die Briefwahlunterlagen seien geholt und gegen 16:30 Uhr einvernehmlich in Anwesenheit sämtlicher 3 Wahlvorstände mit der Öffnung der Freiumschläge in öffentlicher Sitzung im Wahllokal begonnen worden. Zwar sei der genaue Zeitpunkt der Öffnung der Freiumschläge nicht vorab bekannt gegeben worden. Weder das Betriebsverfassungsgesetz noch die Wahlordnung sähen eine formelle Einladung unter Angabe des genauen Zeitpunkts der Öffnung der Umschläge vor. Eine Information über Zeit und Ort des Öffnens der Freiumschläge sei in § 3 Abs. 2 WahlO nicht erwähnt. Für Sitzungen des Wahlvorstandes gebe es keine Formvorschriften. Der Wahlvorstand könne auch spontan zusammentreten. Vorliegend seien unstreitig alle Mitglieder des Wahlvorstands anwesend gewesen. Die Öffnung der Freiumschläge sei auch unmittelbar vor Schließung der Stimmabgabe erfolgt. Dem Wahlvorstand müsse ein weiter Ermessensspielraum zugestanden werden, wann er mit der Öffnung und Prüfung der Briefwahlumschläge beginne. Dieser sei hier nicht überschritten worden. Höchst vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die geltend gemachten Verstöße keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Anhörungsprotokolle Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet wurde, § 87 Abs. 2 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1, § 89 Abs. 1 und 2 ArbGG, § 594 ZPO.

Die Beschwerde ist nicht deshalb unzulässig, weil es an der erforderlichen Beschwer fehlt. Ein lediglich im Wege der Klageänderung neuer, bislang nicht gestellter Anspruch kann nicht das alleinige Ziel eines Rechtsmittels sein (Bundesarbeitsgericht 10. Februar 2005 -6 AZR 183/04- zu 1a der Gründe mwN). Zwar hatte der Antragsteller ursprünglich einen Feststellungsantrag gestellt und stellt nunmehr im Beschwerdeverfahren einen Gestaltungsantrag. Mit dem Antrag "festzustellen, dass die Betriebsratswahl vom 21. Juni 2017 unwirksam ist" hat der Antragsteller die Wahl nach § 19 Abs. 1 BetrVG angefochten, auch wenn er nach dem Antragswortlaut nicht den gebotenen Gestaltungsantrag auf Erklärung der Unwirksamkeit der Wahl, sondern einen Feststellungsantrag gestellt hat. Der Antrag ist entsprechend auszulegen (vgl. Bundesarbeitsgericht 21. März 2017 -7 ABR 19/15- Rn. 10; 26. Oktober 2016 - 7 ABR 4/15 - Rn. 12; 13. Oktober 2004 - 7 ABR 6/04 - zu B I der Gründe, BAGE 112, 180). Aus diesem Grund ist es unschädlich, wenn im Beschwerdeverfahren nunmehr ausdrücklich statt des Feststellungs- der (richtige) Gestaltungsantrag gestellt wird.

Die Beschwerde ist begründet. Die Betriebsratswahl vom 21. Juni 2017 ist unwirksam. Der Antrag bedarf zunächst der Auslegung dahingehend, dass nicht die Betriebsratswahl im Betrieb der Beteiligten zu 3, sondern im Betrieb der Beteiligten zu 2 unwirksam ist. Die Gewerkschaft hat bei der Formulierung des Antrags erkennbar die Beteiligten zu 3 (Betriebsrat) und 2 (Arbeitgeber) miteinander verwechselt.

Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Nach § 19 Abs. 2 BetrVG sind zur Anfechtung berechtigt mindestens 3 Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Dass der Antragsteller im Betrieb vertreten ist und die interne Willensbildung zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens ordnungsgemäß erfolgt ist, ist von den Beteiligten zu 2 und 3 nicht weiter bestritten worden. Dies hat das Arbeitsgericht in seinem Beschluss so festgestellt, wogegen die Beteiligten zu 2 und 3 keine Einwendungen erhoben haben.

Nach § 26 Abs. 1 WahlO öffnet der Wahlvorstand unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 25), so legt der Wahlvorstand den Wahlumschlag nach Vermerk der Stimmabgabe in der Wählerliste ungeöffnet in die Wahlurne.

Die Öffnung der Freiumschläge hat in öffentlicher Sitzung des Wahlvorstands zu erfolgen. Zwar bestehen, worauf Arbeitgeber und Betriebsrat zu Recht hinweisen, für Sitzungen des Wahlvorstands keine näheren Vorschriften zur Ladung. Der Wahlvorstand kann daher auch spontan zusammentreten und -sofern alle Mitglieder anwesend sind- Beschlüsse fassen. Dies gilt jedoch nicht, soweit es sich um öffentliche Sitzungen des Wahlvorstands handelt. Dann muss die Öffentlichkeit die Möglichkeit haben, an diesen Sitzungen teilzunehmen, was voraussetzt dass ihr Ort und Zeitpunkt sowie Gegenstand der Sitzung des Wahlvorstands rechtzeitig bekannt gemacht werden (Fitting, BetrVG, 29. Auflage, § 26 WO, Rn. 3). Sofern die Vorstellung des Verordnungsgebers, wie Jacobs ausführt (GK-BetrVG, 11. Auflage, § 26 WO, Rn. 2), dahin ging dass die Wahl im Wahllokal stattfindet und bereits dadurch öffentlich ist, dass das Wahllokal geöffnet ist, reicht dies nicht aus. Die Öffentlichkeit muss den genauen Zeitpunkt der Sitzung des Wahlvorstands kennen, um nicht während der gesamten Dauer der Öffnung des Wahllokals dort anwesend sein zu müssen, ohne Gefahr zu laufen die öffentliche Sitzung des Wahlvorstands zu versäumen. Dem kann nur dadurch Rechnung getragen werden, dass Zeit und Ort der öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands vorher öffentlich bekannt gemacht werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Öffnung der Freiumschläge gemäß § 26 Abs. 1 WahlO "unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe" zu erfolgen hat. Hieraus lässt sich für die Betriebsöffentlichkeit nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit feststellen, zu welchem Zeitpunkt die öffentliche Sitzung des Wahlvorstands stattfindet. Wie der vorliegende Fall zeigt, ist der Begriff "unmittelbar" zeitlich nicht exakt bestimmbar, so dass beispielsweise ein Betriebsangehöriger, der 1 Stunde vor Abschluss der Stimmabgabe in das Wahllokal gekommen wäre, um die Öffnung der Freiumschläge der Briefwähler zu überwachen, seiner Kontrollmöglichkeit nicht (mehr) hätte nachkommen können.

Dementsprechend verlangt das Bundesarbeitsgericht, dass Ort, Tag und Zeit sämtlicher öffentlicher Kontrolle unterliegende Vorgänge im Wahlverfahren rechtzeitig vorher bekannt gegeben werden (Bundesarbeitsgericht 17. Mai 2017 -7 ABR 22/17- Rn. 40; 10. Juli 2013 -7 ABR 83/11- Rn. 18). Diese Entscheidungen sind zwar zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bzw. zur Wahl einer Schwerbehindertenvertretung ergangen, bei der keine Möglichkeit der persönlichen Stimmabgabe bestand. Soweit es um die Beobachtungsmöglichkeit hinsichtlich der schriftlich abgegebenen Stimmen bei einer Betriebsratswahl geht, gilt jedoch dasselbe. Um die Öffentlichkeit bei der Auszählung der persönlich abgegebenen Stimmen geht es hier nicht. Diese ist durch den Hinweis unter Nr. 14 des Wahlausschreibens (Bl. 20 der Akte) gewährleistet. Vielmehr muss darüber hinaus sichergestellt werden, dass auch das Verfahren der schriftlichen Stimmabgabe einer Kontrolle durch die Betriebsöffentlichkeit unterliegt. Dies ist nicht der Fall, wenn der Zeitpunkt der öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands im Sinne von § 26 Abs. 1 Wahlordnung nicht zuvor der Betriebsöffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Allein der Umstand, dass das Wahllokal geöffnet ist, reicht nicht aus, denn eine interessierte Betriebsöffentlichkeit, die gerade an der öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands nach § 26 Abs. 1 Wahlordnung teilnehmen möchte, ohne den ganzen Tag im Wahllokal anwesend zu sein, läuft Gefahr, die öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands zu versäumen. Dies ist mit der besonderen Bedeutung der Kontrollmöglichkeit der Vorgänge nach § 26 Absatz 1 Wahlordnung nicht vereinbar. Soweit das Landesarbeitsgericht Köln (11. Juni 2015 -7 TaBV 10/15- Rn. 23ff) dies anders sieht, war dort der Sachverhalt ein anderer: Für die Briefwahlstimmen war eine Abgabefrist auf 12 Uhr festgelegt, für die persönlich abgegebenen Stimmen auf 13 Uhr, sodass insoweit bestimmbar war, was "unmittelbar" im Sinne von § 26 Absatz 1 Wahlordnung bedeutete. Dies war vorliegend nicht der Fall. Es gab im Vorhinein für die Betriebsöffentlichkeit nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass der Wahlvorstand seine öffentliche Sitzung im Sinne von § 26 Absatz 1 Wahlordnung gerade um 16:30 Uhr abhalten würde.

Unabhängig von der fehlenden öffentlichen Bekanntmachung des Zeitpunkts der Sitzung des Wahlvorstands nach § 26 Absatz 1 Wahlordnung erfolgte diese auch nicht unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe um 18:30 Uhr. Selbst unter Zugrundelegung einer Einschätzungsprärogative des Wahlvorstands war 16:30 Uhr zu früh. Dies zeigt sich daran, dass die Öffnung der Freiumschläge und Entnahme der Wahlumschläge sowie der vorgedruckten Erklärungen, des Vermerks in der Wählerliste sowie der Einlegung der ungeöffneten Wahlumschläge in die Wahlurne bereits gegen 17:30 Uhr beendet war, also eine Stunde vor Abschluss der Stimmabgabe (vgl. auch VG Berlin 30. November 2004 -62 A 17.04- Rn. 23, 24).

Ob die weiteren von der Gewerkschaft im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Anfechtungsgründe vorliegen, kann daher dahinstehen.

§ 26 Abs. 1 WahlO ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren, deren Verletzung gemäß § 19 Abs. 1 BetrVG geeignet ist, die Anfechtung der Wahl zu rechtfertigen.

Der Verfahrensverstoß war auch geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei dem Öffnen der Freiumschläge, bei der Bewertung, ob die Stimmabgabe ordnungsgemäß war, bei dem Vermerk der Stimmabgabe oder bei dem Einwurf der Wahlumschläge in die Wahlurne zu Fehlern gekommen ist, die bei einer Öffnung der Freiumschläge in öffentlicher Sitzung nicht unterlaufen wären. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächliche objektive Anhaltspunkte für solche Fehler vorliegen. Die Vorschrift soll der Minderung abstrakter Gefährdungen dienen (Bundesarbeitsgericht 10. Juli 2013 -7 ABR 83/11- Rn. 20 zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung).

III.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 92 Abs. 1, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.