Die neue Wahlordnung zur Betriebsratswahl 2022 ist seit dem 15.10.2021 in Kraft. Damit sind die durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz bewirkten Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nun auch in der Wahlordnung umgesetzt. Darüber hinaus sind zudem einige Neuregelungen in die Wahlordnung aufgenommen worden.
Wir haben die wichtigsten Neuerungen für Sie übersichtlich zusammengefasst:
Sitzungen des Wahlvorstands mittels Video- oder Telefonkonferenz durchführbar
Für den Wahlvorstand wurde die Möglichkeit geschaffen, Sitzungen und Beschlussfassungen auch mittels Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen. Ob und inwieweit diese Möglichkeit genutzt wird, steht in der alleinigen Entscheidung des Wahlvorstands.
Wie auch bei den virtuellen Betriebsratssitzungen haben die Präsenzsitzungen des Wahlvorstands weiterhin Vorrang.
Für die digitale Sitzung ist ein entsprechender Beschluss des Wahlvorstands nötig, der Bedingungen für die Nutzung von Video- und Telefonkonferenzen aufstellen kann.
Die Möglichkeit, Sitzungen des Wahlvorstands mittels Video- und Telefonkonferenz durchzuführen, besteht allerdings nur, wenn es sich um nicht öffentliche Sitzungen handelt. Für folgende Wahl-Schritte kommen daher keine Video- oder Telefonkonferenzen in Betracht:
- Erste Wahlversammlung im vereinfachten zweistufigen Wahlverfahren (§ 14a Abs. 1 Satz 2 BetrVG)
- Prüfung eingereichter Vorschlagslisten (§ 7 Abs. 2 Satz 2 WO)
- Durchführung eines Losverfahrens (§ 10 Abs. 1 WO)
- Stimmauszählung (§ 13 und § 34 Abs. 3 WO)
- Bearbeitung der Briefwahlunterlagen (§ 26 Abs. 1 und § 35 Abs. 3 WO)
Berichtigung der Wählerliste länger möglich
Für die Ausübung des aktiven Wahlrechts ist die Eintragung in der Wählerliste zwingende Voraussetzung.
Eine Berichtigung der Wählerliste war bislang selbst bei offensichtlicher Unrichtigkeit nur bis zum Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zur Wahl des Betriebsrats möglich. Damit konnten beispielsweise zeitnah vor der Wahl in einen Betrieb eingestellte Arbeitnehmer trotz objektiven Vorliegens des aktiven Wahlrechts nicht an der Wahl teilnehmen.
Die Richtigkeit der Wählerliste wurde nunmehr durch die Möglichkeit einer Berichtigung noch am Tag der Wahl bis zum Abschluss der Stimmabgabe erhöht.
Abschaffung der Wahlumschläge bei Präsenzwahlen
Bei Betriebsratswahlen erfolgt die Stimmabgabe in Präsenz künftig – wie schon jetzt bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat – durch Abgabe der Stimmzettel ohne Wahlumschläge. Dem Wahlgeheimnis wird dadurch Rechnung getragen, indem die Stimmzettel so gefaltet werden, dass nicht erkennbar ist, wie gewählt wurde. So kann der Zeitaufwand für den Wahlvorstand bei der Stimmenauszählung deutlich reduziert werden.
Verlegung des Zeitpunkts für die Bearbeitung der schriftlich abgegebenen Stimmen
Die schriftlich abgegebenen Stimmen sind künftig erst nach der Stimmabgabe zu Beginn der öffentlichen Sitzung, in der die Stimmenauszählung erfolgt, zu bearbeiten.
Bislang hatte der Wahlvorstand bei der Bestimmung des richtigen Zeitpunkts für die Bearbeitung der schriftlich abgegebenen Stimmen einen Beurteilungsspielraum, musste aber eine gerichtlich überprüfbare Prognose anstellen (vgl. BAG, Beschluss vom 20.05.2020, Az. 7 ABR 42/18). Da diese Prognoseentscheidung aber mit Unsicherheiten behaftet war, die zur Anfechtbarkeit der Wahl führen konnten, wurde mit der Neuregelung die Rechtssicherheit erhöht und auf die betrieblichen Realitäten Rücksicht genommen werden.
Zusendung von Briefwahlunterlagen ohne gesondertes Verlangen
Nach § 24 Abs. 1 WO alte Fassung konnten Briefwahlunterlagen nur auf Verlangen der Wähler versandt werden. Um aber möglichst vielen Wahlberechtigten die Teilnahme an der Betriebsratswahl zu ermöglichen, wurde dies nun geändert. Der Wahlvorstand kann nun künftig auch Beschäftigten, die längere Zeit nicht im Betrieb anwesend sind und somit von der Wahl keine Kenntnis erlangen können, ohne gesondertes Verlangen die Wahlunterlagen zusenden, wenn ihm bekannt ist, dass die oder der Wahlberechtigte bis zum Wahltag voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein wird.
Festlegung einer Uhrzeit durch den Wahlvorstand für fristgebundene Erklärungen
Die Frist für den Einspruch gegen die Wählerliste sowie die Fristen für die Einreichung von Vorschlagslisten und Erklärungen bei Mängeln eingereichter Vorschlagslisten enden nach § 41 WO i.V.m. §§ 186 – 193 BGB grundsätzlich am letzten Tag der Frist um 24 Uhr.
Bereits nach der Rechtsprechung zur "alten" Wahlordnung konnte der Wahlvorstand die Möglichkeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen und zur Einlegung von Einsprüchen gegen die Richtigkeit der Wählerliste am letzten Tag der Frist auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands vorverlegen, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Arbeitnehmer lag (vgl. BAG, Beschluss vom 16.01.2018, Az. 7 ABR 11/16). Diese von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze, unter denen der Wahlvorstand bestimmen kann, bis wann ihm fristgebundene Erklärungen zugehen können, wurden nunmehr in § 41 WO explizit in den Gesetztestext übernommen.