Konstituierende Sitzung des Betriebsrats

Autor: Dr. Achim Lacher

Die konstituierende Sitzung ist der Startschuss des neuen Betriebsrats. Mit ihr beginnt der Betriebsrat gesetzesmäßig zu existieren. Nicht das Wahlergebnis befähigt einen Betriebsrat zum Handeln. Er wird zum Handeln befähigt, wenn er sich durch diese erste Sitzung konstituiert. Und das tut er, indem er einen Betriebsratsvorsitzenden wählt.

Alles, was Sie zu dieser wichtigen ersten Sitzung des Betriebsrats wissen müssen, finden Sie hier!

Die erste Betriebsratssitzung in 5 Schritten

Einladung zur konstituierenden Sitzung

Verantwortlich für die Einladung zur konstituierenden Sitzung ist laut § 29 BetrVG der Wahlvorstand.

In welcher Form die Einberufung erfolgen muss, steht nicht im Gesetz. Im Grunde genommen kann das theoretisch also auch mündlich erfolgen.

Es muss allerdings gewährleistet sein, dass alle bei der Betriebsratswahl gewählten Betriebsräte Bescheid wissen, dass die konstituierende Sitzung stattfindet. Aus Gründen der Beweissicherung sollte daher zumindest eine Einladung in Textform (beispielsweise per E-Mail) erfolgen.

Muster-Einladung zur konstituierenden Sitzung (Word-Vorlage)

Wer darf an der Sitzung teilnehmen?

Teilnahmeberechtigt sind alle gewählten Betriebsratsmitglieder. Der Wahlvorstand muss also nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zunächst feststellen, welche Betriebsratsmitglieder gewählt sind. Falls ein Wahlbewerber erklärt, dass er die Wahl nicht annimmt, tritt an seine Stelle ein Nachrücker, der ihn zukünftig dauerhaft ersetzt.

Ladung von Ersatzmitgliedern

Erfährt der Wahlvorstand, dass ein ordentliches Betriebsratsmitglieds verhindert ist, muss er das gemäß
dem Wahlergebnis zuständige Ersatzmitglied einladen (§ 25 Abs. 1 BetrVG). Dabei ist immer die Geschlechterquote zu berücksichtigen.

Teilnahmeberechtig ist außerdem der Vorsitzende des Wahlvorstands. Die übrigen Mitglieder des Wahlvorstandes dürfen grundsätzlich nicht teilnehmen. Nur falls der Vorsitzende des Wahlvorstands verhindert ist, entsendet der Wahlvorstand ein anderes Mitglied in die konstituierende Sitzung.

Nicht teilnahmeberechtigt sind außerdem die Mitglieder der zuvor bestehenden Schwerbehindertenvertretungen und der zuvor bestehenden Jugend- und Auszubildendenvertretung, sowie der Arbeitgeber oder Gewerkschaftsbeauftragte.

Zeitpunkt der konstituierenden Sitzung

Bis spätestens eine Woche nach dem Wahltag muss zur konstituierenden Sitzung eingeladen werden. Der Termin der Sitzung kann auch später sein. Das ist insbesondere sinnvoll, wenn der bisherige Betriebsrat noch im Amt ist und seine Amtszeit zu einem späteren Zeitpunkt endet.

Falls der alte Betriebsrat nicht mehr im Amt ist, sollte die konstituierende Sitzung sobald wie möglich stattfinden. Sonst kann es nämlich zu einer betriebsratslosen Zeit kommen. In so einem Fall muss der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrats erst dann berücksichtigen, wenn dieser konstituiert ist.

Auch eine Vorverlegung der konstituierenden Sitzung ist möglich, wenn alle Gewählten ihre Wahl bereits vor Ablauf der Drei-Tage-Frist angenommen haben.

Falls die Wahl angefochten wurde, muss trotzdem innerhalb der vorgeschriebenen Frist zur konstituierenden Sitzung eingeladen werden.

Was passiert, wenn der Wahlvorstand nicht einlädt?

Das Selbstzusammentrittsrecht

Falls der Wahlvorstand die Gewählten nicht zur konstituierenden Sitzung einlädt, können sie selbst die Initiative ergreifen und zur Sitzung einladen. Man spricht in diesem Zusammenhang vom „Selbstzusammentrittsrecht“.

In diesem Fall muss die Einladung die Tagesordnung und auch den Grund für den Selbstzusammentritt, nämlich die Untätigkeit des Wahlvorstands, angeben. Die einladende Person leitet dann die konstituierende Sitzung.

Sollte der Wahlvorstand doch noch eine Einladung zur konstituierenden Sitzung versenden, findet die konstituierende Sitzung am früheren der beiden Termine statt.

Ablauf der konstituierenden Sitzung

1. Start des Wahlvorstandsvorsitzenden

Der Vorsitzende des Wahlvorstands leitet die Sitzung so lange, bis der Betriebsrat aus seiner Mitte einen Wahlleiter bestellt hat (§ 29 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Das bedeutet, dass der Vorsitzende des Wahlvorstands die Teilnehmer zunächst begrüßt, feststellt wer anwesend ist, wer entschuldigt fehlt und wer stattdessen als Ersatzmitglied nachgerückt ist. In der Regel bittet er einen der Anwesenden, das Protokoll zu führen.

2. Wahl des Wahlleiters

Dann fordert er die Anwesenden auf, aus ihrer Mitte Kandidaten für das Amt des Wahlleiters zu benennen. Der Vorsitzende des Wahlvorstands selbst kann nicht zum Wahlleiter gewählt werden, es sei denn, er ist selbst Mitglied des neu gewählten Betriebsrats.

3. Übernahme des Wahlleiters

Sobald der Wahlleiter gewählt ist, übernimmt er die weitere Leitung der Sitzung. Der Vorsitzende des Wahlvorstands übergibt ihm die Wahlakten der Betriebsratswahl. Damit ist sein Amt beendet und er muss die Sitzung verlassen. (Die Wahlakten muss der neu gewählte Betriebsrat mindestens bis zum Ende seiner Amtszeit aufbewahren.)

Hinsichtlich der Beschlussfähigkeit gilt das übliche, d.h. der neue Betriebsrat ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder anwesend sind.

4. Wahl des Betriebsratsvorsitzenden und des Stellvertreters

Erst, wenn auf dieser Sitzung der Betriebsratsvorsitzende und dessen Stellvertreter gewählt worden sind, beginnt der neue Betriebsrat zu existieren.

Was Sie genau bei der Wahl des Betriebsratsvorsitzenden zu beachten haben, erfahren Sie hier.

In dem Moment, in dem beide gewählt sind, ist der neue Betriebsrat voll handlungsfähig – außer die Amtszeit des bisherigen Betriebsrats ist noch nicht abgelaufen.

5. Weitere Wahlen

Das Gesetz sieht zunächst einmal nur vor, dass in der konstituierenden Sitzung der Betriebsratsvorsitzende und dessen Stellvertreter gewählt werden.

Falls gewünscht, kann das Gremium auch andere Ämter bereits in der konstituierenden Sitzung wählen. Entweder für den Fall, dass der Betriebsrat diese Ämter für sich für sinnvoll hält, oder wenn der Gesetzgeber den Betriebsrat verpflichtet, derartige Ämter zu besetzen.

Der Betriebsrat kann also beispielsweise bereits in der konstituierenden Sitzung einen Protokollführer, die Mitglieder des Betriebs- und Wirtschaftsausschusses sowie die Vertreter für den Gesamt- und Konzernbetriebsrat wählen.

Alle Informationen zur wirksamen Beschlussfassung

Protokoll

Über die konstituierende Sitzung muss ein Protokoll erstellt werden. Dieses wird dann vom neugewählten Betriebsratsvorsitzenden und einem weiteren Mitglied des Betriebsrats unterzeichnet.

Der neue Betriebsrat ist im Amt - Was nun? 

Nach der konstituierenden Sitzung geht es erst richtig los. Der neue Betriebsrat ist handlungsfähig und kann ab sofort die Interessen der Arbeitnehmer vertreten. Hier stellen sich den meisten Betriebsräten viele Fragen und häufig fehlt die Orientierung.

In folgendem Seminar können Sie das Wissensfundament legen, um erfolgreich in die Amtszeit starten zu können.

Autor

Dr. Achim Lacher

Rechtsanwalt Dr. Achim Lacher ist nach Studium und Promotion in Würzburg seit 1997 als Rechtsanwalt zugelassen. Er berät und vertritt bundesweit Betriebsräte, Arbeitnehmer und Unternehmen in betriebsverfassungsrechtlichen und individualarbeitsrechtlichen Angelegenheiten. Seit 2010 ist er als …

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